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Das Luzifer Evangelium

Das Luzifer Evangelium

Titel: Das Luzifer Evangelium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Egeland
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Fluchtweg. Ich prallte mit voller Wucht gegen ihn. Gleich darauf stürzten sie sich auf mich. Jemand packte mich von hinten. Brüllend versuchte ich, mich zu befreien. Ich rammte meinen Ellbogen in einen Bauch und schlug wild um mich. Nützen tat es mir nicht. Sie waren in der Überzahl, und sie waren stärker. Eine Hand presste einen feuchten Lappen auf mein Gesicht. Es roch streng. Ein scharfer Schmerz schoss in meine Nebenhöhlen, bohrte sich wie Stacheldraht in meinen Schädel und meine Lungen. Ich registrierte gerade noch, dass mich jemand auffing, als ich zu Boden sackte.

XX : Die Mönche
    1
    O Salutaris Hostia quae caeli pandis ostium …
    Ich hatte kein Gespür dafür, wie viel Zeit vergangen war, als ich, wie aus unendlicher Ferne, vom Ende des Universums zurückkehrend, den gregorianischen Gesang hörte.
    Bella premunt hostilia, da robur, fer auxilium …
    Der monotone Singsang drang in mein Bewusstsein und rief Traumbilder von Mönchen in weiten Kutten in von der Zeit vergessenen Klöstern hervor. Ich sah Hunderte von gesichtslosen Mönchen an einem Bett vorbeiziehen, in dem ich selbst lag, nackt und frierend, inmitten einer verlassenen Kathedrale, durch deren bunte Glasfenster das Licht auf mich fiel.
    Uni trinoque Domino sot sempiterna gloria, qui vitam sine termino …
    Langsam verebbte der mehrstimmige Gesang.
    Nobis donet in patria …
    Ich stöhnte. Die Kopfschmerzen ließen mein Hirn anschwellen. Auf jeden Fall fühlte es sich so an. Alles drehte sich, mir war übel, und ich fror. Kurz, ich fühlte mich hundsmiserabel. Es brannte in Nase und Hals, und bei jedem Atemzug füllten sich meine Lungen mit ätzender Säure. Ich hustete. Meine Übelkeit wurde noch durch einen süßlich aufdringlichen Duft verstärkt, den ich erst nach einer ganzen Weile einordnen konnte. Weihrauch. Als ich die Augen zu öffnen versuchte, straffte sich ein glühender Stahldraht in meinem Kopf. Für ein paar Sekunden oder Minuten verschwand ich erneut in wohliger Bewusstlosigkeit. Als ich wieder zu mir kam, war noch immer der monotone Sprechgesang zu hören … Audi, benigne Conditor, Nostras preces cum fletibus … Endlich gelang es mir, die Augen zu öffnen, aber ich konnte den Blick nicht scharf stellen. Die Konturen der Männer, die in einem Kreis um mich herum standen, verschwammen und lösten sich auf. Ich versuchte zu begreifen, wo ich war und was geschehen war. Ich wusste noch, dass ich mich in Rom befand, nicht aber, warum ich hier war. Auch an Monique erinnerte ich mich, nur nicht daran, wer sie war.
    Dann, auf einen Schlag, war alles wieder da, alles.
    Aldo Lombardi. Die Wohnung. Mein Fluchtversuch. Die Menschen in der Tiefgarage.
    Wo bin ich? Ich blinzelte mehrmals kräftig und schnell mit den Augen, aber es nützte nichts. Ich sah weder scharf, noch verstand ich. War Aldo Lombardi hier? War er einer von denen? Was war mit Monique geschehen? War auch sie verschleppt worden?
    »Monique?«
    Die Frage explodierte in einem Funkenregen aus Schmerzen.
    Sehr, sehr langsam begannen meine Augen scharf zu stellen. Neun Männer standen im Kreis um mich herum. Ich erkannte keinen von ihnen. Sie trugen graue Kutten, hatten die Augen halb geschlossen und sprachen das seltsam leiernde Gebet oder was immer das war.
    »Wer sind Sie?« We … s … sih . Meine Zunge war noch nicht wirklich einsatzbereit.
    Der Raum war groß, fast eine Halle, mit hoher, gewölbter Decke und Wandnischen mit Fresken.
    Ich versuchte, mich auf die Ellenbogen zu stützen, und stellte fest, dass ich gefesselt war. Erst jetzt bemerkte ich, dass ich keine Kleider anhatte. Splitternackt lag ich da. Meine weiße Haut wirkte auf dem weißen Laken zart und durchsichtig.
    Nackt.
    Nackt wie Christian Keiser. Wie Taras Koroljov. Wie Marie-Élise Monnier.
    Nackt und an ein Lager mit weißen Laken gefesselt.
    Entsetzt begann ich an den seidenen Fesseln zu zerren. Ein gutturales Jammern kam über meine Lippen.
    2
    Plötzlich erstarb das leiernde Gebet der Männer. In der unvermittelten Stille empfand ich meine Situation als noch entsetzlicher. Die Männer traten einen Schritt zurück, ich hörte, dass eine Tür geöffnet wurde, und sah unscharf einen Mann den Raum betreten.
    »Herr Beltø.«
    Selbst aus diesen zwei kurzen Worten war ein gewisser Akzent herauszuhören. Er trat in mein Blickfeld, und meine Augen stellten ihn scharf. Er war Mitte sechzig, vielleicht älter. Haare und Bart waren silbergrau und gepflegt. Die hellbraunen Augen funkelten kalt.
    »Herr

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