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Das Mädchen aus dem All

Das Mädchen aus dem All

Titel: Das Mädchen aus dem All Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iwan Jefremow
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zusammengehalten. Das gleiche ovale Gesicht, dem die zu breite Stirn einen kindlichen Ausdruck verlieh, die gleichen hervortretenden Backenknochen. Eine schneeweiße Bluse aus synthetischer Wolle unterstrich die matte Blässe ihrer Haut und das tiefe Schwarz der Augen, der Brauen und Wimpern. Die rote Korallenkette paßte gut zu dem reizvollen jungen Mädchen.
    Wie alle in der Klasse trug Ewda Nals Tochter kurze Hosen, nur waren sie an den Seitennähten mit roten Fransen besetzt.
    »Ein Indianerschmuck«, flüsterte Ewda Nal, als sie den fragenden Blick der Freundin sah.
    Die beiden Frauen zogen sich schnell in den Korridor zurück, denn die Lehrerin hatte ihren Vortrag beendet und trat aus dem Klassenraum. Einige Schüler, unter ihnenauch Ewda Nals Tochter, eilten ihr nach. Das Mädchen blieb unvermittelt stehen, sie hatte die Mutter bemerkt, ihre großes Vorbild und ihren ganzen Stolz. Ewda wußte noch nicht, daß es in der Schule eine Arbeitsgemeinschaft gab, deren Mitglieder sich für den gleichen Lebensweg wie ihr, Idol, die berühmte Ewda Nal, entschieden hatten.
    »Mama!« flüsterte das Mädchen und schmiegte sich mit einem verlegenen Blick auf Weda Kong an die Mutter.
    Die Lehrerin kam heran.
    »Ich werde den Rat der Schule gleich informieren, daß Sie hier sind«, sagte sie. Ewdas abwehrende Geste vermochte sie nicht davon abzubringen. »Wir müssen doch wenigstens etwas von Ihrem Kommen profitieren.«
    »Profitieren Sie lieber von ihr«, sagte Ewda und stellte Weda Kong vor.
    Die Geschichtslehrerin wurde rot bis zu den Haarwurzeln und sah plötzlich sehr jung aus.
    »Ausgezeichnet!« rief sie, bemüht, den sachlichen Ton beizubehalten. »Die älteren Gruppen stehen kurz vor ihrer Entlassung. Eine Abschiedsrede von Ewda Nal in Verbindung mit einer Betrachtung über alte Kulturen und Rassen von Weda Kong — das wäre ein Abschluß für unsere Jugend! Hab ich nicht recht, Rea?«
    Ewdas Tochter klatschte begeistert in die Hände. Mit dem elastischen Gang einer Sportlerin eilte die Lehrerin zu den Diensträumen, die sich in einem langgestreckten Anbau befanden.
    »Rea, du nimmst dir von der Produktionsarbeit frei, und wir gehen im Garten spazieren«, schlug Ewda ihrer Tochter vor. »Ich kann nicht noch einmal kommen, bevor du dich für deine Herkulestaten entscheidest. Das letztemal hatten wir uns ja noch nicht endgültig geeinigt.«
    Wortlos hakte Rea die Mutter unter. In jedem Schulzyklus wechselten theoretischer Unterricht und Produktionsarbeit miteinander ab. Die nächste war eine von Reas Lieblingsstunden: das Schleifen optischer Gläser. Aber was war wichtiger als der Besuch der Mutter!
    Weda ließ Mutter und Tochter allein und ging zu dem kleinen astronomischen Observatorium hinüber.
    »Wo ist denn dein kleiner Kai?« erkundigte sich Ewda. Das Mädchen blickte die Mutter traurig an. Kai war ihr Patenschüler gewesen. Es war üblich, daß die älteren Schüler die Patenschaft über Schüler nahe gelegener Schulen des ersten oder zweiten Zyklus übernahmen. Bei der Sorgfalt, die für die Erziehung aufgewandt wurde, war diese Hilfe für die Lehrer unerläßlich.
    »Kai ist in den zweiten Zyklus gekommen und weit weggefahren. Mir tut es sehr leid. Warum schickt man uns nur alle vier Jahre an einen anderen Ort, in einen anderen Zyklus?«
    »Aber Kind, du weißt doch, daß die Psyche unter gleichförmigen und eintönigen Eindrücken ermüdet und abstumpft.«
    »Ich verstehe nur nicht, warum man den ersten der vier dreijährigen Zyklen mit Null bezeichnet. Da beginnen doch schon Erziehung und Ausbildung der Kleinen von ein bis vier Jahren.«
    »Die Bezeichnung ist veraltet und völlig unzutreffend. Doch ohne zwingende Notwendigkeit ändern wir nicht solche eingebürgerten Ausdrücke, dadurch wird nur menschliche Energie vergeudet. Und das zu verhindern, ist jeder einzelne verpflichtet.«
    »Aber bedeutet dann die Organisation der Zyklen nicht auch einen großen Kräfteverschleiß? Die Schüler lernen und leben für sich, und dauernd versetzt man sie an einen anderen Ort.«
    »Dieser Kräfteverschleiß wird reichlich durch die Zunahme der Aufnahmefähigkeit und somit des Nutzeffektes der Ausbildung wettgemacht, die beide unvermeidlich von Jahr zu Jahr nachlassen würden. Ihr jungen Leute entwickelt euch je nach Alter und Erziehung zu ganz unterschiedlichen Wesen. Wenn Jugendliche verschiedenen Alters zusammen leben, stört das die Erziehung ganz erheblich und schadet auch den Schülern selbst. Durch die

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