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Das Luxemburg-Komplott

Das Luxemburg-Komplott

Titel: Das Luxemburg-Komplott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian von Ditfurth
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Spartakisten gewählt, wegen dem Liebknecht, aber die waren sich ja zu fein, zu kandidieren.«
    Zacharias ließ den Wortschwall des Krüppels über sich ergehen. Er durfte nicht zu früh gehen. Dieser Mann gab ihm einen Grund, in diesem Haus zu sein. Der Mann hob sein Glas. »Vorkriegskorn. Auf Liebknecht!« sagte er.
    Zacharias stieß mit ihm an und trank einen Schluck. Der Korn war stark.
    »Dieser elende Krieg, dieser elende Kaiser«, sagte der Mann leise. »Die haben alles kaputtgemacht. Alles.« Er schüttelte bedächtig den Kopf. »Manchmal träume ich vom alten Deutschland. Es war ja einiges nicht in Ordnung, aber so schlimm, wie es heute ist, so schlimm, das hätte sich damals keiner vorstellen können. So schlimm.« Der Mann schaute Zacharias an. »Sie sagen ja gar nichts.« Es klang nicht nach einem Vorwurf.
    »Ich bin froh, dass ich nur eine gute Woche im Westen war. Da ging es noch vorwärts, Richtung Paris. Die glaubten wohl, der Krieg im Westen sei schon entschieden, und haben meine Einheit an die Ostfront verlegt.« Zacharias hatte keine Lust, vom Krieg zu erzählen, aber er musste Zeit gewinnen. Und der Mann war ein Zeuge, auch wenn er das nicht wusste.
    Der Krüppel erzählte noch viel vom Krieg, und Zacharias sagte hin und wieder etwas, um nicht unhöflich zu wirken. Als Zacharias sein Glas Korn ausgetrunken hatte, wollte der Mann nachschenken. Aber Zacharias wehrte ab. Er stand auf, verabschiedete sich mit Handschlag und ging.
    Als er die Treppe hinunterstieg, ahnte er, was geschehen würde. Er ging auf die Straße. Ein paar feine Schneeflocken tanzten hinunter, der Wind hatte nachgelassen. Zacharias schlug den Mantelkragen hoch. Nachdem er ein paar Meter gelaufen war, hörte er Schritte hinter sich. Und ihm kamen zwei Männer entgegen, die irgendwie aussahen wie Polizisten in Zivil. Sie stellten sich Zacharias in den Weg. Hinter ihm stand der dritte, ein langer knochiger Mann mit Glatze, dessen Schritte er gehört hatte. Dieser hatte die rechte Hand unter dem Mantel. Ein kleiner Fetter sagte: »Polizei, weisen Sie sich aus.« Er hatte eine gequetschte Stimme.
    Zacharias zog langsam sein Soldbuch aus der Innentasche des Jacketts. Er reichte es dem Fettsack. Der blätterte darin, manche Seiten las er. »Russland«, quetschte er heraus. »Da waren Sie ja mitten im Arbeiterparadies. Meinen Glückwunsch! Na, dann kommen Sie mal mit.« Sie gingen zur nächsten Seitenstraße, dort stand ein schwarzer Priamus. Sie zwangen Zacharias, sich auf die Rückbank hinter den Fahrer zu setzen. Der Glatzkopf rutschte neben ihn und versuchte seine Beine unterzubringen. Wie er sie auch verrenkte, sie stießen immer an die Lehne des Beifahrersitzes, auf dem der Fettsack saß. Sie brachten Zacharias zum Polizeipräsidium am Alex. Dort setzten sie ihn in ein Zimmer, in dem nur ein Tisch und drei Stühle standen. Ein Schupo bewachte ihn, die drei Beamten, die ihn mitgenommen hatten, verschwanden mit seinem Soldbuch. Wahrscheinlich suchten sie in Karteien, ob sie etwas über Zacharias fanden. Er saß eine gute halbe Stunde in dem Raum, der Uniformierte stand an der Tür.
    »Ist Ihnen nicht langweilig?« fragte Zacharias.
    Der Polizist antwortete nicht.
    Endlich kam der Dicke. »Ich bin Kriminalkommissar Lohmeier. Ich bin für solche Figuren wie Sie zuständig. Aufrührer, Umstürzler und alles, was dazu gehört. Mir können Sie nichts vormachen. Die Bolschewisten haben Ihnen was ins Gehör geblasen, damit hier der gleiche Wahnsinn geschieht wie in Russland.« Der Dicke umrundete mit hektischen Schritten den Tisch.
    Zacharias erwiderte nichts. Er mühte sich, dem Kommissar ein Grinsen zu zeigen.
    »Aha, ein Witzbold«, quetschte Lohmeier heraus. »Das kann ja lustig werden.« Er stierte Zacharias an, a ber der zeigte keine Bewegung »Ich muss auf die Toilette«, sagte Zacharias.
    »Das müssen wir alle hin und wieder«, sagte der Fettsack.
    Zacharias erhob sich. Gleich war der Fettsack hinter ihm und drückte ihn zurück auf den Stuhl. »Verkneifen Sie sich’s. Sagen Sie uns was, dann dürfen Sie auf die Toilette.«
    »Ich habe Ihnen nichts zu sagen.«
    »Dann fang ich mal an. Sie haben diesen Retzlaw gesucht.«
    »Wen?«
    »Stellen Sie sich nicht dumm. Sie kennen Retzlaw. Und Sie wissen, was der ist. Ein Spartakist. Sie werden doch wissen, was ein Spartakist ist? Ich sag es Ihnen: Ein Spartakist ist einer, der am liebsten jeden anständigen Deutschen an die Wand stellen würde. So, wie es die Bolschewisten in Russland

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