Das Lustschiff
hegte.
Wie würde sie reagieren, wenn sie erfuhr, dass Josh Sullivan gar nicht sein Name war. Dass er mit falschem Pass reiste, nur um etwas Privatsphäre zu haben. Sein Gesicht mochte vielleicht nicht bekannt sein, weil er nach der Sache mit Cody die Presse mied wie der Teufel das Weihwasser. Aber sein Name sagte so ziemlich jedem etwas, der in der Kreuzfahrtbranche tätig war. Wen wunderte es also, dass er überall Gespenster sah und Komplotte witterte. Zumal mit Veronika nicht zu spaßen war. Sie hatte schon oft bewiesen, dass sie eine gefährliche Gegnerin war. Wie hatte er sich nur jemals in diese Frau verlieben können? Sie war so gänzlich anders als Carolin.
Zugegeben, Veronika war eine leidenschaftliche Frau, die so weiblich war, dass sich ihr kein Mann entziehen konnte. Doch was auf den ersten Blick so verführerisch dahergekommen war, hatte sich in einen persönlichen Alptraum verwandelt. Veronika war manipulierend und zerstörerisch, außerdem verschwenderisch und bestimmend. Mit ihrer Schönheit hatte sie ihn eingelullt, ihn gefügig gemacht. Und nun, da ihre Ehe vor dem Aus stand, von Scheidung die Rede war, wollte sie ordentlich abkassieren. Trotz Ehevertrag.
Ein leises Rascheln drang an sein Ohr. Zuerst glaubte er, es käme aus einer der Leitungen im Bad. Aber dann identifizierte er es als das Rascheln von Papier. Kurz darauf hörte er Schritte, die sich von seiner Tür entfernten. Josh erhob sich, drückte die Klinke herunter und schaute in den Flur, doch der war menschenleer. Wahrscheinlich hatte er es sich nur eingebildet, dann jedoch fiel sein Blick auf einen Umschlag, der unter dem Türspalt durchgeschoben worden war.
Sofort breitete sich ein flaues Gefühl in seinem Magen aus. Jemand, der mit ihm Kontakt aufnehmen wollte, aber ehrliche Absichten hegte, würde wohl kaum auf solch geheimnisvolle Weise mit ihm in Verbindung treten. Er schloss die Tür, hob den Umschlag auf und öffnete ihn mit klopfendem Herzen. Für einen Augenblick schien die Welt um Josh zu erstarren. Im Umschlag steckten Fotos. Fotos, die ihn mit Carolin am Büfett zeigten. In eindeutiger Pose. Er hatte sich nichts eingebildet. Von Anfang an hatte ihn sein Instinkt nicht getrogen. Er holte den beiliegenden Brief aus dem Umschlag.
Wenn Sie nicht wollen, dass Ihre Frau diese Fotos jemals zu Gesicht bekommt, werden Sie tief in die Tasche greifen müssen.
Mehr stand nicht auf dem Zettel. Aber das genügte bereits. Wütend zerknitterte Josh den Brief. Solch ein Räuber-und-Gendarm-Spiel hatte ihm jetzt gerade noch gefehlt. Es war wohl offensichtlich, dieser blonde Schönling steckte hinter allem. Er stand mit Veronika irgendwie in Verbindung, arbeitete für sie, dachte aber nur daran, noch mehr abzukassieren, indem er Josh ausnahm. Doch er hatte sich verkalkuliert. Dies war ein schwerwiegender Fehler gewesen. Niemand legte sich mit Erik Osburne an.
Das Wetter zeigte sich an diesem Morgen von seiner besten Seite. Der azurblaue, nahezu wolkenfreie Himmel spiegelte sich in den sanften Wellen des Atlantischen Ozeans. Carolin Winter spazierte über das Deck, ihre Schicht war gerade zu Ende, als sie das Lachen und Kichern am Pool auf dem Sonnendeck hörte. Es machte sie neugierig, weil um diese Uhrzeit normalerweise kaum jemand wach war. Also wollte sie nach dem Rechten sehen. Ein Stativ war am Becken aufgebaut worden. Auf einem Tisch stand ein akkubetriebener Laptop, der mit der Kamera verbunden war. Am Pool räkelten sich Bikinischönheiten. Unter ihnen auch Lena, die zwar nicht mehr ganz die Jüngste war, mit ihrer Figur aber locker die jüngere Konkurrenz ausstach.
»Ihr seht toll aus, nur weiter so«, feuerte der Fotograf sie an.
Carolin stellte sich an die Seite und beobachtete das Shooting. Eins der Mädchen wurde angewiesen, in den Pool zu springen.
»Sei ganz natürlich. Spiel mit dem Ball, achte nicht auf die Kamera. Ja, genau so!«
Er schoss ein Bild nach dem anderen, begutachtete sie anschließend auf dem Monitor seines Laptops.
»Und, haben Sie schon ein paar gute Fotos gemacht?«, fragte Carolin und schaute ihm neugierig über die Schulter.
»Ah, Frau Winter. Das ist ja eine Überraschung. Haben Sie es sich anders überlegt? Möchten Sie nun doch beim Shooting mitmachen? In Ihrer Uniform wären Sie mein Star.«
Carolin lachte. »Ich bin wirklich nicht besonders fotogen. Aber ich schaue Ihnen gern zu, falls es erlaubt ist.«
»Aber sicher. Vielleicht bringen Sie mir sogar Glück.«
Er löschte ein paar Fotos
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