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Das Mädchen aus dem All

Das Mädchen aus dem All

Titel: Das Mädchen aus dem All Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iwan Jefremow
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dehnend wie ein eben erwachtes Raubtier, erschien Aph Nut in Begleitung seiner blutbesudelten Assistenten. Überanstrengt und blaß trat ihm Ewda Nal entgegen und überreichte ihm die Abstammungskarte. Hastig griff Aph Nut danach, warf einen Blick hinein und atmete auf.
    »Es scheint alles gut verlaufen zu sein, Gehen wir uns ausruhen!«
    »Aber . . . wenn er nun aufwacht?«
    »Keine Sorge! Er kann nicht aufwachen; Sehen wir so aus, als hätten wir nicht daran gedacht?«
    »Wie lange müssen wir warten?«
    »Vier, fünf Tage. Wenn die biologischen Bestimmungen präzise und die Berechnungen richtig sind, können wir nochmal operieren, um die Organe wieder in den Körper einzusetzen. Und dann das Bewußtsein . . .«
    »Wie lange können Sie hierbleiben?«
    »Zehn Tage etwa. Die Katastrophe fiel glücklicherweise gerade in meine Freizeit. Ich werde die Gelegenheit benutzen, mir Tibet anzusehen — ich war noch nie hier. Meist muß ich mich ja dort aufhalten, wo die meisten Menschen leben: im Wohngürtel!«
    Begeistert blickte Ewda Nal den Chirurgenan. Aph Nut verzog spöttisch das Gesicht.
    »Sie sehen mich an, wie man früher ein Götzenbild angeschaut hat. Das paßt nicht zu meiner intelligentesten Schülerin!«
    »Ich sehe Sie tatsächlich jetzt mit ganz anderen Augen. Zum erstenmal liegt das Leben eines mir teuren Menschen in den Händen eines Chirurgen. Ich verstehe nur zu gut die Begeisterung all derer, die mit Ihrer Kunst in Berührung gekommen sind. Bei Ihnen vereinen sich Kenntnisse mit einmaliger Meisterschaft!«
    »Schon gut! Schwärmen Sie nur, wenn es Ihnen Spaß macht. Ich werde Ihren Physiker nicht nur ein zweitesmal, sondern auch ein drittesmal operieren.«
    Ewda Nal horchte auf.
    »Wieso ein drittesmal?«
    Doch Aph Nut zwinkerte ihr verschmitzt zu und wies auf den Pfad, der vom Observatorium aus aufwärts führte. Gesenkten Hauptes kam Mwen Mass angehumpelt.
    »Da kommt noch ein Verehrer meiner Kunst. Ein unfreiwilliger. Unterhalten Sie sich mit ihm, wenn Sie nicht das Bedürfnis haben, sich auszuruhen.«
    Der Chirurg verschwand hinter dem Hügel, wo das provisorische Haus für die Ärzte stand. Schon von ferne bemerkte Ewda Nal, wie eingefallen und gealtert der Leiter der Außenstationen aussah. Sie berichtete dem Afrikaner von ihrem Gespräch mit Aph Nut; er atmete erleichtert auf.
    »Dann reise auch ich in zehn Tagen ab!«
    »Ob Sie richtig handeln, Mwen? Ich stehe noch zu sehr unter dem Eindruck des Geschehens, um mir ein klares Bild von dem Vorgefallenen machen zu können. Mir scheint aber, Ihre Schuld ist nicht so groß, daß Sie so entschieden zu verurteilen wären.«
    Mwen Mass verzog schmerzlich das Gesicht.
    »Ich hatte mich in die Theorie von Ren Boos regelrecht verliebt. Das gab mir aber nicht das Recht, gleich beim ersten Versuch die gesamte Energie der Erde aufzubieten.«
    »Ren Boos hat aber doch bewiesen, daß mit einem geringeren Energieaufwand das Experiment zwecklos gewesen wäre«, wandte Ewda ein.
    »Sicher, aber wir hätten erst einmal indirekte Experimente durchführen müssen. Ich war jedoch ungeduldig und wollte kein Jahr länger warten. Sparen Sie sich Ihre gutgemeinten Worte — der Rat wird meinen Entschluß bestätigen, und die Ehren- und Rechtskontrolle wird ihn nicht aufheben.«
    »Ich bin selbst Mitglied der Ehren- und Rechtskontrolle!«
    »Außer Ihnen gibt es noch zehn Mitglieder. Und da mein Fall gesamtplanetar ist, müssen die vereinigten Kontrollen des Südens und des Nordens darüber entscheiden — also insgesamt einundzwanzig Leute außer Ihnen.«
    Ewda Nal legte dem Afrikaner die Hand auf die Schulter.
    »Setzen wir uns, Mwen, Sie sind noch schwach. Wissen Sie, daß die ersten Ärzte, die Ren untersucht hatten, das Todeskonsilium einberufen wollten?«
    »Ich weiß. Aber zwei allein sind dazu nicht befugt. Die Ärzte sind konservativ, und nach den alten noch bestehenden Vorschriften können nur zweiundzwanzig Menschen den leichten Tod eines Kranken beschließen.«
    »Vor nicht allzulanger Zeit bestand das Todeskonsilium noch aus sechzig Ärzten!«
    »Ja, weil die Angst vor Mißbrauch fortlebte, aus der die Ärzte im Altertum die Kranken zu langen, unnötigen Qualen verdammten und deren Angehörige schweren moralischen Konflikten aussetzten, wenn es keine Rettung mehr gab und das Ende leicht und schnell sein konnte. Aber wie Sie sehen, hat manchmal auch Konservatismus sein Gutes: Die beiden Ärzte allein waren nicht berechtigt, darüber zu entscheiden, und so

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