Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Mädchen mit dem zweiten Gesicht

Das Mädchen mit dem zweiten Gesicht

Titel: Das Mädchen mit dem zweiten Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Random House
Vom Netzwerk:
sich nicht mehr als Katholikin. »Du gehörst jetzt zu uns« , hatte Nicolas gesagt, under hatte recht. Unabhängig von ihrem Glauben verspürte sie zu den Menschen hier eine Zugehörigkeit, die sie niemals zuvor empfunden hatte. Und sie hatte das Gefühl, sie schützen zu müssen, wurde ihr klar. Eine unheilvolle Unruhe ergriff sie, als sie sich erneut an Lebruns Worte erinnerte, dass es zu einem Angriff in Noyers kommen könnte. Madeleine dachte an die Menschen hier, an die Frauen und Kinder. Sie befanden sich in Gefahr. Am Morgen hatte es eine Besprechung mit dem Admiral und dem Prinzen de Condé gegeben, doch es sah auf dem Anwesen nicht danach aus, als hätte man daraufhin einen Aufbruch oder eine Abreise beschlossen. Sie musste mit Nicolas sprechen und ihn warnen, schoss es Madeleine durch den Kopf. Auch wenn sie nicht wusste, wie sie das tun sollte. Schließlich konnte sie ihm schlecht erzählen, woher sie ihre Informationen hatte. Irgendetwas würde ihr schon einfallen, beschloss sie und verließ eilig ihre Kammer.
    Suchend lief sie durch das Schloss. Sie entdeckte Nicolas schließlich im Hof; er stand mit Monsieur Bruno zusammen – ausgerechnet! Mit schnellen Schritten lief Madeleine auf ihn zu.
    »Wenn Ihr es für nötig befindet, für Eure Tätigkeiten das Schloss zu verlassen, ist das Eure Angelegenheit. Aber Ihr werdet Mademoiselle Kolb nicht noch einmal mitnehmen«, hörte sie Nicolas mit mühsam unterdrückter Wut sagen, als sie näher kam.
    Madeleine sah, wie Monsieur Bruno betreten nickte. Nicht im Entferntesten hätte sein Verhalten mutmaßen lassen, dass es sich bei ihm um einen Spitzel des königlichen Geheimdienstes handelte. »Es war eine schwere Geburt, und ich brauchte dringend eine helfende Hand«, erklärte der Chirurg und wandte sich mit einem Nicken hastig zum Gehen, als er Madeleine bemerkte.
    Nicolas drehte sich zu ihr. »Hast du vergessen, dass dich die Guise sogar aus Châtillon entführt haben?«, fragte er schneidend. »Wie kannst du hier nur das Schloss verlassen? Es wimmelt überall von Spionen«, fuhr er sie an.
    »Es war leichtsinnig. Ich weiß«, entgegnete sie knapp. Seine Vorwürfe waren leider nur zu berechtigt. Doch sie hatte Doktor Bruno blind vertraut. »Nicolas, was habt ihr auf der Besprechung heute beschlossen? Werden wir Noyers verlassen?«, fragte sie dann mit angespannter Miene, als sie wieder die Schlosshalle betraten.
    »Nein, wir bleiben. Vorerst. Es wäre ohne Frage das Sicherste, sich nach La Rochelle zu begeben, aber der Admiral und der Prinz befürchten, dass die Reise zu viele Gefahren birgt. Zu Recht – es sind Frauen und Kinder dabei«, erklärte er zögernd. Sein Tonfall verriet seine Besorgnis. »Wir hoffen alle, dass wir uns über die Absichten der Truppen täuschen, die wir gesichtet haben …«, fügte er hinzu.
    Madeleine war plötzlich stehen geblieben. »Nicolas, ihr müsst hier weg! Du musst den Admiral und den Prinzen de Condé überzeugen, dass ihr Noyers verlassen müsst! Ihr seid hier nicht sicher«, sagte sie beschwörend.
    Er schaute sie überrascht an. Dann packte er ihr Handgelenk und zog sie mit sich, hinter eine der steinernen Säulen. »Wie kommst du darauf?« In seinem durchdringenden Blick lag etwas, das ihr Angst machte.
    Es gab nur eine Möglichkeit, es ihm zu erklären, wurde ihr bewusst. Sie senkte den Kopf. »Ich … ich habe es gesehen!«
    Seine Finger ließen ihr Handgelenk los. » Gesehen?« Er beugte sich zu ihr. »Du hast eine Vision gehabt?«
    Sie nickte. Es war furchtbar, ihm das vorzumachen. Sie fühlte sich, als würde sie ihn betrügen.
    »Wann?«, fragte er.
    »Vorhin, als ich mit Monsieur Bruno zurück zum Schloss ge fahren bin. Es war anders als sonst – wie ein Tagtraum«, versuchte sie zu erklären, da ihr die Visionen sonst immer unmittelbar vor den Ereignissen erschienen waren und Nicolas das wusste. »Aber ich weiß, dass es geschehen wird!« Sie sah ihn aufgelöst an, weil sie befürchtete, er könnte ihr nicht glauben.
    »Bist du sicher?«, fragte er mit ruhiger Stimme.
    Sie nickte noch einmal. »Ja, man wird euch angreifen!«, sagte sie.
    Er blickte sie an. Dann drehte er sich abrupt auf dem Absatz um und lief mit schnellen Schritten durch die Halle.

23. August 1568 …

105
    S ie waren mitten in der Nacht aufgebrochen. Die Dunkelheit zwang sie zwar zu einem langsamen Tempo, doch sie bot ihnen die Sicherheit und den notwendigen Schutz, den sie brauchten.
    Die Müdigkeit ließ Madeleine trotz der milden

Weitere Kostenlose Bücher