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Das Mädchen, die goldene Uhr und der ganze Rest

Das Mädchen, die goldene Uhr und der ganze Rest

Titel: Das Mädchen, die goldene Uhr und der ganze Rest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John D. MacDonald
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ich einen Moment lang ohnmächtig?«
    »Es ist überhaupt keine Zeit vergangen, nur der Bruchteil von einer Sekunde.«
    »Sie haben mich hierher gebracht, und jetzt stehen Sie dort drüben. Wie groß ist die Reichweite?«
    »Sagen wir ungefähr so weit, wie ich einen Küchenherd tragen kann.«
    »Sie haben mich getragen?«
    »Mit größter Mühe.«
    »Während die Zeit ausgesetzt hat?«
    »Genau.«
    »Sie könnten mich unbemerkt an jemandem vorübertragen?«
    »Man würde Sie genausowenig bemerken, wie Sie es bemerken würden.«
    Sie nickte langsam. »Ihr verehrter Onkel hatte die Nase vorn, das kann man sagen, mein Freund. Gegen seine Möglichkeiten sind die siebenundzwanzig Millionen, die Sie verschenkt haben, wie Zuckerwerk für Kinder. Warum hat er seine Möglichkeiten nicht dazu genützt, sich zum König über die Welt zu machen? Er hätte es geschafft. Wie in grauer Vorzeit ein Mann mit einem Gewehr.«
    »Vielleicht hätte es ihn gelangweilt, König zu sein. Der Weihnachtsmann lag eher auf seiner Linie. Vielleicht hütete er sich auch davor, daß das, was er besaß, zu sehr auffiel, sonst wären womöglich andere den gleichen Weg gegangen.«
    Wieder nickte sie. »Charla war davon überzeugt, daß es etwas gab, und sie suchte es.« Ihr nachdenklicher Ausdruck verschwand. Sie starrte ihn ängstlich an. »Eines ist gewiß, Kirby Winter. Meine Tante darf nie in den Besitz einer solchen Sache kommen. Niemals. Sie hat sich alle erdenklichen Sonderrechte erkauft, und sie setzt sie gnadenlos ein.«
    Im Korridor erklangen plötzlich eilige Schritte, Stimmengemurmel und dumpfes Hämmern.
    Über dem Bett zischten und klickten elektronische Schaltkreise, dann kam Charlas Stimme, und der Lautsprecher verstärkte die tiefen, schnurrenden Töne.
    »Meine Lieben! Welches Glück, das ich diese Gegensprechanlage eingeschaltet ließ! Und wie froh bin ich, daß wir Geduld genug hatten zu lauschen. Der gute Joseph besaß sogar die Geistesgegenwart, nach den ersten Worten ein Tonband einzuschalten. Wir können es wieder abspielen, wenn uns noch Hinweise fehlen. Aber wahrscheinlich wissen wir genug. Wie hast du es ausgedrückt, meine Liebe? Eine Möglichkeit, die Zeit auszuschalten. Ich habe plötzlich meinen Respekt vor Omar Krepps verloren. Er hat mit diesen Möglichkeiten vergleichsweise nur sehr wenig unternommen. Solange ich spreche, kann ich euch natürlich nicht hören. Das Geräusch, das ihr gehört habt, war ein Balken, der zwischen eure Tür und die gegenüberliegende Wand des Korridors getrieben wurde. Euer Wunderding kann offenbar keine Gefängniswände schmelzen. Ich hoffe es jedenfalls. Wir haben euch zumindest in eine Sackgasse geführt, stimmt es? Das gibt allen Zeit zum Nachdenken.«
    Kirby fröstelte, und er sah Betsy an. Ihre Augen waren geschlossen, und sie biß sich auf die blutleeren Lippen. »Ich habe es nicht gewußt«, flüsterte sie. »Wirklich nicht. Aber da ich sie kenne, hätte ich es mir denken können.«
    Er ging zu ihr und legte seine Lippen an ihr Ohr. »Wir müssen sie nur dazu bringen, die Tür zu öffnen.«
    »Es ist wirklich köstlich«, fuhr Charla fort. »Was wir gesucht haben, war diese alte goldene Uhr, die Sie mir gezeigt haben, Kirby. Das kleine Fernrohr ist eine charmante Draufgabe. Ich habe eher eine Formel erwartet, Berechnungen oder etwas in der Art. Aber das ist noch viel praktischer; ein tragbares, nützliches, unverfängliches Ding. Was hast du gesagt, Joseph? Entschuldigt mich einen Augenblick, meine Lieben.«
    »Verdammte Hexe!« sagte Betsy deutlich.
    Charlas Stimme kam wieder durch den versteckten Lautsprecher. »Joseph hatte einen sehr guten Einfall. Wir werden ein Loch in die Stahltür brennen, das gerade groß genug für die Uhr ist. Dann könnt ihr sie durchreichen. Andernfalls werden sich die Dinge für euch äußerst unerfreulich entwickeln.«
    Als das Zischen der Verbindung aufhörte, sagte Kirby: »Bevor ich das tue, Charla, nehme ich die Uhr an der Kette und schmettere sie gegen die Stahltür, bis ich sicher bin, daß nur noch unbrauchbarer, nicht mehr zu identifizierender Schrott übrig ist.«
    »Gönnst mir nicht, was du nicht haben kannst, was?«
    »Genau.«
    »Gut geblufft, Kirby.«
    »Kein Bluff, Charla. Ich leide an einer chronischen Krankheit, die Verantwortungsbewußtsein heißt. Ich besitze Ehre. Bevor ich zulasse, daß du sie verwendest, zerstör ich sie lieber.«
    »Ehrgefühl und Edelmut verwirren mich«, entgegnete Charla. »Ist das nicht traditionellerweise

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