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Das Mädchen aus den Wäldern (German Edition)

Das Mädchen aus den Wäldern (German Edition)

Titel: Das Mädchen aus den Wäldern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kira Gembri
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Mutter?“ Seine Stimme klang ruhig, doch Reeva konnte sehen, dass seine Muskeln sich anspannten. „Die Mutter des Stallburschen? Was weiß sie schon davon? Ich verbiete dir, hier von ihr zu sprechen oder etwas zu wiederholen, was sie gesagt hat. Hast du das verstanden, Reeva? Antworte!“
    „Das habe ich.“ Sie ging mit kleinen Schritten zur Tür, öffnete sie und verließ schweigend das Zimmer. Der Prinz rief sie nicht zurück.
    Als sie aus dem Schloss ins Freie trat, musste Reeva die Tränen zurückhalten – Tränen verzweifelter Hilflosigkeit. Immer noch sah sie den Prinzen vor sich, wie er den Kopf zurückwarf und über das lachte, was sie gesagt hatte; wie er sich das schwarze Haar aus der Stirn strich und zu ihr sprach, als wäre sie ein quengelndes kleines Mädchen. Plötzlicher Zorn durchzuckte sie und brannte heiß in ihrem Magen. Noch ehe sie wusste, was sie tat, hatte sie den Arm gehoben und mit dem Handrücken fest gegen die Mauer des Schlosses geschlagen.
    Erschrocken sah sie hinunter auf den dicken Blutstropfen, der aus der aufgeplatzten Haut über ihrem Knöchel quoll. Ein heftiges Zittern lief durch ihren Körper, während ihre Gesichtszüge zu einer Maske erstarrten …
    So schnell, wie es gekommen war, war es auch wieder vorüber. Die Vision war kurz gewesen, doch von einer solchen Heftigkeit, dass sie es nicht geschafft hatte, sich dagegen zu wehren. Sie glaubte, den Geruch nach Blut noch in der Nase zu haben, sie hörte die Schreie – Reeva fuhr herum und stürzte ins Schloss zurück.
     
    ***
     
    Der Weg zu den Gemächern des Prinzen hatte sich noch nie so sehr in die Länge gezogen wie diesmal, als Reeva keuchend die Flure entlanghastete. Noch eine Treppe, noch eine Abzweigung – vor der hohen Tür stand ein Wächter, der dem Mädchen fremd war.
    „Bitte, guter Mann … lass mich durch“, flehte Reeva, doch stattdessen trat er drohend einen Schritt auf sie zu.
    „Es geht in Ordnung“, erklang es plötzlich hinter ihr, „ich kenne sie.“ Joseph. Joseph mit einem Tablett in den Händen, der sie anstarrte wie einen Geist. Ohne ihre Zeit mit einer Begrüßung zu verschwenden, drückte Reeva die Klinke hinunter und stieß das schwere Tor auf.
    „Reeva, was zum – “ Die hellen Augen blickten verwirrt.
    Sie griff nach seinem Ärmel, spürte den kostbaren Stoff zwischen ihren Fingern. „Es darf keinen Krieg geben!“, trotz ihrer Atemlosigkeit kam es heraus wie ein verzweifelter Schrei. Sie kümmerte sich nicht um das ungläubige Starren des Prinzen, kümmerte sich nicht darum, dass er ihr gereizt seinen Arm entriss. „Sie haben Spitzel. Verstehst du? Dein Feind … das dritte Nachbarland, es ist längst gewarnt!“, versuchte sie zu erklären und lauschte hilflos ihrem eigenen Gestammel. „Sie wissen Bescheid, also wird es keinen Überraschungsangriff geben. Dank ihrer Spione sind sie schon längst gut gerüstet, und euch droht eine Niederlage – ich habe es gesehen!“ Die restlichen Worte blieben ihr im Hals stecken, als der Prinz sie hart am Handgelenk packte.
    „Was meinst du damit“, fragte er; seine Stimme war sehr leise. „Du hast es gesehen ? Willst du damit sagen, du hattest eine Vision?“
    „Ja!“ Reeva nickte heftig. „Genau so ist es!“
    Die Arme des Prinzen schnellten an seine Seiten, und durch seinen festen Griff um ihr Handgelenk wurde Reeva mitgerissen. Sie stolperte einige Schritte auf ihn zu und konnte im letzten Moment noch das Gleichgewicht zurückerlangen, bevor sie gestürzt wäre.
    „Jetzt verstehe ich“, sagte der Prinz langsam. „Das Gerede vom Stallburschen und seiner Mutter – nun begreife ich alles. Du hast Angst um deine feigen Bauernfreunde, nicht wahr? Du möchtest sie gerne beschützen, habe ich nicht Recht?“ Er stand jetzt sehr dicht vor ihr und schaute auf sie herab; instinktiv duckte sich Reeva, ohne darüber nachzudenken, was sie tat.
    „Lügnerin!“ Der Prinz spuckte ihr das Wort förmlich vor die Füße. „Eine verdammte Lügnerin bist du. Haben dich deine Freunde darum gebeten, mir diese Geschichte zu erzählen? Oder hast du sie dir etwa ganz allein ausgedacht?“
    Reeva streckte die Hände aus, als wollte sie die Dinge aufhalten, die hier geschahen; und doch wusste sie, dass sie ihr bereits entglitten waren. „Das ist nicht wahr, ich bin keine Lügnerin“, beteuerte sie. „Ich hatte schon oft Visionen, es ist eine Gabe!“
    „Weißt du was? Das glaube ich dir sogar“, erwiderte der Prinz, doch als das Mädchen

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