Das Maedchen mit dem Flammenherz
habe, und er habe ihnen das alles nur erzählt, weil er fürchtete, Jasper und Finley könnten von Dalton in schlimme Dinge hineingezogen werden.
»Vielleicht könnten Sie so freundlich sein, Ihnen dies mitzuteilen?«, sagte Kirby. »Ich nehme an, Sie reden mit Ihrem Mädchen, ehe ich auch nur in die Nähe der beiden komme. Dalton ist ein übler Bursche, und er wird sie mit sich in den Untergang reißen, wenn er es kann.«
Griffin erwiderte den Blick des Mannes. »Warum haben Sie es auf Dalton abgesehen?«
Der Marshall trank seinen Kaffee aus. »Er hat dem Bruder meiner Frau übel mitgespielt und ist für den Tod eines guten Freundes verantwortlich. Die Liste seiner Verbrechen ist länger als mein Arm, aber bisher konnte man ihm nie etwas nachweisen. Wenn ich ihn hier auf frischer Tat ertappe, kann ich beantragen, ihn nach San Francisco auszuliefern, damit er dort vor Gericht gestellt wird.«
»Wenn wir Ihnen helfen, ihn zu schnappen, werden Sie dann Jaspers und Finleys Beteiligung vergessen?«
»Soweit es mich betrifft, sind sie genau wie ich dabei, Dalton zur Strecke zu bringen.«
Griffin nickte. »Ich nehme an, Dalton wird morgen Abend im Olympia Theatre sein. Ich gebe Ihnen Bescheid, wenn ich es mit Sicherheit weiß. Von jetzt an werden Sie alles erfahren, was wir wissen.«
»Ich werde es genauso halten. Sie sollten Rale informieren, dass ich nicht die Absicht habe, das arme Mädchen zu bestrafen. Sie ist gestraft genug. Ich will ihn nur von dem Mordverdacht reinwaschen.«
»Ich gebe das weiter.« Außerdem wollte er Jasper fragen, warum dieser Mann all diese Mühen auf sich nahm.
»Dann sollte ich jetzt besser gehen.« Der ältere Mann nahm seinen verbeulten Hut vom Tisch und setzte ihn sich auf. »Danke für den Kaffee.«
Griffin erhob sich steifbeinig und brachte ihn zur Tür. Kirby nannte ihm seine Adresse. Sein Hotel verfügte über Telegrafenmaschine und Telefon, aber Griffin wollte nichts benutzen, was abgehört oder überwacht werden konnte. Er wollte lieber einen Boten schicken oder persönlich kommen, wenn es ihm möglich war.
Als der Marshall die Tür hinter sich geschlossen hatte, lehnte sich Griffin erschöpft an die Wand.
»Du hast dich übernommen«, schalt Sam ihn und half ihm ins Bett. »Du dickköpfiger Trottel.«
»Das musst du gerade sagen«, gab Griffin zurück. »Ich glaube, ich brauche noch eine starke Tasse von Emilys Organellentee.« Kaum dass er es ausgesprochen hatte, war Sam schon ans Telefon geeilt und bestellte in der Küche heißes Wasser.
»Was würde ich nur tun, wenn ihr euch nicht alle um mich kümmern würdet?«, fragte Griffin. Es klang vielleicht eine Spur unwirscher, als er beabsichtigt hatte. In diesem Moment kam er sich vor wie das schwache Glied in der Kette, die seine Gruppe bildete. Sicher, er konnte kämpfen, aber nicht so wie Finley oder Sam, und bei ihm heilten die Wunden auch nicht so schnell. Emily war viel klüger als er, und Jasper war dank seines Tempos fast unangreifbar. Gewiss, er konnte die Ätherenergie heraufbeschwören, aber ein heftiger Schlag auf den Kopf schaltete ihn aus. Er war viel zu verletzlich und hasste sich selbst dafür.
Sam funkelte ihn an. »Tust du dir schon wieder selbst leid? Gut so. Ich meine, schau dir nur an, wie armselig dein Leben ist.«
»Sarkasmus steht dir überhaupt nicht gut«, gab Griffin zurück, während er sich von Jacke und Stiefeln befreite. Schon bei dieser einfachen Tätigkeit bekam er Schweißperlen auf der Stirn. Er war schwach wie ein Kind.
»Und Trübsalblasen passt nicht gut zu dir. Ich kann verstehen, dass du dich schwach fühlst. Wenn du das ändern willst, dann ändere es. Aber um Himmels willen, hör auf, deshalb zu jammern.«
Griffin zog eine Augenbraue hoch. »Höre ich da die Stimme der Erfahrung?«
Sam sah ihn finster an. »Das weißt du ganz genau, du Riesenarsch. Du hältst dich für hilflos, aber Emily und ich konnten nicht einmal sehen, was dich angegriffen hat. Was glaubst du, wie sich das angefühlt hat?« Während er sprach, packte er Griffin bei den Armen und hob ihn aufs Bett, wo die Kissen bereits einladend aufgetürmt waren. Manchmal war es gar nicht so übel, Freunde zu haben, die viel stärker waren als man selbst.
»Ich bin wohl tatsächlich etwas hilflos«, gestand Griffin verlegen ein.
»Ganz genau.« Es klopfte. »Da kommt das Wasser für deinen Tee. Du bleibst im Bett, verstanden?«
Griffin nickte und kämpfte gegen ein Grinsen an. Manchmal war Sam eine richtige Glucke.
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