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Das Mädchen aus dem Meer: Roman

Das Mädchen aus dem Meer: Roman

Titel: Das Mädchen aus dem Meer: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Hohlbein
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Spielzug ist und von einem hohen Verantwortungsgefühl gegenüber seinen Staaten zeugt. Niemand wünscht sich einen Krieg für sein Volk – nicht einmal, wenn dieses Volk einem ungefähr so vertraut ist wie ein Wassertropfen im Gürtel des Saturns. Darum ist es nicht verkehrt, allen anderen das Gefühl zu vermitteln, im Zweifelsfall bloß verlieren zu können.
    Zugegeben: Auch ich dachte lange Zeit, dass jeder Widerstand gegen deinen Vater letztlich nur zum Untergang Montanias führen könnte. Inzwischen weiß ich es besser. Wir sind nicht chancenlos. Aber wenn es irgendwie möglich ist, möchte natürlich auch ich einen Krieg vermeiden. Darum ist Rossa bei mir. Und darum wollte ich, dass auch du hierherkommst. Ehrlich gesagt wollte ich dich aus Silberfels entführen lassen, nur um dieses eine Gespräch mit dir zu führen, dir mein Land zu zeigen und dich mit den Menschen vertraut zu machen, die dein Vater skrupellos niederzumetzeln bereit ist. Das Beben, deine kopflose Liebe zu Cocha und dessen Loyalität zu Kratt machten das letztlich überflüssig, und das ist gut so, denn so hast du auch dein eigenes Land ein wenig besser kennengelernt. Außerdem dachte ich natürlich, dass sich Loro gut überlegen würde, ob er wirklich auf seine eigenen Kinder schießen lassen will, und darum hoffe ich nach wie vor, dass du Gefallen an meiner Welt findest, freiwillig bleibst und möglicherweise zuweilen positiv auf deinen Vater einwirken kannst. Ich dachte, wenn jemand es kann, dann du.
    Aber was die Annahme angeht, dass seine Kinder ihm wichtiger als alle wirtschaftlichen Interessen sind, habe ich mich vielleicht geirrt«, setzte er betrübt hinzu. »Immerhin hat er auf dich schießen lassen, nicht wahr? Ich verstehe ihn nicht, Jamachita. Ich dachte, dass du ihm von allen seinen Kindern das liebste bist.«
    »Er musste sich schnell entscheiden«, verteidigte ich meinen Vater, wie ich ihn in den vergangenen Stunden insgeheim immer wieder verzweifelt vor mir selbst verteidigt hatte. »Er hatte keine Zeit, Nachforschungen anzustellen. Er konnte nicht wissen, dass ich tatsächlich an Bord des Manis bin. Er konnte noch nicht einmal wissen, dass ich tatsächlich noch lebe. Darum hat er wohl für sich entschieden, dass ich es nicht bin und dass Kratt die Männer in Norgal an der Nase herumgeführt hat.
    Wahrscheinlich hätte er trotzdem gelassener reagiert, wenn Kratt nicht gleich auf dem größten und besten Schiff im ganzen Hafen bestanden hatte – Cochas Einschätzung nach war es sogar eines der fortschrittlichsten Manis, über die wir überhaupt verfügen.«
    »Ich hoffe, dass du recht hast, Chita«, seufzte Gormo (Gormo? War ich wirklich schon bereit, ihm zu glauben?).
    »Wie bist du an unseren Hof gekommen?«, hakte ich nach. »Du wirst wohl kaum jahrelang um den Wall geschlurft sein, bis irgendwann irgendjemand meinte, dass für einen senilen, buckligen Alten gerade zufällig Bedarf bestand, oder?«
    »Nicht ganz«, verneinte Markannesch, der vielleicht tatsächlich Gormo war. »Ich war gerade in der Nähe, als dein Vater deinen Bruder mit den Rauchwaren erwischte. Milo war dabei, und vielleicht ist es nur meinem Neffen zu verdanken, dass Loro Sora nicht an Ort und Stelle erschlagen hat. Er hat deine Mutter lange verdächtigt, ihn betrogen zu haben, weißt du? Als sich Sora dann so hemmungslos den Rauschmitteln hingab und der Körpermeister ihm zudem einen solch erheblichen Mangel bescheinigte, empfand er das als Beweis dafür, dass Sora unmöglich sein eigener Sohn sein konnte. Eine Beleidigung für deine Mutter, wenn du mich fragst, denn sie ist eine Frau von Anstand und Ehre …
    Wie auch immer: Milo wirkte beruhigend auf deinen Vater ein. Deine Mutter konnte sich ihm in dieser Nacht auf zwanzig Schritte nicht mehr nähern, ohne Gefahr zu laufen, von einem schweren Gegenstand getroffen zu werden. Und dein Vater tobte bis in die Morgenstunden und sinnierte, sobald er sich halbwegs beruhigt hatte, darüber, wie er deine Mutter und deinen Bruder gleichsam bestrafen konnte. Mein Neffe witterte unsere Chance und schlug vor, dem vermeintlichen Bastard fortan die Bildung zu verweigern, was zugleich bedeutete, dass Sora niemals sein Erbe antreten könnte. Statt nach Silberfels sollte er ihn beizeiten zum Militär schicken, wodurch außerdem Hoffnung bestand, dass er einen schnellen, ehrbaren Tod in einer der zahlreichen kleinen Schlachten um die umliegenden Inseln fand, ehe sein Herz an einem erbärmlichen Erbmangel versagte,

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