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Das Luzifer Evangelium

Das Luzifer Evangelium

Titel: Das Luzifer Evangelium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Egeland
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Botschaft mit. In einem Ford Bronco kutschierte Thrainn uns durch die unfruchtbare, windgepeitschte Landschaft zwischen Kefklavik und Reykjavik. Hellauf begeistert erzählte er von den Originaltexten, die in einem Sarkophag auf Skálholt entdeckt worden waren. Die isländischen Archäologen waren nicht nur auf verloren geglaubte Texte wie die Gunnars saga oder die ältere Njåls saga gestoßen – zwei von vielen Handschriften, die im dreizehnten Jahrhundert zur Njåls saga zusammengefasst wurden –, sondern darüber hinaus noch auf eine lange Reihe unbekannter Schriften, die ein ganz neues Licht auf die Entstehung des isländischen Nationalschatzes warfen.
    Im Árni-Magnússon-Institut führte Thrainn uns die Wendeltreppe hinunter in das Handschriftengewölbe im Keller. Hinter einer schweren Stahltür mit Zahlenschloss wurden die schriftlichen Zeugnisse der Geschichte des Nordens und die ältesten Handschriften Islands aufbewahrt.
    Die Handschrift, die ich ihm einen Monat zuvor anvertraut hatte, war in einer Pappschachtel mit der Aufschrift Einars Þáttr Skúlasonar versteckt, die zwischen den Originalen der Egils saga und der Eirik Raudes saga eingeordnet worden war. Thrainn öffnete die flache Pappschachtel und schlug das schützende Seidenpapier zur Seite.
    Luzifers Evangelium .
    »Habt ihr Neues herausgefunden?«, fragte Thrainn.
    »Nicht viel«, antwortete ich ausweichend. Stufenweises Protokoll …
    »Wie ihr wisst«, er sah unsicher von CC zu mir, »haben wir das Material analysiert.«
    »Tatsächlich?«, sagte CC , leicht ungehalten.
    »Wir sind die ganze Zeit davon ausgegangen, dass es sich um Pergament handelt. Präparierte Tierhaut. Aber das ist nicht richtig.«
    »Was ist es dann?«, fragte ich.
    »Vermutlich stimmt das nicht, aber unser Chemiker behauptet, es handele sich um einen synthetischen Stoff.«
    »Synthetisch?«, kam CC mir zuvor.
    »Wie gesagt, irgendetwas muss bei der Analyse schiefgelaufen sein. Wir verstehen nur nicht, an welcher Stelle der Fehler aufgetreten ist.«
    Er klappte das Seidenpapier zurück über die Handschrift und schloss die Pappschachtel. »Danke für die Leihgabe«, sagte er und überreichte mir die Schachtel. Er schien froh zu sein, das Manuskript loszuwerden.
    2
    Wir kehrten noch am selben Nachmittag nach England zurück. Ein Helikopter flog uns direkt von Heathrow in das Handschriftenlabor nach Oxford.
    Der Mitarbeiterstab des Labors – drei Paläografen, ein Mathematiker, ein Experte für Codierungen, ein Linguist, zwei Geografen, ein Semiotiker und ein Historiker – erwartete uns bereits ungeduldig und voller Eifer, als wir Dr. Gordon den Text überreichten.
    Es war ein feierlicher, zeremonieller Augenblick. Zum ersten Mal seit dem Konzil von Nicäa vor eintausendsiebenhundert Jahren waren die drei Teile der Handschrift – Luzifers Evangelium – wieder in einem Codex vereint.
    Die Fachleute standen vor einer, wie wir glaubten, gewaltigen Aufgabe: Sie mussten den uralten und unverständlichen Symbolen einen Sinn abringen.
    3
    Es war ein regnerischer Abend, als Dr. Alice Gordon CC anrief und ihn bat, unmittelbar ins Handschriftenlabor in Oxford zu kommen.
    Sie hatten den Code geknackt.
    »Genau, wie wir gedacht haben«, sagte Dr. Gordon zu CC , als sie uns an der Sicherheitsschleuse in Empfang nahm. Sie war kurzatmig, hatte rote Wangen und zerzaustes Haar, als käme sie direkt von einem Schäferstündchen. »Mit dem dritten Teil der Handschrift war die Entschlüsselung überraschend einfach. Es hat sich alles zusammengefügt.«
    Verzückt und vor Müdigkeit überdreht kichernd führte Dr. Gordon uns zum Fahrstuhl und in das unterirdische Auditorium. Auf der kurzen Strecke vom Auto zum Eingang waren CC und ich bis auf die Knochen nass geworden. Während wir uns das Wasser von den Kleidern wischten, schaltete sie die audiovisuelle Anlage ein und dimmte die Beleuchtung. Mit einem summenden Geräusch fuhr die Leinwand herunter. Dr. Gordon projizierte ein Bild darauf.
    Die Erdkugel.
    »Es ist uns gelungen«, erklärte sie, »ein altes Koordinatensystem in moderne Breiten-und Längengrade zu übersetzen.«
    Sie schien noch immer nicht fassen zu können, dass sie es wirklich geschafft hatten.
    »Glückwunsch!«, sagte CC .
    »Wie ist das möglich?«, fragte ich.
    CC gab Dr. Gordon ein Zeichen, dass sie weitererzählen sollte.
    »Ich weiß nicht, wie weit wir ins Detail gehen sollen …«, begann sie und sah von mir zu CC .
    »Nicht jetzt«, sagte CC .
    »… aber wie Sie

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