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Das Mädchen aus Mantua

Das Mädchen aus Mantua

Titel: Das Mädchen aus Mantua Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Thomas
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grellgelbe Stoffbahn vor den Körper hielt.
    »Ich weiß nicht«, sagte Chiara. »Die Farbe ist irgendwie so … auffallend.«
    »Du kannst das tragen, du bist noch jung. Aber lass dir ruhig auch den grünen Brokat noch vorhalten. Der kleidet dich sicher ebenfalls vorzüglich.«
    Chiaras Zweifel waren nicht zu übersehen. Normalerweise bevorzugte ihre Cousine sanfte Pastellfarben, die gut zu ihrem Teint und ihrem hellen Haar passten, und da ihre Vorlieben der Näherin bekannt waren, hatte die Frau sofort eilfertig die neuesten Seidenmuster in Rosé und Creme herbeigeholt.
    Um zu verhindern, dass Chiara sich allzu schnell für einen der üblichen Stoffe entschied, bestand Celestina darauf, dass eine größere Auswahl herbeigeschafft werden müsse, vor allem in Gelb, Rot und Grün.
    »Man trägt jetzt überall bei Hofe kräftige Farbtöne«, behauptete sie.
    »Woher weißt du das?«
    »Von Arcangela, und die wiederum hat es aus erster Hand, von ihrer Tante, einer Hofdame der englischen Königin Elisabetta.«
    »Auf Schloss Windsor?«, fragte Chiara mit leuchtenden Augen.
    Celestina nickte und kreuzte hinterm Rücken die Finger, obwohl sie nur teilweise gelogen hatte. Tatsächlich hatte Arcangela eine venezianische Tante dritten Grades, die angeblich vor gut zwei Dutzend Jahren Hofdame auf Schloss Windsor gewesen war.
    »Es soll dort eine ganz neue Mode geben«, sagte die Schneiderin. »Zuerst hatte man es am spanischen Hof, dann auch am englischen. Die Kleider werden über einem starren Unterrock getragen, der mit Draht und Fischbein verstärkt wird, damit er steif nach allen Seiten absteht. Man nennt ihn Verdugado.« Ihre Augen leuchteten. »Man braucht dazu unzählige Ellen Stoff!«
    »Wie kann man damit sitzen?«, fragte Chiara.
    »Überhaupt nicht, soweit ich weiß. Aber bei der Mode geht es niemals um Bequemlichkeit. Wie ich hörte, tragen die Damen bei Hofe Mieder aus Blei, damit der Körper schön flach bleibt und besser ins Kleid passt.«
    »Ist das wahr, Celestina?«
    »Ähm … ja, das mag sein.«
    »Hast du schon mit der Tante darüber gesprochen, wie man mit diesem Verdugado sitzen kann?«
    »Nein, aber ich werde es schnellstmöglich nachholen.«
    Es läutete zur Non. Celestina atmete auf. Es war so weit.
    »Vielleicht ist die Farbe wirklich etwas zu kräftig«, sagte sie. »Eigentlich gefällst du mir in Pastell immer noch am besten. Diese rosa Seide dort – sie schmeichelt deinem Teint bestimmt ungemein.«
    Chiara nickte erleichtert. Die Bestellung für das neue Kleid war danach schnell aufgegeben. Ein Maßnehmen war nicht erforderlich, denn der Kauf des letzten Gewandes lag noch nicht lange zurück, und Chiara wollte das Kleid im selben Schnitt genäht haben wie das vorherige.
    »Wunderbar«, sagte Celestina. »Dann sind wir ja hier fertig.« Sie stand von dem Schemel auf und ging zur Tür.
    »Aber was ist mit dir?«, fragte Chiara verwundert. »Wolltest du dir nicht auch Stoff für ein neues Kleid aussuchen? Deswegen bist du doch überhaupt erst mitgegangen!«
    »Ach, mir ist auf einmal nicht mehr danach.«
    »Das kann ich verstehen. Wenn ich mir nur dunkle Farben aussuchen dürfte, hätte ich auch keine Lust zum Kleiderkauf. Ach, wie furchtbar stelle ich es mir vor, eine Witwe zu sein! Wie hältst du das nur aus, Celestina? Du bist erst einundzwanzig und musst dich für den Rest deines Lebens wie eine Krähe kleiden!«
    »Ja, das Schicksal schlägt manchmal grausam zu.« Celestina legte die Hand an den Türknauf. »Wollen wir dann los?«
    Chiara blieb an dem Tisch mit den Stoffmustern stehen und befühlte sie müßig. »Außerdem muss man in der passenden Stimmung sein, wenn man ein neues Kleid kaufen will. Obwohl – ich bin eigentlich fast immer in der Stimmung dafür. Vor allem bei neuen Schuhen. Die könnte ich, rein gefühlsmäßig, jederzeit kaufen.«
    »Beneidenswert«, sagte Celestina. »Kommst du jetzt?«
    Chiara betastete ein himmelblaues Stoffmuster mit eingewebten Silberfäden. »Mhm, schau mal, dieses hier ist auch sehr hübsch!«
    »Es würde Euch gut kleiden«, pflichtete die Näherin ihr bei.
    »Du hast dir schon ein Kleid bestellt«, gab Celestina zu bedenken.
    »Mehr als eines würde Papa aufregen«, stimmte Chiara seufzend zu.
    »Eventuell gäbe es ein feines Futter für einen Umhang«, sagte die Näherin.
    »Beim nächsten Mal.« Energisch stieß Celestina die Ladentür auf und wartete, bis ihre Cousine ihr nach draußen folgte.  
    Timoteo stand an der nächsten Ecke, hinter

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