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Das Mädchen-Buch

Das Mädchen-Buch

Titel: Das Mädchen-Buch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Raffauf
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Wissen erst erwerben und sie tun es im Alter bis zwei Jahren. Insofern kann man | 54 | sich leicht vorstellen, warum manche Kinder Angst bekommen, wenn die Mutter aus ihrem Gesichtsfeld verschwindet. Umso wichtiger ist es, dem Kind zu sagen: »Ich bin nur nebenan«, oder sich wieder zu zeigen, um zu »beweisen«, dass man nicht einfach so weg ist. Und auch ein Geräusch, das ein Erwachsener von sich gibt, kann diese Sicherheit vermitteln.
    »Brummen hilft.«
    Ein Freund von uns, der Besuch von seiner Nichte und deren sechs Monate alter Tochter bekam, wollte das kleine Mädchen, als es weinte, trösten. Nachweislich konnte er nicht singen und auch nicht moduliert summen. So nahm er das Baby auf den Arm, tanzte mit ihm durch die Wohnung und brummte. Das Mädchen beruhigte sich nach kurzer Zeit und der Großonkel kommentierte zufrieden: »Brummen hilft.«
Urvertrauen
    »Gipfelstürmer brauchen ein Basislager.« 17
    JOHN BOWLBY
    Was der britische Kinderarzt, Psychoanalytiker und Pionier der »Bindungsforschung« forderte, ist für die frühkindliche Entwicklung besonders wichtig, denn in ihr wird der Grundstein für jedes spätere Selbstvertrauen gelegt. Das Kind, das den Erwachsenen anvertraut ist und ihnen einen großen Vertrauensvorschuss entgegenbringt, braucht deswegen ein verlässliches, aufmunterndes, fürsorgliches Gegenüber. Der Psychoanalytiker Erik Erikson hat herausgefunden, dass ein Säugling in dieser | 55 | Zeit im Kontakt mit seinen Fürsorgepersonen ein grundlegendes Vertrauen entwickeln muss. Vertrauen darauf, dass es gut ernährt, gewickelt und mit Liebe versorgt wird. Es braucht Wärme und Körperkontakt und Zuwendung, ebenso wie die Erfüllung seiner körperlichen Bedürfnisse nach Nahrung und Schlaf. Und das in zuverlässiger Weise. Ein Kind, das einmal geknuddelt wird und beim nächsten Mal lieblos schreien gelassen, kann dieses Vertrauen naturgemäß nicht aufbauen. Es ist komplett verunsichert darüber, was beim nächsten Mal sein wird. Das Wechselspiel zwischen Eltern und Baby, Fragen und Antworten, Lächeln und Zurücklächeln, Schreien und Getröstetwerden gibt die Gewissheit: Ich bin hier richtig. Alles ist gut. Alles.
Sexuelle Entwicklung
    Kleine Kinder sind sexuelle Wesen, und zwar von Anfang an. Diese Erkenntnis von Sigmund Freud hat seine Zeitgenossen in ziemliche Unruhe und Aufruhr versetzt. Und das aus einem einfachen Grund: Die Erwachsenen haben ihre – erwachsene – Vorstellung von Sexualität als Maßstab genommen und sich – zu Recht – nicht vorstellen können, was ein kleines Kind mit erwachsener genitaler Sexualität zu tun hat. Hat es auch nichts. Kindliche Sexualität ist anders. Sie ist keine zielgerichtete, genitale Befriedigung. Sie ist autoerotisch, das heißt, sie dreht sich um den eigenen Körper und bezieht sich auf kein Sexualobjekt. Kindliche Sexualität hat mit neugierigem Forschen, mit ungerichtetem Genießen, mit Lust zu tun. Sigmund Freud hat die sexuelle Entwicklung des Kindes in vier Phasen eingeteilt. Das Baby in der Zeit, bis es etwa zwei Jahre alt ist, befindet sich in der oralen Phase. Os heißt Mund und alle Eltern können feststellen, dass für kleine Babys der Mund eine absolute Quelle der Lust ist. Es wird genuckelt und gelutscht, alles steckt es sich | 56 | in den Mund, der Mund ist sein Organ zur Erkundung der Welt und gleichzeitig zum Trost, zur Beruhigung und auch zur Befriedigung seiner Lust.
    »Nur« Nuckeln?
    »Es nuckelt ja nur, es trinkt ja gar nicht.« Diesem Satz kann man nur entgegenhalten: Was heißt hier »nur«? Nuckeln hat eine wichtige Funktion. Das Kind kann sich selbst beruhigen, trösten, in den Schlaf bringen und sich ein schönes Gefühl bereiten.
    Etwa ab dem vierten Monat beginnt das Baby, auch seinen Körper als Lustquelle zu entdecken. Es macht ihm Spaß, mit seinem Körper zu spielen und ihn zu erforschen. Und es entdeckt, dass die Geschlechtsorgane lustvoll sein können. Das hat in diesem Alter nichts mit Selbstbefriedigung zu tun. Eine Einjährige ist nicht fähig, so gezielte und geordnete Bewegungen auszuführen, um sich bis zum Orgasmus zu reizen. Sie lernt einfach sich und ihren Körper kennen und erfährt ihn als zu sich gehörend.
Sexualerziehung
    Hier ist schon eine erste Antwort auf eine Frage, die manche Eltern erst einige Jahre später beschäftigt: Wann kläre ich mein Kind auf? Aufklärung oder Sexualerziehung beginnt mit der Geburt. Sie ist ein Teil der gesamten Erziehung und fließt ganz normal und

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