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Das Mädchen aus Bernau: Historischer Roman (German Edition)

Das Mädchen aus Bernau: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Mädchen aus Bernau: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Lyne
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mehr wagte, eine Reise zu unternehmen und dabei Geld oder Waren mitzuführen. Der Handel erlahmte, weil die Menschen vorsichtig geworden waren und nur kauften, was sie unbedingt zum Leben brauchten.
    Zu allem Unglück hielt das grauenhafte Wetter an. Nach tagelangen Regenfällen versanken die Katen vor der Stadtmauer im Morast. Papst Johannes XXII. verhängte über König Ludwig den angedrohten Kirchenbann, und Propst Nikolaus predigte mit Geifer auf den Lippen von der Strafe Gottes: Mit Wolkenbrüchen und Missernten würde der Allmächtige die Brandenburger geißeln, bis sie sich von dem ketzerischen Bayern lossagten und statt seiner Herzog Rudolf unterstützten, den rechtmäßigen Kandidaten des Papstes.
    Herzog Rudolf aber war dem Bayern in der Schlacht längst unterlegen, und Markgraf von Brandenburg war und blieb des Bayern Sohn. Dass die Brandenburger Bürger auf das Wetter Einfluss nehmen konnten, indem sie sich für oder gegen ihren Landesherrn entschieden, hielt Magda für so vermessen wie die Hoffnung, die sie in jenen kurzen Tagen mit Alheyts Sohn gehegt hatte: Sie und ihre kindischen Träume hätten Gewalt über Leben und Tod.
    Von Linhart hieß es, er habe die Wendin Worša in sein Haus aufgenommen, nachdem ihr ein Sturm das Dach über dem Kopf davongerissen hatte. Er ist doch ein netter Mann, dachte Magda. Um seine Brauerei stand es bei Weitem übler als um die ihre, aber das hinderte ihn nicht, einem Menschen in Not sein Mitleid zu erweisen.
    Kurze Zeit darauf aber hatte sie wieder einmal Grund, sich um Diether zu sorgen, denn neue Gerüchte besagten, er lasse noch immer nicht die Finger von der Wendin, obgleich diese nun in Linharts Haus lebte. Auch über andere Mädchen gab es Gemunkel: Auf dem Markt wurde geflüstert, eine Müllerstochter aus Ahrensfelde habe sich um seinetwillen in die Panke gestürzt und sei halbtot von ihrem Vater herausgezogen worden.
    Magda stellte Diether zur Rede, doch kaum hatte sie mit ihrer Standpauke begonnen, fiel er ihr voll Empörung ins Wort: »Deshalb kommt meine Schwester also zu mir, dazu findet sie Zeit – um mich wie einen dummen Buben auszuschelten. Aber ist sie etwa vorher gekommen, hat sie mich gefragt, wie es mir geht und ob ich ihren Trost brauche? Weit gefehlt. Ich war ja mit Alheyt nicht verheiratet, also hatte ich kein Recht, sie zu lieben, und schon gar keines, um sie zu trauern. Dass sie mein Mädchen war, bevor Lentz sie mir weggeschnappt hat, das zählt natürlich nicht.«
    Einen Herzschlag lang hielt Magda inne. Der verletzte Zug in seinem Gesicht ließ sie stocken, doch gleich darauf besann sie sich. »Wenn du Alheyt so sehr geliebt hast, was willst du dann von der Wendin?«, fuhr sie ihn an. »Und die Müllerin aus Ahrensfelde, liebst du die auch mit allen Herzenskräften, und obendrein noch die Witwe aus Biesenthal? Wie kannst du so leben, Diether, wie kannst du dich selbst dabei ertragen?«
    Er zuckte Schultern und Mundwinkel gleichzeitig und schaffte es, dabei so hübsch und verdorben auszusehen, dass es ihr in den Fingern juckte, ihm eins auf den Mund zu geben. »Zu etwas anderem tauge ich doch nicht. Die Weiber wissen mich wenigstens zu schätzen.«
    »Beim Herrgott, du machst es dir einfach – was immer dir guttut, nimmst du dir, und an einen anderen denkst du nicht. An die Wendin schon gar nicht. An der reizt dich doch nichts, außer dass sie Linhart gehört. Weißt du, dass ich mich manchmal schäme, deine Schwester zu sein? Und weißt du auch, dass Endres nicht auf Wanderschaft gehen kann, weil er auf dich achtgeben muss wie auf ein kleines Kind? Und das in einer Zeit, in der deine Familie jede Hand brauchte, um sich aus dem Sumpf zu ziehen!«
    »Da zieht nur alleine!«, höhnte er, doch der Schmerz in seiner Stimme entging ihr nicht. »In eurem Haufen von wackeren Streitern würde ein Nichtsnutz wie ich doch ohnehin nur stören. Endres, der Held, füllt meinen Platz schließlich wunderbar aus, was will er da bitte schön auf Wanderschaft?«
    Sein Blick traf sie. Er hatte die Lider mit den langen Wimpern gesenkt, und in seinen Augen stand ein Flehen, das auszusprechen ihm sein Stolz verbot. Magdas Wut zerplatzte. »Was ich gesagt habe, ist nicht wahr«, bekannte sie. »Ich schäme mich nicht, deine Schwester zu sein, aber ich habe Tag und Nacht Angst um dich. Tu mir einen Gefallen, Diether: Was für Verrücktheiten dir auch einfallen mögen, halte dich von Linhart und seinem Mädchen fern. Der Hass, den er auf dich und Endres hat, brennt

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