Das Maedchen mit den Schmetterlingen
war nicht besonders erfreut über dessen Rückkehr. Er wünschte dem Mann nichts Schlechtes, und es tat ihm leid, dass er so krank war, aber er spürte auch, dass Seán Byrne ihn nicht mochte und vermutlich nicht sonderlich positiv reagieren würde, wenn er erfuhr, dass Dermot ein Auge auf seine Schwester geworfen hatte. Jeder Narr konnte sehen, dass Seán von Kate abhängig
war und er auf niemanden gut zu sprechen sein würde, der vorhatte, sie zu entführen. Aber wohin sollte er Kate eigentlich entführen? Sein Vater hatte seit Monaten nichts mehr von sich hören lassen, das einzige Lebenszeichen von zu Hause war eine Einladung zur Hochzeit seiner Schwester im Januar. Er hatte sich noch nicht entschieden, ob er überhaupt hinfahren sollte, da ihm sein überstürzter Aufbruch von zu Hause immer noch unangenehm war und er weitere Auseinandersetzungen mit seinem Vater scheute. Außerdem war ihm klar, dass er, wenn das zwischen Kate und ihm etwas Ernstes werden würde, auch Ben und Tess mit aufnehmen musste, was eingestandenermaßen nicht gerade das Eheleben war, das ihm vorgeschwebt hatte. Aber wenn er Kate haben wollte - und das wollte er -, dann würde sie ihre beiden jüngeren Geschwister mitbringen, und das war auch richtig.
Als er die Küche betrat, erledigte Kate gerade den Abwasch und summte vor sich hin. Sie hatte ihn nicht hereinkommen sehen und fuhr erschrocken hoch, als die Hintertür krachend ins Schloss fiel.
»Oh! Dermot, hast du mich erschreckt!«
»Tut mir leid. Ich war mal wieder zu schwungvoll!«
Er beugte sich vor, um sie zu küssen, doch Kate wich ihm aus und deutete zum Fenster, wo ihr Bruder vergeblich versuchte, den Traktor zu reparieren.
Dermot konnte seinen Unmut nur mühsam verbergen. »Irgendwann müssen wir’s ihm sagen, das weißt du.«
»Ich weiß, aber jetzt nicht. Wir warten, bis er sich wieder eingewöhnt hat, okay?«
Dermot warf einen Blick aus dem Fenster, wo Seán völlig kopflos den Motor auseinandernahm.
»Er lässt mich nicht ran. Dabei wäre ich schon längst fertig. Keine Ahnung, was mit ihm los ist.« Er war immer noch
verärgert, dass Seán ihn vorhin einfach weggeschickt und ihm eine andere Arbeit aufgetragen hatte, ohne bitte und danke.
»Ach, lass ihn einfach. Er hat ja schon lange nichts mehr gemacht. Du brauchst den Traktor heute doch gar nicht, oder?«
»Nein.«
»Na also. Wenn er bis morgen noch nicht fertig ist, rede ich mit ihm. Einverstanden?« schloss Kate aufmunternd, immer bemüht, es allen recht zu machen.
Dermot zuckte mit den Schultern. Hoffentlich hatte Kate nicht vor, ihren sauertöpfischen Bruder ständig in Schutz zu nehmen.
»Kate, wegen Tess …«
Skeptisch blickte Kate vom Abwasch auf. Tess hatte heute Morgen schon gebettelt, ihr einen zweiten Versuch beim Praktikum zu erlauben. Sie hätte wissen müssen, dass ihre kleine Schwester versuchen würde, Dermot mit ins Boot zu ziehen. Misstrauisch hörte sie ihn an.
»Kate, sie kommt sich hier ganz verloren vor. Sie hat nichts zu tun hier.«
»Nein, Dermot. Du hast sie ja nicht erlebt. Sie war vollkommen außer sich. Das kann ich ihr nicht noch einmal zumuten, das kann ich einfach nicht.«
Schweigen machte sich in der Küche breit. War das ihr erster Streit, ihre erste Meinungsverschiedenheit?
»Ich weiß sowieso nicht, warum sie ausgerechnet dort noch mal hinwill. Sie hat fast alles missverstanden und …«
»Sie will aus ihren Fehlern lernen, Kate. Wollen wir das nicht alle?« Er strich ihr zärtlich übers Gesicht, nachdem er sich vergewissert hatte, dass Seán sie nicht sehen konnte. »Und …« Dermot war klar, dass er sich auf dünnem Eis bewegte. »Und irgendwie scheint sie sich in Seáns Gegenwart nicht wohl zu fühlen. Ich will mich nicht in eure Familienangelegenheiten
einmischen, Kate, aber irgendwie habe ich das Gefühl, als hätte sie … nun … als hätte sie Angst vor ihm.«
Kate nickte. Nach Tess’ Rückkehr war ihr die Spannung zwischen den beiden auch aufgefallen. Warum Seán so unfreundlich zu Tess war, warum er sie immer anbellte, wenn sie nicht schnell genug reagierte, war ihr ein Rätsel. Vor Michael Byrnes Tod war er entschieden netter mit ihr umgegangen.
»Ich weiß, Dermot. Ich weiß, wie schlecht er sie behandelt. Ich habe schon versucht mit ihm darüber zu reden, aber es ist sinnlos. Er hört nicht auf mich.«
»Dann gib ihr doch wenigstens die Gelegenheit, für ein paar Stunden am Tag hier rauszukommen. Gib ihr die Chance, aus ihren Fehlern zu
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