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Das Mädchen am Rio Paraíso

Das Mädchen am Rio Paraíso

Titel: Das Mädchen am Rio Paraíso Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ana Veloso
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»Ehemann tot« gefaselt, hätte sie sie wahrscheinlich sofort ins Zuchthaus werfen lassen.
    »Soso.« Der Polizist sah Klara nachdenklich an. »Ihr Mann ist also tot. Tja, das macht aus Ihnen eine sehr junge Witwe …« Knapp verkniff er sich eine anzügliche Bemerkung. »Wie ist er denn zu Tode gekommen, der werte Gatte?«
    Klara hatte die Frage zwar nicht verstanden, antwortete jedoch korrekt:
»Acidente.«
    »Ein Unfall also, schön, schön. Das heißt, nicht schön, ganz und gar nicht schön. Aber was soll ich jetzt Ihrer Meinung nach in der Sache unternehmen? Da es sich ja um kein Verbrechen handelt und da der ganze Fall, sofern von einem ›Fall‹ überhaupt die Rede sein kann, es war ja schließlich ein
Un-Fall,
haha, da dieser also nicht in unseren Zuständigkeitsbereich fällt, wüsste ich nicht, womit ich dienlich sein könnte.«
    Klara merkte, dass sie so nicht weiterkommen würde. Der Polizist hielt sie wahrscheinlich für eine dumme Pute, die aus nichtigem Grund auf der Wache erschienen war.
    Ganz so verhielt es sich allerdings nicht, denn der Tenente war durchaus hellhörig geworden, wie seine folgende Frage, hätte Klara diese verstanden, ihr verraten hätte.
    »Wie kommen Sie eigentlich hierher in die Stadt? So ganz allein? Und dann auch noch in eine anrüchige Gegend wie diese? Ich meine, irgendwer muss Sie doch hergebracht haben. Sie sind ja wohl kaum den ganzen Weg von São Leopoldo geschwommen beziehungsweise gelaufen.«
    Der Mann ahnte nicht, wie nah er der Wahrheit damit kam, und die einzige Person, die es ihm hätte sagen können, stand vor ihm und starrte ihn ratlos an. Sie hatte kein Wort verstanden, außer dem Namen São Leopoldo.
    »Wissen Sie was? Ich rufe jetzt mal meinen Vorgesetzten, den
comissário
Saraiva. Vielleicht weiß der, was zu tun ist. Nehmen Sie doch bitte so lange Platz.« Er wies auf eine Holzbank. Dankbar ließ Klara sich darauf nieder.
    Genau in dem Augenblick, in dem der Polizist mit dem ranghöheren Mann zurückkam, Letzterer unschwer an seiner selbstgerechten Miene zu erkennen, gab Klaras Magen ein lautes und unmissverständliches Knurren von sich.
    »Herrje, Mateus, die Frau zittert ja schon vor Hunger! Los, holen Sie ihr was zu essen. Ich unterhalte mich derweil mit ihr.«
    Der Jüngere eilte davon. Eine Chance wie diese, sich während seiner Dienstzeit ein wenig die Beine zu vertreten und der niedlichen Fernanda aus der Konditorei einen Besuch abzustatten, würde er sich bestimmt nicht entgehen lassen.
    »So, meine Liebe, dann erzählen Sie mir bitte noch einmal, was Sie hierhergeführt hat«, forderte der
comissário
Klara auf.
    Klara wiederholte ihre Aussage, wenn man bei den paar Wörtern, die sie beherrschte, denn von einer solchen reden konnte. Erneut erntete sie Unverständnis.
    Sie stotterte, verhaspelte sich, druckste herum. Sie errötete. Sie stellte sich so dumm an, dass der Beamte zu der Ansicht gelangte, er habe es mit einer geistig verwirrten Frau zu tun. Er reagierte mit enormer Erleichterung, als ein Herr auftauchte, der erklärte, die junge Frau sei in seinem Haushalt beschäftigt und müsse wohl auf dem Weg zu einer Besorgung, zu der man sie geschickt hatte, die Orientierung verloren haben. Er bat vielmals um Entschuldigung wegen der Unannehmlichkeiten.
    »Aber da ich schon einmal hier bin«, fuhr Raúl fort, »möchte ich die Gelegenheit ergreifen und Sie darum bitten, mir den Namen des Beamten zu nennen, der die Untersuchung eines mysteriösen Mordfalles in der Colônia leitet. Diese Frau hier ist eine wichtige Zeugin, und ich würde sie gern zu der entsprechenden Behörde begleiten, damit sie ihre Aussage machen kann.«
    »Das ist sehr löblich, Senhor Almeida. Man sieht es nicht oft, dass Männer wie Sie so um das Wohlergehen ihrer Untergebenen besorgt sind.« Der
comissário
unterstellte ihm damit, und Raúl hatte das durchaus zwischen den Zeilen lesen können, ein Verhältnis mit der jungen Frau. Raúl biss die Zähne zusammen, um den Dummkopf nicht wüst zu beschimpfen.
    »Also, wie gesagt, wenn Sie so freundlich wären, mir die gewünschte Auskunft zu geben …«
    »Selbstverständlich würde ich nichts lieber tun als das, mein sehr verehrter Senhor Almeida. Aber hier ist uns über einen derartigen Fall nichts zu Ohren gekommen. Ich fürchte, Sie müssen sich direkt an die Autoritäten in der Colônia wenden.«
    »Gut. Besten Dank auch, Senhor …«
    »
Comissário
Saraiva.«
    »Danke,
comissário.
Dann werden wir uns jetzt

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