Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Mädchen aus den Wäldern (German Edition)

Das Mädchen aus den Wäldern (German Edition)

Titel: Das Mädchen aus den Wäldern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kira Gembri
Vom Netzwerk:
bedankst dich bei ihm wohl auch gebührend“, fragte die Frau lauernd, und ihre Stimme hatte sich zu einem verschwörerischen Flüstern gesenkt, „lässt ihm seinen Willen …?“
    Reeva riss sich los. Während sie entsetzt davonhinkte, hörte sie die Blonde aufgebracht kreischen: „Ich werde schon noch herausbekommen, welche Rolle du spielst, verlass dich darauf!“
    Keuchend erreichte Reeva ihr Zimmer, stürzte hinein und warf die Tür hinter sich zu. Mitten in all der Pracht stand sie und rieb ihre eiskalten Hände, rieb, rieb …
    Irgendwann trat sie zum Vogelkäfig und starrte das bunte Vögelchen an, das bewegungslos auf seiner Stange hockte. Vorsichtig nahm sie den Käfig von seinem Haken und trug ihn zum Fenster. Dort stellte sie ihn ab und öffnete die Gittertür. Die blanken Augen des Vogels richteten sich auf die Öffnung, verständnislos ruckte er mit dem Kopf. Dann hüpfe er zu seiner Schale, um an dem Futter darin zu picken.
    Reeva begann zu weinen.
    Als der Prinz sie am folgenden Tag beiläufig fragte, wie ihr denn das Fest gefallen habe, antwortete sie leise: „Danke, es war eine sehr prunkvolle Feier.“
    Der Prinz schien sich damit zufrieden zu geben.
     
    ***
     
    Die Wochen vergingen, und der Sommer wich einem milden Herbst. Reeva unternahm nun oft Spaziergänge im Schlosspark, um sich die Zeit zwischen den Besuchen beim Prinzen zu vertreiben.
    Einmal, sie war auf dem Rückweg zum Schloss und hatte gerade die Ställe erreicht, hörte sie plötzlich laute Stimmen und Hufgetrappel: Eine Schar von Reitern war soeben von der Jagd heimgekehrt; vorneweg ritten der König und der Prinz. Die beiden schienen in ein heftiges Streitgespräch verwickelt zu sein, denn das Gesicht des Prinzen war gerötet vor Zorn, während das seines Vaters kalt und ungerührt wirkte.
    Reeva blieb etwas abseits stehen und sah zu, wie die Männer ihre Pferde zügelten und absaßen. Sofort eilten einige Stallburschen herbei, um die Tiere der hohen Herren in Empfang zu nehmen; doch der Prinz, der sich schneller als die anderen aus dem Sattel geschwungen hatte, wollte nicht darauf warten, dass ihm einer der Burschen behilflich war. Mit einem Fußtritt scheuchte er sein schweißbedecktes Pferd in den Stall hinein, sodass es schrill wiehernd in einen offenen Verschlag tänzelte. Dort blieb es mit angelegten Ohren stehen und stampfte immer wieder nervös mit den Hufen.
    Der Prinz jedoch kümmerte sich nicht um den Rappen und entfernte sich ohne ein Wort von der Jagdgesellschaft. Auch zu Reeva sagte er nichts, als er ihr an der Ecke des Stalls begegnete; aber er sah ihr fest in die Augen, und sie wusste, dass er sie später an diesem Tag zu treffen wünschte.
    Inzwischen hatten sich auch die anderen Herren zusammen mit dem König auf den Weg zum Schloss gemacht, und im Stall herrschte rege Geschäftigkeit. Keiner der Stallburschen bemerkte Reeva, die leise auf den verschreckten Rappen zuging. Bis jetzt hatte sich niemand um ihn gekümmert: Er war immer noch aufgezäumt, und sein dunkles Fell glänzte vor Schweiß. Als das Mädchen vor ihm stehen blieb, fing er wieder an, gegen die Bretterwand zu treten, und verdrehte die Augen so sehr in den Höhlen, dass Reeva das Weiße darin sehen konnte. Sie war nicht so dumm, in diesem Moment die Hand nach ihm auszustrecken. Stattdessen fing sie an, ruhig auf ihn einzureden; sie benutzte denselben Singsang, mit dem sie auch den verletzten Fuchs beruhigt hatte. Langsam wanderten die Ohren des Pferdes wieder nach vorne, und endlich stand es still. Als Reeva nun doch vorsichtig seine samtigen Nüstern streichelte, wehrte sich das Tier nicht.
    „Du kannst wirklich gut mit ihm umgehen“, ertönte plötzlich eine Stimme hinter ihr. Erschrocken fuhr sie herum; das Pferd warf augenblicklich mit einem lauten Wiehern den Kopf hoch, und seine Ohren schnellten wieder zurück.
    Der Junge, der hinter ihr stand, hob entschuldigend die Hände. „Tut mir leid, das wollte ich nicht“, meinte er und trat in den Verschlag, um den Rappen neuerlich zu beruhigen. Anschließend machte er sich daran, das Pferd abzusatteln, mit einem Lappen abzureiben und zu striegeln. Während er das tat, blickte er ein paarmal zu Reeva hinüber, die immer noch an derselben Stelle stand und zuschaute. Dann lachte er plötzlich:
    „Verzeih, du wartest sicher noch darauf, dass ich mich vorstelle. Ich bin Jacob und Stallbursche, wie du siehst. Und du bist …?“ Er runzelte leicht die Stirn und betrachtete Reeva von Kopf bis

Weitere Kostenlose Bücher