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Das Mädchen, die goldene Uhr und der ganze Rest

Das Mädchen, die goldene Uhr und der ganze Rest

Titel: Das Mädchen, die goldene Uhr und der ganze Rest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John D. MacDonald
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lächelte sie ihn an wie zuvor. »Funktioniert das nicht prächtig?« flüsterte sie.
    Er gähnte und bewunderte im stillen ihren Instinkt für die Nützlichkeit der Erfindung. Er wäre nie auf diese Idee gekommen - oder zumindest noch lange nicht.
    »Das Seltsame an Onkel Omar war, daß er manchmal keinen Schlaf zu brauchen schien. Wir haben uns öfters darüber gewundert.«
    »Der alte Mann war nicht auf den Kopf gefallen. Es sind nur zwei Minuten vergangen, seit ich zum letzten Mal aufgewacht bin. Möchtest du weiterschlafen?«
    »N-nicht jetzt.«
    »Das habe ich mir gedacht«, flüsterte sie. »Heute breche ich aber wirklich mit allen meinen Grundsätzen.« Sie rückte näher und legte ein warmes, seidenglattes Bein über seines. Sie war so nahe, daß er nur ein großes, braunes, glänzendes Auge sah und ihren heißen, stoßweisen Atem spürte. »Es ist so schön, dich zu lieben«, seufzte sie. »Du kommst mir irgendwie unsicher und ängstlich vor. Und süß. Alles, was du tust, wird wichtig, Kirby, das ist es. Mir wird ganz anders dabei, wie bei Marshmallows und warmer Suppe. Das Herz klopft mir bis zum Hals, und ich möchte weinen. Diesmal machen wir es ganz langsam, sanft und verträumt. Wir wollen uns so nahekommen, wie wir noch niemandem waren. Rede dabei mit mir, sag mir etwas Liebes, und ich sage es dir zurück, Wort für Wort.«

Kapitel 10
    Kirby Winter und Bonny Lee Beaumont liebten sich, machten in der roten Welt ein Schläfchen, duschten gemeinsam, waren verspielt und ausgelassen und trieben alberne Späße um die Seife und das gemeinsam benutzte Handtuch wie in einer zotigen Komödie. Kirby kam sich wie ein anderer Mensch vor, so fremd war ihm seine Verspieltheit. Er hatte Feste immer gemieden und sie selbstgerecht verurteilt, weil er sie für schlecht und verdorben hielt. Aber plötzlich hatte man ihn hereingebeten, er war umgeben von Leidenschaft und Musik -und war gefesselt, aber nicht von Verderbtheit, Dekadenz und Schlechtigkeit, sondern von einer unschuldigen Ferienstimmung, in der man heiter und unverblümt ganz natürlichen Freuden nachging.
    Vom ästhetischen Standpunkt aus gesehen war Bonny Lee dank ihres Körperbaus und ihrer sonnengebräunten Haut ein höchst angenehmer Anblick, ganz gleich, ob sie ruhte oder sich bewegte. Es war ein Vergnügen, sie anzusehen, sie zu berühren und ihr zuzuhören. Er schätzte sie nicht nur als Person, sondern auch als Objekt von ästhetischem Wert, das ihm gefiel. Folglich konnte er diesen Schluß auch umkehren und annehmen, daß er für sie ebenfalls nicht nur als Individuum existierte, sondern auch als Objekt, das ihr gefiel. Dadurch gewann er eine Objektivität, die seine bisherige Einstellung zu seinem Körper veränderte. Er wollte ihn nicht länger verbergen, weil er ihn für lächerlich und grotesk hielt, sondern war stolz auf ihn, weil er ihr gefiel.
    Er freute sich über seine Größe und war dankbar für seinen muskulösen Körperbau, der ihm wohl vererbt worden war, den er aber im Zuge so mancher Läuterungsprozesse durch gezieltes Training getrimmt hatte. Nur der weiche Wulst um die Mitte störte ihn, besonders nachdem Bonny Lees seifige Hand ihn in der Dusche spöttisch und schmerzhaft gekniffen hatte. Er war entschlossen, genauso straff zu werden wie sie; es würde ihr gefallen. Anfangs peinigte ihn der physiologische Mechanismus, der seine Begierde augenfällig machte, weil er dadurch zum Ziel frecher Witze wurde. Später fügte er sich ins Unvermeidliche und entwickelte schließlich eine derartige Selbstzufriedenheit, daß es schon albern war.
    Während ihrer geflüsterten, seifigen Spiele erkannte er trotz seiner jahrelangen unbeabsichtigten Enthaltsamkeit, daß sie etwas Kostbares war, genau die richtige Frau, ihn in kürzester Zeit wieder in die menschliche Rasse einzugliedern. Hätte sie es mit einem Trick versucht, wäre sie befangen gewesen, hätte sie eine falsche Bescheidenheit an den Tag gelegt oder bewußte Bedenken geäußert, dann wäre er in die irrationale Scham und Unbeholfenheit des überzeugten Puritaners zurückgefallen, in dessen Augen etwas so Wunderbares unweigerlich schlecht sein mußte. So aber hatte sie sich als überschwengliches, exhibitionistisches, einfallsreiches Geschöpf erwiesen, das wie ein Fohlen herumsprang, und hatte damit ihre Beziehung gerettet.
    Das Liebesspiel lief nach einem Ritual ab. Der alberne Übermut wechselte mit vielversprechenden Andeutungen, schließlich ging einer zum Angriff über und

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