Das Mädchen aus Mantua
Falten seines Umhangs hinein. »Aber da ist nichts. Deine Tante schickte mir eine Botschaft, mit der Bitte um Hilfe. Ich ging sofort hin, weil ich dachte, du seist womöglich krank. Als ich hinkam, war nur dein Bruder da. Ehe ich mich versah, saß ich vor dem Kamin und hatte einen großen Becher Punsch in der Hand.« Sie zuckte die Schultern. »Du weißt, dass ich nichts vertrage. Ich musste kichern. Vielleicht wertete er das als Zeichen, dass ich mich in seiner Gesellschaft wohlfühlte. Oder von ihm hingerissen bin. Wie auch immer. Ich fand es besser, sofort aufzubrechen.«
Sein tiefes Ausatmen zeigte ihr, wie erleichtert er war.
»Du hast also keinen Grund zur Eifersucht«, schloss sie.
»Ich bin nicht eifersüchtig.«
Sie lächelte über diese offensichtliche Unwahrheit. »Na gut, dann bist du eben bloß beruhigt. Darüber, dass ich deinen Bruder nicht liebe.«
»Meine Erleichterung will ich nicht bestreiten, denn dafür gibt es einen guten Grund.«
Es klang ernst. Sie rückte ein Stück von ihm ab und blickte ihm forschend ins Gesicht. »Welchen denn?«
»Er hat einen perfiden Plan ausgeheckt. Du sollst das Werkzeug seiner Rache sein. Er will dich zum Schein umwerben und dich dann kompromittieren und fallen lassen. Um es den Bertolucci heimzuzahlen.«
»Das ist nicht dein Ernst!«
»Ich habe mit eigenen Ohren gehört, wie er es Vater erklärte.«
Fassungslos schüttelte sie den Kopf. »Das glaube ich nicht!«
»Tu es besser«, empfahl Timoteo ihr. »Er hat übrigens mitgekriegt, dass ich das Gespräch belauscht habe. Ich bin ausgeritten, und er hatte nichts Eiligeres zu tun als mir zu folgen, um mir zu sagen, dass er es nicht so gemeint habe. Er behauptete, er habe sein Vorhaben nur um Vaters willen so dargestellt. In Wahrheit habe er ernsthafte Absichten dir gegenüber.« Schnaubend setzte Timoteo hinzu: »Er sagt, er will dich heiraten. Weil du angeblich die Frau seines Lebens bist.«
Celestina wusste nicht, was sie schlimmer finden sollte. Ob Hieronimo sie nun aus Liebe oder aus Rachsucht umwerben wollte – beides erschien ihr gleichermaßen erschreckend.
Timoteo fuhr grimmig fort: »Natürlich habe ich ihm kein Wort von dieser faulen Ausrede geglaubt.«
»Wieso sollte es eine Ausrede gewesen sein?«
»Weil es ihm lediglich darum ging, dass ich Marino nichts verrate. Daher die Lüge, dass er es ernst mit dir meint. Er forderte mich sogar auf, dir das auszurichten. Also nicht dir, sondern deinem Bruder natürlich.«
»Oh.« Celestina wusste nicht, was sie sagen sollte. Sie wusste ja nicht einmal, was sie denken sollte.
»Wenigstens besteht in dieser Sache jetzt Klarheit«, meinte Timoteo.
Davon konnte nach Celestinas Empfinden keine Rede sein, doch sie stellte es nicht infrage. »Was hast du zu ihm gesagt?«
»Nichts.«
»Warum nicht?«
»Was hätte ich denn zu ihm sagen sollen?«
»Dass er mich in Ruhe lassen soll. Zum Beispiel. Oder ist dir egal, was er vorhat?«
Timoteo versteifte sich. »Natürlich ist es mir nicht egal. Ich hielt es aber in der Situation für besser zu schweigen, denn nur so war es mir möglich, eine folgenreiche Auseinandersetzung zu vermeiden.«
»Inwiefern folgenreich?«
»Ich hatte einen Hammer in der Hand.«
»Oh«, sagte Celestina wieder. Diesmal bestand wirklich Klarheit, wenn auch nur in diesem einen Punkt.
»Was hat er mit dem Globus gemeint?«, fragte er mitten in ihre konfusen Gedanken hinein. Es klang unsicher.
»Ach, nichts weiter. Ich traf ihn zufällig vor einem Laden, und er bewunderte einen Sattel, der dort ausgestellt war. Er sagte mir, dass er immer davor stehen bleibt und ihn sich ansieht. Wir kamen ins Gespräch, und da erzählte ich ihm von dem Globus.«
»Was für ein Globus?«
Celestina erklärte es ihm, worauf Timoteo in Schweigen verfiel. »Warum hast du mir nie davon erzählt?«, wollte er schließlich wissen. »Von dem Globus, meine ich.«
Sie zuckte die Achseln. »Es ergab sich nicht. Und so wichtig ist es nun wahrhaftig nicht.«
»Ich weiß so wenig über dich.«
»Das beruht auf Gegenseitigkeit«, gab sie zurück.
Er holte Luft. »Es stört mich, dass wir so wenig voneinander wissen.«
Ihr lag als Antwort auf der Zunge, dass es sie ebenfalls störte – was zudem die reine Wahrheit gewesen wäre –, doch sie fand, es sei der Bekenntnisse für diese Nacht genug.
»Ich kenne deinen Körper, aber so wenig von dir als Mensch«, sagte er. »Als Marino bist du mir vertrauter denn als Celestina.«
Sie musste lachen. »Wir
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