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Das Mädchen aus Mantua

Das Mädchen aus Mantua

Titel: Das Mädchen aus Mantua Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Thomas
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ihm ein Torbogen. Von dort aus konnte er die Schneiderei gut im Auge behalten, ohne dabei allzu sehr aufzufallen.
    Als die Frauen den Laden verließen, wich er unwillkürlich unter den Torbogen zurück.
    »Es muss wie Zufall aussehen«, hatte Celestina ihm nach dem gestrigen Repetitorium knapp mitgeteilt. »Also steh bitte nicht vor dem Laden herum, als würdest du dort auf sie warten.«
    Seine Enttäuschung darüber, dass es keine richtige Verabredung geben würde, hatte er notgedrungen herunterschlucken müssen. Celestinas Erklärung war immerhin sehr überzeugend gewesen: Sie könne Chiara unmöglich zu einem Treffen mit ihm überreden, ohne ihrerseits in den Verdacht zu geraten, sich auf intrigante Weise mit Feinden der Familie gemein zu machen. Natürlich könne sie es dennoch versuchen, allerdings auf die Gefahr hin, dass Chiara es rundheraus ablehnte.
    Was hätte er dagegen einwenden sollen? Ein scheinbar zufälliges Treffen war immer noch besser als gar keins.
    Er trat einen Schritt vor, als die Frauen aus der anderen Richtung kommend um die Ecke bogen.
    »Na so was!«, gab er sich verdutzt. »Chiara! Was für ein Zufall! Und welche Freude, dich wieder einmal zu sehen!« Chiara erblasste sichtlich, sie griff sich an den Hals. »Timoteo!«, stammelte sie.
    Er verschlang sie mit den Augen. Sie war so schön wie eh und je! Ihr Haar ringelte sich in goldenen Löckchen unter der bestickten Haube hervor, und ihre Haut war wie zartes Elfenbein. In ihren Augen spiegelte sich das Blau des Sommerhimmels.
    Gegen dieses feengleiche Wesen wirkte Celestina beinahe kernig, obwohl sie, wie er soeben im unmittelbaren Vergleich feststellte, tatsächlich sogar etwas kleiner und zierlicher war als ihre Cousine. Vielleicht rührte der robuste Eindruck daher, dass ihr Kleid aus steifem dunklem Stoff war oder dass sie den Rücken so straff hielt, als hätte sie einen Stock verschluckt. Oder es lag an ihrer strengen Miene und dem energisch vorgeschobenen Kinn.
    Sich auf seine Manieren besinnend, verbeugte er sich vor Celestina. »Monna Ruzzini.«
    Sie nickte knapp. »Messèr Caliari.« Mit launiger Geste klopfte sie Chiara auf die Schulter. »Ich sehe schon, ihr kennt euch und habt viel zu bereden. Da vorn ist eine Apotheke, die führen hervorragende Kräuter. Dort wollte ich sowieso noch vorbeischauen. Lasst euch ruhig Zeit mit eurer Unterhaltung, ich werde eine Weile brauchen!«
    »Aber ich …«, stieß Chiara hervor. Sie streckte die Hand aus, doch Celestina war schon auf halbem Wege zur Apotheke. Geschwind zog Timoteo Chiara unter den Torbogen, bevor sie auf den Gedanken verfiel, ihrer Cousine nachzulaufen.
    »Chiara«, sagte er bittend. »Seit Wochen warte ich auf Antwort von dir! Hast du meine Botschaften denn nicht erhalten?«
    »Doch«, sagte sie mit gesenktem Kopf. »Es ist nur …«
    Eine Frau kam vorbei und blieb direkt vor dem Torbogen stehen, offenbar in der Erkenntnis, dass sie etwas vergessen hatte. Sinnend schaute sie Timoteo an, als könne er ihr helfen, sich zu erinnern. Doch sie kam von allein darauf, was ihr fehlte.
    »Die verflixte Geldbörse«, murmelte sie, während sie sich in die Richtung wandte, aus der sie gekommen war.
    Timoteo wartete ungeduldig darauf, dass Chiara den vorhin begonnenen Satz beendete, doch sie starrte nur schweigend auf ihre Schuhspitzen.
    »Ich habe mehrmals an unserem üblichen Treffpunkt auf dich gewartet«, sagte er. »Dann hörte ich, dass du nur noch an den Vormittagen zu dem Maler gehst. Leider muss ich vormittags zur Universität. Aber wir könnten uns auch zu einer anderen Zeit treffen. Wann immer du willst! Vielleicht sogar abends!«
    »Ich kann nicht einfach abends allein das Haus verlassen. Mutter erlaubt es mir nicht einmal tagsüber.«
    »Deine Cousine könnte dich begleiten. Heute hat sie es doch auch getan.«
    »Ja, das stimmt.« Chiara runzelte die Stirn. »Eigentlich wollte mein Bruder mitgehen, so wie sonst immer. Aber dann sagte Celestina, sie wolle mich an seiner Stelle begleiten, da sie ebenfalls ein neues Kleid brauche. Allerdings hat sie es sich dann anders überlegt. Mit dem Kleid, meine ich.«
    »Ich werde mit ihr sprechen und sie um ihre Hilfe bitten. Sie scheint mir eine …« Er unterbrach sich und suchte nach dem passenden Wort. Sich räuspernd, fuhr er fort: »… eine verständige Frau zu sein. Willens und bereit, ein … ähm, Geheimnis zu wahren. Mit ihrer Unterstützung können wir Mittel und Wege finden, uns zu verabreden! Wir müssen es nur

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