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Das Mädchen, das den Himmel berührte: Roman (German Edition)

Das Mädchen, das den Himmel berührte: Roman (German Edition)

Titel: Das Mädchen, das den Himmel berührte: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luca Di Fulvio
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einem purpurroten Gewand angesprochen, als er ein Stockwerk erreichte, wo es nicht mehr nach Schmutz und körperlicher Liebe roch, sondern nach Seife und Lauge.
    Mercurio sah sie an. »Ist das hier der fünfte Stock?«
    »Was willst du?«, fragte das Riesenweib wieder.
    »Ich suche den Kardinal«, entgegnete Mercurio.
    »Heute arbeite ich nicht«, antwortete die Frau.
    »Du bist der Kardinal?«, fragte Mercurio erstaunt.
    »Und du bist wohl schwer von Begriff?«, entgegnete sie.
    »Kennst du den Doktor Negroponte?«
    Auf dem Gesicht der Frau lag nun Misstrauen. »Ich frage dich jetzt zum letzten Mal, und wenn du nicht willst, dass ich dich die Treppe runterwerfe, antwortest du besser: Was willst du?«
    »Ich muss ihm etwas sagen«, erklärte Mercurio.
    »Sag es mir, und ich werde es ihm ausrichten, wenn ich ihn sehe«, erwiderte der Kardinal.
    »Nein, ich muss es ihm selbst sagen.« Mercurio hielt für einen Moment inne. »Es ist wichtig. Es geht um seine Tochter.«
    Ihre Gesichtszüge erstarrten. »Geht es ihr schlecht? Ist ihr etwas passiert?«
    »Nein … nein«, stammelte Mercurio. »Aber du wirst verstehen …?«
    Der Kardinal musterte ihn einen Augenblick scharf. »Du bleibst hier stehen und rührst dich nicht«, befahl sie dann und ging auf eine Tür am Anfang eines schmalen Flurs zu. Sie klopfte an und öffnete.
    »Wer ist da?«, ertönte eine Stimme aus dem Zimmer.
    »Ich bin es, Doktor«, antwortete Mercurio schnell, der der Hure gefolgt war.
    »Wer ist ich?«
    »Mercurio.«
    »Oh, verdammt!«, fluchte Isacco.
    »Soll ich ihn die Treppe hinunterwerfen?«, fragte der Kardinal und packte Mercurio am Jackenkragen.
    Isacco erschien in der Tür. Sein Gesicht sah müde aus, gezeichnet von dem tagelangen Kampf gegen die französische Krankheit. Er blickte Mercurio an, schien aber durch ihn hindurchzusehen. Dann wandte er sich dem Kardinal zu, deutete hinter sich in das Zimmer und schüttelte stumm den Kopf.
    Die Frau erblasste, und ihre Augen füllten sich mit Tränen.
    Isacco richtete den Blick wieder auf Mercurio. »Komm rein«, sagte er, aber es war keine freundliche Einladung. Dann streichelte er tröstend die Schulter des Kardinals. »Kümmere dich um alles.«
    Mercurio betrat den Raum und sah dort eine Frau auf dem Bett liegen. Obwohl ihre Nase von einer Wunde ausgehöhlt war, wirkte ihr Gesicht heiter. »Guten Tag«, sagte er leise.
    »Die kann dich nicht mehr hören«, sagte Isacco und schloss die Tür. »Ihr Leidensweg ist heute zu Ende gegangen.«
    Mercurio wich erschrocken zurück.
    »Ich habe dich nur hereingelassen, weil ich dir etwas mitzuteilen habe«, sagte Isacco und ging auf ihn zu, angriffslustig trotz der Erschöpfung und der Enttäuschung, die in seinen Augen stand. »Halt dich von meiner Tochter fern«, sagte er leise. Dann tippte er mit dem Zeigefinger gegen Mercurios Brust und wiederholte langsam und jedes Wort einzeln betonend: »Halt … dich … von … meiner … Tochter … fern!«
    Mercurio spürte, wie ihm das Blut in den Kopf schoss. Sein ganzer Körper zitterte vor Wut. Die alten Verteidigungsmechanismen, die jedes Mal hervorbrachen, wenn er sich zu Unrecht beschuldigt glaubte, setzten sich in Gang. Doch er hielt sich zurück, atmete tief durch und sagte den Satz, den er sich überlegt hatte: »Ich bin jetzt so geworden wie Ihr … Doktor«, sagte er, allerdings klang seine Stimme dabei ein wenig gepresst. »Ich bin ehrbar geworden.«
    »Dir steht der Betrüger doch ins Gesicht geschrieben«, knurrte Isacco und kam so nah heran, dass er ihm tief in die Augen schauen konnte. »Du bist ein Verbrecher. Du bist Abschaum.«
    »Und was seid Ihr dann?«, fuhr Mercurio auf.
    »Willst du mich beleidigen?«, fragte Isacco und packte ihn am Kragen.
    »Warum habt Ihr ein Recht darauf, Euch zu ändern, und andere nicht?«, rief Mercurio mit blitzenden Augen, denn er spürte die ganze Last dieser Ungerechtigkeit. Er befreite sich aus Isaccos Griff. »Wofür haltet Ihr Euch eigentlich?«
    Isacco musterte ihn schweigend.
    »Doktor, hört mich an«, fuhr Mercurio nun in ruhigerem Ton fort. »Ich habe jetzt eine ehrliche Arbeit.« Er holte das Säckchen mit den Münzen heraus, die er verdient hatte, öffnete es und hielt es Isacco hin, in der sicheren Überzeugung, es würde ihn beeindrucken. »Seht. Ich werde nicht nur ehrbar, sondern überdies noch reich«, erklärte er stolz.
    »Halt dich von meiner Tochter fern«, wiederholte Isacco, als könnte er nichts anderes sagen, und würdigte die Münzen

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