Das Lügenlied vom Glück: Erinnerungen (German Edition)
eine Radiosendung für den WDR im Rahmen der »Unterhaltung am Wochenende« gemeinsam mit Günter Kuhnert, einem ebenfalls aus der DDR stammenden, regimekritischen Schriftsteller. Ich sang ihr »Fluche, Seele, fluche« und »Es ist ein Schnee gefallen«, ein wunderschönes Lied aus dem Dreißigjährigen Krieg, Vertonung von Christian Kunert.
Das alles machte mir unerwartet viel Spaß. Ich baute mir eine Parallelwelt zum Kommerz auf, sang immer öfter auch auf Kleinkunstbühnen. Später sogar neben dem großen Kabarettisten Hanns Dieter Hüsch, der mich manchmal als Gast zu seinen Abenden bat; begleitet wurde ich dabei von zwei Gitarristen, Joe Albrecht und entweder Gustl Lüttjens oder Micha Brandt. Kammermusikalisches Musizieren im Zusammenspiel mit wortkünstlerischen Kollegen – neu und aufregend für mich.
Durch diese erste Produktion für den WDR wurde ich nun öfter eingeladen, dort samstags live zu singen. Ja, es gab noch Livemusik im Radio, man höre und staune! Als ich wieder einmal in Köln war und Hilmar Bachor, dem Redakteur der Sendung, von meiner unermüdlichen Suche nach begabten Menschen erzählte, riet er mir, mich mit Manfred Maurenbrecher in Verbindung zu setzen. Mit Manfred baute sich ab der CD Spiegelbilder ein engerer Kontakt auf, er schrieb vier Texte dafür. Seine Sprache gefällt mir und entspricht meinem Lebensgefühl. Heute arbeite ich mit ihm an meinem Buch. So ist die Welt verquickt und führt immer wieder zu neuen Ufern.
Aber zunächst stand die CD Sehnsucht nach Wärme auf dem Plan. Dafür musste ich mir den Erfolg in den Medien wieder erarbeiten – künstlerisches Neuland hin oder her…
Und die Medien fordern Anpassung an die Formate, Marmelade nach genauer Rezeptur.
In den Achtzigern war der Druck noch nicht ganz so unerbittlich wie heute, aber die gleichen Regeln galten.
Achim Oppermann kümmerte sich um die Musik. Ich lernte Thomas Woitkewitsch kennen. Beide sollten die neue CD gemeinsam produzieren. Thomas, der gerade große Erfolge mit Milva gefeiert hatte, wollte das ganze Album allein betexten. Ich kannte ihn noch nicht und war gespannt auf seine Ideen. Es entstanden schöne Texte wie »Du willst Deinen Spaß« oder »Lisa«. Aber es kamen auch Themen mit dem für mich damals typischen Westverständnis von Sprache in Musik auf, wie ich es nicht mochte. Zum Beispiel, wie einer Frau zumute ist, die im Büro gemobbt wird. Ich hatte nicht das Gefühl, dass dies eine Geschichte zum Singen ist, ich empfand sie als unspannend – egal wer sie singt. Thomas und ich gerieten deshalb manchmal aneinander.
Dass diese Auseinandersetzungen zwischen uns fruchtbar waren, beweist das schöne Lied »Voll daneben«, das wir einem unserer Kräche verdanken. Außer dem »Bürolied« sang ich alle anderen, die wunderbar geworden sind und diesen Zeitabschnitt dokumentieren. Sehnsucht nach Wärme ist eine sehr wichtige CD für mich und war mein größter kommerzieller Erfolg in den Achtzigern. Vielen Dank dafür und Grüße nach Köln! Die Hürden jener Zeit haben Thomas und ich gut überstanden, wir mögen und schätzen uns. Kürzlich entstand für meine CD Zeitreise (2011) der Titel »Ein Blick, ein Kuss«, ein Stück, zu dem er den Text schrieb und das wir gemeinsem erarbeitet haben. Thomas toleriert meine Meinung und geht auf meine Wünsche ein – eine wichtige Grundlage für die Zusammenarbeit.
Achim widmete sich ganz den Kompositionen und bereitete die Produktion vor. Einige Coverversionen bearbeiteten wir auch, und sie wurden so, als wären sie aus unserer Schmiede. »Sehnsucht nach Wärme« zum Beispiel, der titelgebende Song, ist eigentlich von Jerry Goldsmith mit einem Urtext von John Bettis. Ich bin nie darauf angesprochen worden, weil es kein bekannter Song war. Erst durch uns ist es einer geworden, zumindest in Deutschland.
Achim holte mit Udo Arndt einen exzellenten Toningenieur aus Berlin mit an Bord und für die musikalische Begleitung Passport, die Musiker um Klaus Doldinger. Dem begegnete ich hin und wieder, weil er ebenfalls bei WEA unter Vertrag stand, ein äußerst sympathischer Mensch und Kollege. Bis dahin hatte ich gar nicht gewusst, dass man gute Leute aus solchen Konstellationen für eine CD-Produktion buchen kann – man kann, denn auch Jazzmusiker müssen Geld verdienen. 1984 beschritt ich diesen Weg zum ersten Mal, inzwischen ist das normal. Wenn man nicht mehr jeden Tag auftritt (wie ich mittlerweile auch), bucht man sich Musiker, die sonst woanders spielen,
Weitere Kostenlose Bücher