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Das Mädchen, das den Himmel berührte: Roman (German Edition)

Das Mädchen, das den Himmel berührte: Roman (German Edition)

Titel: Das Mädchen, das den Himmel berührte: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luca Di Fulvio
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da, doch ihre Hände ruhten auf den Schwertern. Die Männer des Fürsten schnauften, weil sie so gerannt waren. Hinter Scarabellos Reihen krümmten sich Mercurio und Benedetta völlig außer Atem. Keiner bewegte sich, keiner sagte etwas.
    Schließlich hörte man unregelmäßige Schritte auf der Straße, und am Ende der Gasse erschien die verkrüppelte Gestalt des Fürsten Contarini, der humpelnd näher kam. Er stellte sich zu seinen Männern. Sein verkrüppelter Arm wackelte lose durch die Luft wie ein gerupfter Hähnchenflügel. Der weit geöffnete Mund zeigte die spitzen Raubfischzähnchen, und ein Speichelfaden lief aus seinem Mund bis zum Kinn.
    »Wir haben nur noch auf Euch gewartet, Euer Gnaden«, bemerkte Scarabello und verbeugte sich tief.
    Fürst Contarini keuchte noch vor Anstrengung. Er konnte sich kaum auf den ungleich langen Beinen halten und schwankte hin und her. Wieder musste Mercurio an einen Krebs denken.
    »Scarabello, schützt du etwa diesen jungen Verbrecher?«, fragte der Fürst mit seiner schrillen Stimme, als er wieder zu Atem gekommen war.
    »So sieht es aus, Euer Gnaden. Rein zufällig ist er einer von meinen Leuten!«, erwiderte Scarabello und breitete fast entschuldigend die Arme aus.
    Fürst Contarini lächelte und wischte sich dann mit einem Ärmel seiner teuren Jacke den Speichel ab. Im Zwielicht der Gasse glänzten die auffallend bunten Seidenstoffe seiner Kleidung wie die pulsierende Haut eines Fabeltieres. Sonst hoben sich nur Scarabellos Albinohaare von dem Halbdunkel ab. Alles Übrige schien von der Dunkelheit der Gasse verschluckt zu sein.
    Mercurio sah bewundernd zu Scarabello auf. Er drehte sich zu Benedetta um, die jedoch ihre Augen fest auf Contarini gerichtet hatte.
    »Ich will diesen Jungen«, sagte der Fürst. »Er hat mich beleidigt und muss dafür bezahlen.«
    »Euer Gnaden, Ihr wisst, dass ich Euer ergebener Diener bin«, erwiderte Scarabello. »Aber bei allem Respekt, ich muss euch diese Bitte verwehren. Meine Männer haben sich nur mir gegenüber für ihre Taten zu verantworten.« Er sah den Fürsten durchdringend und ohne jede Unterwürfigkeit an. »Und ich muss mich nur der Welt verantworten. Daher, Euer Gnaden, werden wir beide das wohl unter uns austragen müssen, solltet Ihr noch Vorbehalte haben, die nicht beigelegt oder beseitigt werden können.«
    Fürst Contarini starrte ihn scheinbar ausdruckslos an. Doch gleichzeitig biss er sich ständig wütend auf die Unterlippe, bis sie blutete. Als er wieder sprach, klang seine Stimme noch schriller als zuvor. Er hatte die Schlacht verloren. »Sag deinem Mann, er soll sich nicht allein erwischen lassen. Sein Kopf gehört mir, und sobald sich die Gelegenheit bietet, hole ich ihn mir.« Damit drehte er sich um und gab seinen Männern ein Zeichen, ihm zu folgen. »Gehen wir wieder zu diesem Mönch. Er gefällt mir. Die Bosheit frisst ihn von innen auf. Der verspricht Blut«, sagte er und lachte hysterisch.
    »Zolfo …«, sagte Benedetta.
    Mercurio legte ihr eine Hand auf den Arm. »Du kannst nichts tun.«
    Scarabello kam zu ihnen.
    »Danke«, sagte Mercurio.
    »Ich habe das nicht für dich getan«, erwiderte Scarabello kühl. »Der Fürst ist verrückt. Wenn man ihm alles durchgehen lässt, nimmt er sich immer noch mehr heraus. Und ich bin niemand, der sich von anderen etwas wegnehmen lässt. Außerdem bin ich mit jemandem befreundet, der weit, weit über ihm steht. So weit oben, dass allein der Doge höher steht als er. Der Fürst weiß das. Und er mag verrückt sein, aber dumm ist er nicht.«
    »Trotzdem danke«, sagte Mercurio.
    »Er wird dich wieder vergessen«, fuhr Scarabello fort. »Er wird jemand anderen finden, mit dem er sich anlegen kann. Aber bis dahin sieh zu, dass du untertauchst.«
    »Ich komme schon klar«, wiegelte Mercurio ab. »Ich kann auf mich selbst aufpassen.«
    »Aber ja doch, das habe ich gesehen«, lächelte Scarabello. Dann setzte er ihm den Zeigefinger auf die Brust. »Das war kein Ratschlag, sondern ein Befehl.«
    »Hör mal, Scara …«
    »Nein, du hörst mir zu.« Scarabello bohrte ihm den Finger so tief in die Brust, dass Mercurio zwei Schritte zurückweichen musste. »Ich habe es dir schon einmal gesagt, und jetzt erkläre ich es dir noch mal in anderen Worten. Wenn ich dir befehle, im Arschloch eines Wals zu verschwinden, dann tust du das gefälligst, ist das klar?«
    »Klar.«
    »Du gehst aufs Festland. Dort wirst du dir ein Quartier suchen und für mindestens zwei Wochen da bleiben. Es

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