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Das Mädchen am Rio Paraíso

Das Mädchen am Rio Paraíso

Titel: Das Mädchen am Rio Paraíso Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ana Veloso
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gerührt mit angesehen, wie Klara sich in dem Kleid der anderen gedreht hatte. Zuerst hatte er sie zur Rede stellen wollen, doch ihr Anblick war zu hübsch und ihr Lächeln zu verträumt gewesen, als dass er es gewagt hätte. Außerdem, wie hätte er dagestanden? Als Voyeur wollte er sich gewiss nicht beschimpfen lassen.
    »Was ist?«, schreckte ihn Josefina aus seinen Gedanken. »Zeigen Sie mir nun, wie ein echter Gaúcho aussieht?«
    »Sehen Sie genau hin.« Er legte den flachen Filzhut auf seinen Knien ab und sah ihr tief in die Augen. »Sie haben ein waschechtes Exemplar vor sich. Wissen Sie, man braucht weder den Hut dazu noch die
bombacha
-Pumphose, Stiefel mit Silbersporen, das weite Leinenhemd, eine Schärpe oder …«
    »… ein Lasso!«, rief Josefina mit vor Begeisterung geröteten Wangen.
    »Genau«, lachte Raúl, »all das braucht man
nicht.
Es soll sogar Gaúchos geben, die ganz ohne Pistole und Peitsche auskommen. Natürlich nur, wenn sie sich in der
Zivilisation
befinden. Bei uns in der Pampa, draußen in der Wildnis, da geht es nicht ohne.«
    Josefina leckte sich unbewusst über die Lippen. Das war doch mal ein richtiger Mann, nicht so ein Waschlappen wie all die Juristen und Kaufleute und Mediziner, mit denen man sie andauernd bekannt machte. Die Vorstellung, wie er einem ungehorsamen
peão,
einem Landarbeiter, eins mit der Peitsche überzog, verursachte ihr eine wohlige Gänsehaut.
    »Frieren Sie etwa?«, fragte Raúl mit einem anzüglichen Lächeln.
    Josefina fühlte sich ertappt, hatte sich jedoch gut unter Kontrolle. »Keineswegs. Ich zittere vor Angst, weil ich Sie mir mit Pistole inmitten all der gefährlichen Bullen vorstelle.«
    Oh la la, dachte sie, das reichte fürs Erste. Sie musste schleunigst hier fort, bevor sie sich noch vergaß. Sie stand auf und warf einen bedauernden Blick auf die Wanduhr. »Ich muss aufbrechen – abends ist der Weg nicht ganz ungefährlich.«
    »Ich werde Sie in die Stadt begleiten.«
    »Aber nein, nur das nicht, vielen Dank. Mein Kutscher reicht mir an Geleitschutz. Und wenn wir uns sputen, schaffen wir es noch vor Einbruch der Dunkelheit.«
    »Na schön, wie Sie meinen.« Er nahm sie am Arm und führte sie hinaus. Im Flur stand Teresa, die gerade das Paket mit dem ausgebürsteten Kleid ablegen wollte. Josefina schnappte es sich, zog sich flink die Handschuhe über, nahm ihren Sonnenschirm und spurtete nach draußen. Sie hatte es auf einmal sehr eilig. Sie gab ihrem Fahrer durch einen Wink zu verstehen, dass er anspannen solle.
    »Wir fahren«, rief Josefina ihm dann mit herrischer Stimme zu, die so gar nicht zu dem sanftmütigen Ausdruck ihres Gesichts passte, mit dem sie Raúl zum Abschied bedachte. »Adeus, mein Lieber.«

[home]
16
    W ir fahren!«, stellte ich meine Familie vor vollendete Tatsachen.
    Die Reaktionen darauf hatten alle denselben Tenor: »Nein!«, riefen meine Brüder, und »oh Gott!«, schluchzte Hildegard.
    Theo blieb nach außen hin gelassen, bat mich aber trotzdem darum, die ganze Sache noch einmal zu überdenken. »Tu’s nicht, Klärchen. Die Hildegard wird vor Kummer vergehen. Und deine Neffen und Nichten werden dich vermissen. Wir anderen natürlich auch.«
    Ausnahmsweise verleitete mich dies zu keiner unverschämten Bemerkung. Ich glaubte ihm. Mir selber würden sie ebenfalls alle fehlen, sogar mein Schwager.
    »Und bei dem, was gerade so über den Hannes in Umlauf ist …«
    »Das dumme Geschwätz glaubst du doch wohl nicht?«, fuhr ich Theo an, der daraufhin verstummte und mich mitleidig ansah.
    Beim Abendbrot legte ich noch einmal meine Gründe dar. »Die Entscheidung ist gefallen. Wenn der Hannes geht, ziehe ich mit ihm. Was würde mich denn hier erwarten, ohne ihn? Ein Leben als unverheiratete Schwester, die weder hier in der Familie noch im Dorf hohes Ansehen genießt. Die schäbigste Kammer im ganzen Haus, unbezahlte Schwerstarbeit, Frostbeulen, Hunger. Und dann der trostloseste Grabstein auf dem Friedhof – so wie Tante Mechthild einen hat.«
    »Tante Mechthild ging es doch gut hier bei uns«, warf Johannes ein, aber niemand sonst stimmte ihm zu. Sie war als ledige Schwester meines Vaters im Haus geblieben, hatte sich für uns aufgeopfert und nichts dafür geerntet außer dem Gefühl, das fünfte Rad am Wagen zu sein.
    »Wer sagt denn, dass du nicht heiratest? Du bist doch ein hübsches Mädchen, kommst aus einer anständigen Familie und bist in jeder Hinsicht eine gute Partie.« Lukas lächelte mir aufmunternd zu.
    Ich

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