Das Maedchen mit den Schmetterlingen
Kosten Witze gemacht wurden. Er wog die verschiedenen Aspekte seiner Situation ab, leerte sein Glas und trat die Flucht in die nächste Kneipe an. Als er die Tür hinter sich zuwarf, brandete lärmendes Gelächter auf.
Das Gejohle verstummte, als Jimmy Kelly aus dem Hinterzimmer an den Tresen trat. Die Gäste beäugten seinen dürren, ausgemergelten Körper. Schweigen breitete sich aus, und alle hatten ein schlechtes Gewissen, weil sie sich über Jimmys Schwester lustig gemacht hatten, wo der arme Kerl doch sein ganzes Hab und Gut verloren hatte.
Jimmy hob sein Glas und lachte laut. »Auf meine neue Nichte! Möge ihr Haar niemals schwarz werden!«
Erneutes Gelächter brandete auf, und Mauras Bruder schämte sich nicht. Er war ein kranker Mann, ohne Haus und Hof, sein einziges Vergnügen waren ein paar Drinks mit den Leuten hier in der Kneipe, den Leuten, die er schon ein Leben lang kannte. Das würde er sich nicht nehmen lassen, nur um für die Ehre seiner Schwester geradezustehen.
Michael Byrne fühlte sich in Massey’s Pub am anderen Ende des Dorfes deutlich willkommener. Schweigend saß er an der Theke, kippte nach jedem Bier einen Schnaps und versuchte vergeblich, das Gejohle der Männer im Slattery’s aus seinem Kopf zu verbannen. Er hatte das Gefühl, als säßen sie neben ihm, verhöhnten ihn, lachten ihm ins Gesicht.
»Bist du ein Mann, oder was? Lässt seine Frau fremdgehen!«
»Wer hat bei euch eigentlich die Hosen an?«
»Du Memme, hast wohl Angst vor Mädchen?«
Spottverse aus seiner Kindheit holten ihn ein und quälten ihn, während der viele Whiskey ihn schwindelig machte. Seine Lippen formten lautlose Erwiderungen, manche sprach er auch laut aus. Die Leute starrten ihn an, als er mit den Armen fuchtelte, um eingebildete Angreifer abzuwehren, bis der Wirt ihn vor die Tür setzte.
Auf dem Heimweg wurden die Stimmen immer quälender.
»Idiot!«
»Wer hat die Hosen an?«
»Zeig ihr, wer der Boss ist!«
»Jawohl!«, brüllte Michael.
»Die kann doch froh sein, dass du sie überhaupt genommen hast. Diese Hure!«
»Ganz genau, verdammt noch mal. Ich werd’s der Schlampe schon zeigen, wer der Mann im Haus ist!« Michael spuckte in die Dunkelheit.
Als er den Hof erreichte, saß Maura auf der Bettkante und stillte Kate. Sie hörte ihn krachend gegen den Kinderwagen draußen im Flur prallen und lauthals fluchen.
»Gottverdammte Schlampe, du, dir werd ich’s zeigen!«
Sie erstarrte vor Angst. Sie wusste mittlerweile, was auf sie zukam.
Michael riss die Tür auf und sah Maura mit wildem Blick an. Er löste seinen Gürtel und kam näher, während sie sich auf der Bettkante zusammenkauerte. Maura nahm an, dass er sie schlagen wollte, und fuhr hoch, das Baby fest an sich gepresst. Dann sah sie zu Tode erschrocken und vollkommen verwirrt zu, wie er sich auszog und schließlich nackt vor ihr stand. Noch nie in ihrer gesamten Ehe hatte sie ihn so gesehen.
»Ich werd’ dich lehren, was passiert, wenn du mich zum Gespött machst, du Hure!«
Maura öffnete den Mund, brachte jedoch keinen Laut heraus. Ihr Verstand weigerte sich zu glauben, was gleich geschehen würde.
»Leg das Kind weg«, war alles, was er sagte.
Sie gehorchte. Dann packte er sie und zerrte sie an den Haaren auf den kalten Steinboden.
Maura Byrne hatte nicht gewusst, dass ein Mann dazu fähig war. Er hatte sie nicht geschlagen, es gab keine blauen Flecken, aber er hatte ihr etwas viel Schlimmeres angetan, etwas völlig Unbegreifliches. Sie hatte gedacht, dass er nicht an ihr interessiert war, dass er überhaupt nicht an Frauen interessiert war. Nachdem er endlich von ihr abgelassen hatte, setzte sie sich auf, ging zur Küchenspüle, befeuchtete ein Handtuch, kehrte in ihr Zimmer zurück und versuchte verzweifelt, die Scham, die Erniedrigung abzuwaschen, doch es war sinnlos. Am Morgen ging sie wieder ihrer täglichen Arbeit nach, verdrängte die Tränen, während sie sich um Seán kümmerte, der seit Kates Geburt sehr fordernd geworden war. Ihrer Mutter konnte sie nichts erzählen, sie hätte nur gesagt: Wie man sich bettet, so liegt man. Unvorstellbar, dass sie so etwas jemals zu ihrer Tochter sagen würde. Zweimal hatte sie versucht, von der Telefonzelle im Dorf aus Éamonn in seiner Kanzlei in Dublin anzurufen, die Nummer hatte sie in ihrer Handtasche immer bei sich. Aber beide Male hatte sie hastig aufgelegt, als die Stimme der Sekretärin ertönte. Sie hatte auf ein Lebenszeichen von ihm gehofft, er hatte sich doch
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