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Das Mädchen aus Mantua

Das Mädchen aus Mantua

Titel: Das Mädchen aus Mantua Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Thomas
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wollen!«
    Er umfasste ihre Hände, und sie ließ es mit hilfloser Miene geschehen. Eindringlich sah er sie an. »Chiara, findest du es denn nicht schön, wenn wir uns treffen und reden?«
    Sie wich seinen Blicken aus und senkte erneut den Kopf. Zu seinem Entsetzen fielen gleich darauf zwei dicke Tränen auf seine Hand. Sie weinte! Abrupt ließ er sie los.
    »Oh … ich … Verzeih!«, stotterte er. »Ich wollte nicht … Habe ich dir wehgetan?«
    »Ach, Timoteo! Du hast ja keine Ahnung!« Schluchzend wandte sie sich ab und rannte davon.
    Timoteo blieb wie vom Donner gerührt stehen, unfähig zu entscheiden, was er tun sollte. Dem ersten Impuls, Chiara hinterherzulaufen, widerstand er mannhaft, denn hätte ihn jemand dabei erwischt, wie er sie verfolgte, wäre das ein ausgezeichneter Grund für eine Anzeige bei der Stadtkommandantur gewesen, was es angesichts der drohenden Folgen um jeden Preis zu verhüten galt.
    Seine nächste Anwandlung bestand darin, in die Apotheke zu stürmen und Celestina zur Rede zu stellen.
    Fragte sich nur, wofür.
    Sie würde ihm entgegenhalten, dass niemand anderer als er selbst dieses Treffen verdorben habe, und vermutlich hätte sie damit völlig recht. Schließlich hatte er Chiara zum Weinen gebracht. Es war also seine Schuld, obgleich er nicht die leiseste Ahnung hatte, was er falsch gemacht haben könnte.
    Er blieb eine Weile stehen, doch nichts geschah. Einen Moment lang erwog er, auf Celestina zu warten. Nicht, um ihr Vorwürfe zu machen, sondern um mit ihr über Chiara zu reden, vielleicht sogar, sie um Rat zu fragen.
    Doch sie würde nur wieder auf der angeblichen Hohlköpfigkeit ihrer Cousine herumreiten. Was wusste sie schon über wahre Gefühle!
    Wut brodelte in ihm auf, und dieser Aufwallung gab er dummerweise nach. Den Tritt gegen die unschuldige Hauswand – wieder mit dem falschen Fuß ausgeführt – bereute er den ganzen Heimweg über.
    Celestina ahnte, dass sich aus dem Treffen nichts Gutes entwickelt hatte. Als sie aus der Apotheke kam, waren weit und breit weder Chiara noch Timoteo zu sehen. Stirnrunzelnd suchte sie die nähere Umgebung ab, doch die beiden waren verschwunden. Mit mulmigen Gefühlen machte sie sich auf den Heimweg. Ihr Schreck war groß, als ihr im Vestibül des Hauses Chiara entgegengestürzt kam und sie mit tränenreichen Vorwürfen überhäufte.
    Betreten blieb Celestina stehen. Sie versuchte gar nicht erst, sich zu rechtfertigen.
    »Diese Begegnung war dein Werk, gib es zu!«, sagte Chiara weinend. »Du hast es eingefädelt, dass er dort auf mich wartete! Wie konntest du nur so gemein sein!« Von Schluchzern unterbrochen, schilderte sie die Begegnung, der sie nur durch überstürzte Flucht habe entrinnen können, wobei sie ihre zweitbesten Seidenschuhe völlig ruiniert habe.
    Wenigstens sprach sie halbwegs leise, sonst wären längst alle Familienmitglieder zusammengelaufen. So waren es nur die beiden Hausmädchen, Morosina und Margarita, die im Durchgang zu den Wirtschaftsräumen standen und neugierig herüberstarrten.
    »Hast du denn gar nichts dazu zu sagen?«, wollte Chiara mit erstickter Stimme wissen.
    Celestina bemühte sich um eine zerknirschte Miene. »Ich dachte nicht, dass es dich so treffen würde. Schließlich habt ihr euch schon früher unterhalten. Hätte ich gewusst, dass es dich derartig aus der Fassung bringt, hätte ich es gewiss nicht zugelassen. Und das mit den Schuhen tut mir leid.« Sie hielt inne und musterte ihre Cousine besorgt. Chiara war schon vorher blass gewesen, doch jetzt war sie außergewöhnlich bleich. Fast so, als würde sie …
    Im nächsten Augenblick geschah es auch schon. Sie sank ohnmächtig zu Boden.
    Mit zwei Schritten war Celestina bei ihr. Sie kniete neben dem Mädchen nieder und tastete nach ihrem Plus, der viel zu schnell ging.
    Rasch öffnete Celestina die Verschnürung am Oberkleid ihrer Cousine, damit diese besser atmen konnte, anschließend befahl sie den Hausmädchen, Leinentücher und kaltes Wasser zu holen. Beide verschwanden nur zögernd.
    Unterdessen kam Gentile die Treppe herunter. Er war ausgehfertig herausgeputzt und sah aus wie ein spanischer Edelmann, von der reich gefältelten Halskrause über das taillierte Wams und die bauschigen Beinkleider bis hin zu den blank polierten Stulpenstiefeln. Als er seine Nichte am Boden liegen sah, übersprang er die letzten Stufen und legte dabei eine überraschende Wendigkeit an den Tag.
    »Was ist geschehen?«
    »Sie ist ohnmächtig

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