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Das Mädchen mit dem zweiten Gesicht

Das Mädchen mit dem zweiten Gesicht

Titel: Das Mädchen mit dem zweiten Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Random House
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als sich in der Ecke über den Rand einer der Boxen ein schwarzer Pferdekopf schob, der bei ihrem Anblick laut schnaubte.
    »Apollo!« Erfreut schaute sie zu dem Rappen, mit dem sie von La Bonnée nach Châtillon gekommen war. Sie ging auf den Hengst zu und strich ihm über das glänzende Fell. Seit ihrer Ankunft hier hatte sie ihn nicht mehr gesehen, doch das Pferd schien sich angesichts der gemeinsam erlebten Abenteuer noch genauso gut an sie zu erinnern wie sie selbst. »Na, mein Guter, wie geht es dir?«, fragte sie.
    Der Rappe stupste sie sanft gegen die Schulter. Fast kam es ihr vor, als hätte sie einen alten Freund wieder getroffen. Sie wünschte, sie hätte einen Apfel oder eine Möhre bei sich gehabt. »Tut mir leid, ich habe nichts mit«, sagte sie und tätschelte ihn.
    »Da scheint dich jemand vermisst zu haben«, sagte eine raue Stimme hinter ihr.
    Ohne die Hand von Apollos Hals zu nehmen, drehte sie sich herum.
    Nicolas de Vardes kam vom Eingang des Stalls auf sie zugeschlendert. Sie spürte, wie sich ihr Herzschlag beim Anblick seiner breitschultrigen Gestalt unwillkürlich beschleunigte.
    Er deutete auf den Rappen. »Er sieht jedenfalls ganz danach aus«, stellte er amüsiert fest.
    »Wohl kaum, ich bin mit Sicherheit die schlechteste Reiterin, die er jemals gehabt hat«, erwiderte sie mit einem schiefen Lächeln.
    Vardes war vor ihr stehen geblieben. »Das sieht er wahrschein lich anders.« Er klopfte dem Hengst auf die Schulter. »Pferde haben ein untrügliches Gefühl dafür, wem sie vertrauen können!«, sagte er, ohne den Blick von ihr zu nehmen.
    Sie schwieg. »Ihr meint, anders als Menschen?«, entgegnete sie dann.
    Ein kaum wahrnehmbares Lächeln umspielte seine Lippen, denn er hatte die Herausforderung, die in ihrem Tonfall lag, durch aus gehört. »Vielleicht!«
    Einen Moment lang blickten sie sich beide nur an. »Einer der Knechte sagte mir, dass du mich gesucht hast?«, fragte er dann.
    Sie nickte. Ihre Hand strich über das schwarze Fell. »Ja, ich wollte mit dir reden …«
    Er nahm die Hand von dem Hals des Pferdes und lehnte sich gegen die Boxenwand. »Mit mir reden? Tatsächlich?«
    Etwas an der Art, wie er demonstrativ die Arme über der Brust verschränkte, verriet ihr, dass es schwieriger werden würde, als sie gedacht hatte.
    Ihre Augen hefteten sich kurz auf Apollos Kopf, doch dann sah sie ihn an.
    »Ja, das wollte ich.«
    »Und weswegen?«
    »In der Nacht, als wir uns auf der Terrasse gesehen haben …«, fing sie an.
    »Du meinst, als ich dich geküsst habe und wir dann leider unterbrochen wurden, bevor du meine Fragen beantworten konntest?« Sein Tonfall klang gefährlich samtig.
    »Ich wollte dir etwas sagen«, erklärte sie, ohne auf seine Bemerkung einzugehen.
    Er musterte sie. »Willst du mir erzählen, was bei dem Anschlag im Wirtshaus und auf der Lichtung im Wald wirklich geschehen ist?«
    Trotz der Wärme in seiner Stimme, versetzte ihr die Unbeirrbarkeit, mit der er darauf zu sprechen kam, einen leisen Schreck. Sie war sich plötzlich nicht sicher, ob es nicht doch ein Fehler war, das Gespräch mit ihm zu suchen. Sie schüttelte den Kopf und sah zu ihm hoch. »Nein, das kann ich nicht«, erwiderte sie. Sie straffte die Schultern. »Aber ich bitte dich, mir zu glauben, dass das nichts mit dir oder irgendjemand anderem zu tun hat, sondern allein mit mir.«
    Er schwieg und fasste sie an der Schulter. »Du irrst dich, Madeleine!«, sagte er dann. »Was immer du nicht bereit bist zu erzählen, hat schon lange nichts mehr nur mit dir zu tun. Das solltest du spätestens verstanden haben, seitdem du in einen der größten Machtkämpfe dieses Landes hineingeraten bist«, fügte er hinzu.
    »Das war weiß Gott nicht meine Absicht …«, entgegnete sie aufgebracht und hielt im selben Moment inne. Vom Eingang des Stalls war das Geräusch von Schritten und Hufschlägen zu hören.
    Vardes zog sie mit sich zur Seite. Man konnte hören, wie vorn einer der Knechte ein Pferd in den Stall brachte. Er sprach mit einem anderen Mann. Dann entfernten sich die Schritte. Sie waren wieder allein. Sie sah ihn an. Er stand so dicht vor ihr, dass sie die Wärme seines Körpers spüren konnte. Plötzlich strich er ihr durchs Haar und beugte sich zu ihr. Sein Kuss war verwirrend sanft, als er sie an sich zog. Sie konnte durch den dünnen Stoff ihres Kleides seinen Körper fühlen, und einen Moment war alles wie ausgeblendet, als sie sich voller Verlangen seiner Umarmung hingab. Etwas zog sie so

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