Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Luzifer Evangelium

Das Luzifer Evangelium

Titel: Das Luzifer Evangelium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Egeland
Vom Netzwerk:
Angst. Alles wird gut. Ich komme zurück. Haben Sie das Fenster im Treppenhaus gesehen, in der zweiten Etage? Von dort kann man auf einen Mauersims klettern, der zu einer Feuerleiter führt. Von dem Innenhof gelangt man in eine der Seitenstraßen. Sie können unmöglich das ganze Viertel überwachen.«
    Sie schüttelte noch immer den Kopf.
    »Ich schicke Ihnen eine SMS, sobald ich Bolla geholt habe und auf dem Weg hierher bin. Ich sammele Sie auf der Straße ein. Nicht vor dem Haus! Sie müssen auch aus dem Fenster klettern, über den Sims bis zur Leiter, und in der Seitenstraße auf mich warten!« Ich malte einen grinsenden Smiley.
    »Ich geh jetzt mal schlafen«, sagte ich laut und gähnte übertrieben deutlich.
    Auf Moniques Block schrieb ich: »Bis zum Parkhaus sind es etwa zwanzig bis dreißig Minuten. Ich sollte also ungefähr in einer Dreiviertelstunde zurück sein, maximal einer Stunde. Behalten Sie das Handy im Auge! Wir sehen uns bald wieder!«
    »Bjørn!«, formte sie mit den Lippen.
    In ihrem Blick spiegelten sich alle erdenklichen fürchterlichen Dinge wider, die passieren konnten.
    4
    Ich schlich aus der Wohnung und die Treppe hinunter. In der zweiten Etage löste ich den Haken des Fensters, das in den Hinterhof ging. Die Scharniere quietschten, als ich es aufzog. Glücklicherweise war der Hinterhof leer bis auf eine Katze, die auf einem Stapel Autoreifen saß und mich beobachtete. Ich musste an Sir Francis denken.
    Ich kletterte raus auf den sehr schmalen Sims und schob die Fingerspitzen in eine Mauerfuge über meinem Kopf. Auf diese Weise konnte ich mir einreden, etwas zu haben, woran ich mich festhalten konnte. Konzentriert starrte ich auf den Putz vor meiner Nasenspitze. Sobald ich den Kopf auch nur einen Millimeter zur Seite drehte, würde ich in den Abgrund gezogen werden. Okay, ein Fall von höchstens drei, vier Metern. Aber hoch genug für einen Feigling mit Höhenangst und Anflügen von Drehschwindel.
    Schritt für Schritt, Herzschlag für Herzschlag, balancierte ich von dem Fenster weg zur Feuerleiter. Ehrlich gesagt, so schrecklich schmal war der Sims auch wieder nicht, dreißig Zentimeter, mindestens. Nur leider fühlte er sich nicht so an.
    Die Leiter knarrte ganz fürchterlich, als ich hinunterkletterte. Ich hielt nach Gesichtern hinter den Fenstern Ausschau, es war aber niemand zu sehen.
    Selbst die Katze war weg.
    Aus dem stillen Viertel begab ich mich eilig zu der stark befahrenen Hauptstraße. Der Verkehr verlieh der Welt den Anschein von Normalität. Ich lief in Richtung der Tiefgarage, in der ich Bolla abgestellt hatte. In den Cafés auf den Bürgersteigen saßen Römer und Touristen und tranken Caffè latte und Wein. Rom erwachte langsam zum Nachtleben.
    Im Eingangsbereich des Parkhauses bezahlte ich mein Ticket, dann begab ich mich ins dritte Untergeschoss. Bolla wartete in ihrer rosa gepunkteten Pracht, wo ich sie abgestellt hatte, eingeklemmt zwischen einem Fiesta und einem Hiace. Für den Bruchteil einer Sekunde dachte ich, ich hätte den Autoschlüssel in der Wohnung vergessen und müsste noch einmal zurück, aber dann entdeckte ich ihn glücklicherweise in meiner Tasche.
    5
    Das Echo meiner Schritte hallte hohl von den Betonwänden wider. Gibt es etwas Verlasseneres als ein menschenleeres Parkhaus?
    Als ich im Halbdunkel nach dem Schlüsselloch tastete, hörte ich die Schiebetür des Lieferwagens aufgehen, der neben mir parkte. Ich hatte nicht einmal Zeit, mir Sorgen zu machen, trat stattdessen einen Schritt zur Seite, als mich jemand von hinten anrempelte. »Entschuldigung«, sagte ich automatisch. Ich fühlte den Arm, der sich um mich legte, drehte mich zur Seite, konnte aber nicht sehen, wer dort stand. Ich rief um Hilfe. Schlug in die Luft. Versuchte panisch, mich zu wehren. Sie waren stärker als ich. Trotzdem gelang es mir in meiner Verzweiflung, mich loszureißen. Weiter um Hilfe schreiend, rannte ich zwischen den Autos hindurch, aber es war spätabends, niemand war hier. Ich hörte ihre Schritte und sah ihre Schatten auf den Betonwänden. »Opri!«, rief jemand in einer mir fremden Sprache.
    Als Jugendlicher brauchte ich für sechzig Meter elf Komma drei Sekunden. Meine Beine waren schwer wie Blei. Genau so fühlte ich mich in diesem Moment. Ich rannte weg, so schnell ich konnte, aber sie waren direkt hinter mir. Wenn jetzt ein Auto käme, wäre das meine Rettung. Vielleicht. Ich lief zu der Spiralauffahrt.
    Ein Mann trat aus dem Nichts heraus und versperrte mir den

Weitere Kostenlose Bücher