Das Mädchen aus Mantua
bleibt, dürfen wir es uns nicht restlos mit Onkel Lodovico verscherzen. Schließlich hat er durchblicken lassen, dass er dein Geheimnis kennt, wobei erschwerend dazukommt, dass es gleich mehrere sind. Außerdem ist das hier sein Haus, wir leben unter seinem Dach. Recht angenehm, wie man hinzufügen muss.«
»Es ist Tante Martas Haus«, widersprach Celestina. »Alles, was du hier siehst, wurde von ihrem Geld gekauft.«
»Na ja, wenn sie nicht mehr unter den Lebenden weilt, gehört alles Lodovico, oder?«
Das war genau der Punkt, um den sich alles drehte, fand Celestina. Lodovico hatte gute Gründe, seine Frau loszuwerden. Wenn sie starb, war er auf einen Schlag ein begüterter Mann und konnte mit dem Geld tun und lassen, was er wollte. Zum Beispiel eine Expedition in die Urwälder der unentdeckten Teile der Welt finanzieren. Und dort Pflanzen sammeln. Celestina hatte inzwischen herausgefunden, dass die Behältnisse, die er sich hatte kommen lassen, Botanisiertrommeln waren. Man benutzte sie, um seltene Pflanzen darin zu sammeln und zu trocknen. In dem Kräuterbuch wurden sie erwähnt. Und wozu brauchte er die Überseekiste, wenn nicht für eine weite Reise übers Meer?
»Wie dem auch sei«, sagte sie entschlossen. »Ich werde ab sofort Martas Essen überwachen. Und wenn sie noch einmal so einen Anfall bekommt, werde ich ihren Auswurf trocknen und mitnehmen. Ich werde den Apotheker konsultieren und notfalls auch Professor Zirelli, es ist mir ganz egal, was sie dann von mir halten. Und wenn sich dabei auch nur der kleinste Hinweis auf Gift ergibt, werde ich dafür sorgen, dass Marta mit uns nach Venedig kommt. Schließlich ist sie die Schwester meines Vaters.«
»Der sie auf den Tod nicht ausstehen konnte«, gab Arcangela zu bedenken. »Von Mutter ganz zu schweigen.«
»Ich werde sie zwingen«, sagte Celestina.
»Wen? Mutter?« Arcangela kicherte. »Ich sehe schon, uns stehen noch aufregende Zeiten bevor.«
Am selben Abend
Alberto Caliari hatte Schmerzen. Er saß im Rollstuhl und stöhnte verhalten. In der letzten Zeit plagte ihn häufiger ein Ziehen und Stechen in den Füßen und Unterschenkeln, dann wurde sein Drang, aufzustehen und herumzulaufen, fast übermächtig, doch seine Beine waren wie nutzloses totes Holz, nicht einmal mehr mit Krücken schaffte er es, sich hochzustemmen. Brodata eilte ihrem Bruder zu Hilfe, sie zog ihm die Pantinen von den Füßen und massierte ihm kräftig die Zehen, weil es ihn von den Schmerzen ablenkte.
Hieronimo kam ins Zimmer, er hatte wie üblich den Tag draußen auf dem Land verbracht. Sein Gesicht war wettergegerbt von der Arbeit im Freien, seine Augen leuchteten. Es würde ihn hart ankommen, wenn der Winter ihn von den Pachthöfen fernhielt. In der kalten Jahreszeit gab es nicht viel für ihn zu tun. Die Feldarbeit ruhte, die Bauern hatten nur noch das Vieh zu versorgen und blieben ansonsten die meiste Zeit in den Häusern. Dummerweise war dies zugleich auch die Zeit, in der Alberto immer unleidlicher wurde, zum einen, weil ihm die Kälte zusetzte, zum anderen, weil dann auch er kaum noch an die frische Luft kam. Nun, da der November näher rückte, verschlechterte sich die Stimmung im Haus von Tag zu Tag. Timoteo ließ sich nur noch selten blicken, er verbrachte seine Zeit an der Universität oder mit seinen Freunden, und wenn er doch einmal daheim war, dann nur in mürrischer Laune und weitgehend stumm. In der letzten Zeit hatte er sich nahezu vollständig zurückgezogen, auch mit seinem Bruder sprach er kaum noch ein Wort. Brodata hatte den Eindruck, dass zwischen den beiden etwas in der Luft lag, auch wenn sie nicht ahnte, worum es sich handelte. Bestimmt aber um nichts Gutes.
Hieronimo hielt die Hände ans Kaminfeuer und wärmte sich die durchgefrorenen Finger. Brodata sah, dass er Alberto verstohlen von der Seite ansah. Er hatte etwas zu verbergen, und hier wusste sie genau, worum es ging.
»Wie weit bist du mit deinen Bemühungen um dieses Weib aus Mantua?«, wollte Alberto schlecht gelaunt wissen, als hätte er ihre Gedanken gelesen.
Hieronimo zuckte zusammen, sie sah die steile Zornesfalte auf seiner Stirn. Nur mit Mühe hielt er an sich, aber immerhin tat er es. »Ich mache gute Fortschritte«, sagte er beherrscht. »Sonntag mache ich ihr wieder meine Aufwartung. Bald bin ich so weit, um ihre Hand anzuhalten. Alles entwickelt sich wie geplant. Unsere Rache wird uns sicher sein.«
Alberto nickte wortlos, Hieronimos Bericht schien ihn nicht sonderlich
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