Das Mädchen aus Mantua
seinen Hals von der Seite, und als es zurückgerissen wurde, sprudelte eine Fontäne von Blut hervor. Gurgelnd brach der Mann zusammen. Der Kerl, der neben dem Bett stand und Arcangelas Arme festhielt, wollte den herabgefallenen Knüppel aufheben, doch er war nicht schnell genug. Mit einem schwungvollen Hieb trennte Vitale ihm die rechte Hand ab. Der Mann brüllte auf und versuchte hektisch, den hervorschießenden Blutschwall mit der anderen Hand aufzuhalten.
Der Mann, der immer noch halb auf Arcangela lag, stemmte sich hoch und griff an seinen Gürtel, wo sein Dolch steckte.
Geistesgegenwärtig warf Arcangela beide Arme um ihn und hinderte ihn so, die Waffe zu ziehen. Er riss sich sofort los, doch sie hatte Vitale genug Zeit verschafft. Sein Schwert sauste herab und spaltete ihrem Peiniger den Schädel.
Nur einen Lidschlag darauf fuhr er herum und streckte mit einem weiteren Hieb den Kerl nieder, der gerade, den blutenden Armstumpf unter die Achsel geklemmt, aus der Hütte fliehen wollte.
Arcangela schluchzte laut auf und schubste mit den Füßen den Mann von ihrem Körper, um die im Tod aufgerissenen Augen und den aufgehackten Kopf nicht mehr sehen zu müssen.
Schwer atmend beugte sich Vitale über ihn und vergewisserte sich, dass kein Leben mehr in ihm war, ebenso verfuhr er bei den zwei anderen. Anschließend warf er sein Schwert zur Seite und kam zum Bett. Er triefte nur so vor Blut, sodass unmöglich zu sagen war, welches davon seines oder das seiner Widersacher war. Verletzt war er auf jeden Fall; er hatte eine große Platzwunde am Schädel.
»Mein Liebes!«, stammelte er, während er in fieberhafter Hast ihren Körper abtastete.
»Mir fehlt nichts«, stieß Arcangela zwischen zwei Schluchzern hervor.
»Das viele Blut …«
»Ist nicht meins.«
Er gab nicht eher Ruhe, bis er sie vollständig untersucht hatte. Seine großen Hände zitterten, und zu ihrer Erschütterung sah Arcangela, dass er weinte.
»Er hat mir nichts getan«, sagte sie, nun etwas ruhiger. »Es kam nicht dazu. Du hast mich davor bewahrt.«
Er fuhr sich mit dem Handrücken über die Augen, wodurch noch mehr Blut in sein Gesicht geriet. »Mein Liebes, merkst du es denn nicht?«
»Was denn?«, fragte sie zittrig.
»Dein Arm. Er ist gebrochen.«
Verständnislos betrachtete Arcangela ihren linken Arm. Er sah aus wie immer.
»Der andere.«
»O mein Gott«, keuchte Arcangela. Der rechte Arm wies eine Krümmung auf, an der Stelle, wo keinesfalls eine sein durfte. Es sah aus, als hätte sie plötzlich ein zusätzliches Gelenk über dem Ellbogen.
Und dann kam der Schmerz. Er schoss so heftig durch den Arm, dass sie aufschrie und nicht damit aufhörte, bis eine gnädige Ohnmacht all das Schlimme auslöschte.
Als sie das nächste Mal zu sich kam, lag sie auf einem rumpelnden Karren in Vitales Armen. Trotz der stechenden Schmerzen vergewisserte sie sich als Erstes, dass sie nicht mehr nackt war. Richtig angezogen war sie allerdings auch nicht; Vitale hatte ihr nur notdürftig das Hemd übergestreift, ihr verletzter Arm steckte innen, und ihr Kleid war nirgends zu sehen. Fast hätte sie geweint, es war erst ein paar Wochen alt, genau wie das schöne Tuch. Am besten vergaß sie beides ganz schnell, sie würde es ohnehin nie wieder sauber kriegen. Alles um sie herum hatte förmlich geschwommen in Blut, als das Massaker vorbei gewesen war.
Vitales Gesicht war dicht über ihr, die dunklen Bartstoppeln glänzten in der Nachmittagssonne, und seine Augen unter den dichten Wimpern hatten die Farbe von Waldhonig. Überall waren noch Flecken von gestocktem Blut, doch das ignorierte sie. Ungeachtet ihrer Schmerzen saugte sie seinen Anblick in sich auf. Ihre Liebe zu ihm war so stark, dass sie davon erschauderte. Dass er für sie getötet hatte, vertiefte ihre Gefühle noch.
»Du bist wach«, sagte er.
Sie nickte vorsichtig. Jede Bewegung verursachte Höllenqualen in ihrem Arm. Allein das Schaukeln des Karrens, auf dem sie lag, ließ sie ein ums andere Mal aufstöhnen vor Pein.
Vitale berichtete, dass er Hilfe auf einem nahegelegenen Hof geholt hatte. Das Raubgesindel, dem er mit dem Schwert den Garaus gemacht hatte, war auch dort schon unliebsam in Erscheinung getreten; die drei Männer hatten einen Knecht verprügelt und Branntwein aus der Vorratskammer gestohlen, und als die Frau des Bauern vom Feld zurückkehrte, hatten sie versucht, ihr Gewalt anzutun. Daran wurden sie vom hinzukommenden Bauern und seinen beiden erwachsenen Söhnen mit
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