Das Maedchen und der Magier
nehme dich, Jenna ..."
Ein Ring, schoss es ihm durch den Kopf. Eine Heirat ohne Ring war keine richtige Heirat.
Vielleicht hatte es deshalb nicht geklappt. Er starrte auf den silbernen Ring an seiner rechten Hand. Er hatte ihn sich damals mit dem ersten Geld gekauft, das er mit seiner Zauberkunst verdient hatte. Der Ring war sein Talisman, sein Glücksbringer. Er zog ihn vom Finger.
„Nein!" Jenna wich zurück. „Das darfst du nicht tun."
„Ruhig", sagte er mit rauer Stimme und streifte ihn ihr über den Ringfinger der linken Hand.
„Kraft des mir vom Staate Nevada verliehenen Amtes erkläre ich Sie alle ein zweites Mal zu Mann und Frau." Der Friedensrichter nahm die Brille ab und lächelte. „Gentlemen, Sie dürfen Ihre Braut küssen!"
Die Kapelle hallte von Jubelrufen und fröhlichem Gelächter wider. Vierzig Ehemänner nahmen vierzig Ehefrauen in die Arme und küssten sie auf vertraute Lippen.
Chase beugte sich zu seiner Braut hinab.
„Hör auf!" zischte Jenna. „Er beobachtet uns."
„Na und?" Chase presste seinen Mund auf ihren.
Es war ein flüchtiger Kuss und vorbei, bevor er richtig begonnen hatte. Und doch war er bedeutsamer als der leidenschaftliche vom Abend zuvor.
„Jenna." Seine Stimme war wie ein Streicheln.
Sie lächelte. „Chase."
Sie spürte etwas Neues, Wunderbares in sich, aber es verflog, bevor, sie es festhalten konnte.
„Es ist soweit", sagte Chase, als der Friedensrichter zu ihnen kam. „Der Moment der Wahrheit."
„Gut gemacht", lobte Jenna lächelnd und gab dem Mann die Hand. „Die Papiere, die Sie unterschreiben müssen, liegen in meinem Büro."
Der Mann nickte. „Sie sind eine seltsame Frau, Miss Grey. Eine äuß erst seltsame Frau.
Vorhin dachte ich, Sie küssen jemanden, aber jetzt sehe ich, dass niemand bei Ihnen ist."
„Wie eigenartig!" Sie lachte. „Dieser Hochzeitsvirus muss ansteckend sein."
„Verdammt." Chase wedelte mit der Hand vor der Nase des Friedensrichters. „Er kann mich nicht sehen."
Sie sah erst Chase, dann den anderen Mann an. Kein Zweifel. Er hatte keine Ahnung, dass Chase neben ihm stand. Freude und Enttäuschung kämpften in ihr, aber die Freude gewann mühelos.
Jetzt trennte sie nichts mehr von Chase, jedenfalls nichts Wesentliches.
Es war alles so aufregend und riskant und ... richtig, dass sie sich abwenden musste, damit ihr Ehemann ihr triumphierendes Lächeln nicht sah.
Chase dachte gerade an Jennas Lächeln, als es geschah. In der einen Sekunde betrachtete er ihren linken Mundwinkel mit dem anmutigen Grübchen daneben, in der nächsten fiel er in einen Abgrund, in dem es kein Licht und keine Geräusche gab, nur das Wissen, dass er seine Frau nie Wiedersehen würde.
Er wurde nicht nur unsichtbar und blieb ansonsten bei Jenna. Diesmal spürte er den Sog der Finsternis und ahnte, dass er für immer verlo ren war, wenn er ihm nicht widerstand.
Und dann, einen Wimpernschlag später, stand er wieder neben ihr, während der Friedensrichter auf sie einsprach.
Eine Warnung, dachte er, als er ihr ins Büro folgte. Eine Erinnerung daran, dass ihm kaum noch Zeit blieb.
Bei „Traumhochzeit" wurde für das Personal und die Gäste ein kaltes Büffet ausgerichtet.
Jenna wartete darauf, dass der erste Ansturm sich legte und nahm sich zwei Teller. Sie belud sie mit Shrimpssalat, gegrilltem Hühnchen, Pfeffersteak mit Zwiebeln und zwei verschiedenen Nudelgerichten. Sie wollte gerade nach dem Brot greifen, als sie jemanden neben sich spürte.
Leider war es nicht Chase.
„Jenna? Was ist los mit dir?" fragte Liz besorgt.
Jenna starrte auf die Teller. „Was soll ich sagen? Ich konnte einfach nicht widerstehen."
„Das willst du doch wohl nicht alles essen?"
„Ich wollte es versuchen."
Arme Liz. Die Frau verstand die Welt nicht mehr.
„Isst du öfter so?" fragte Liz.
„Ich..."
Liz legte ihr eine tröstende Hand auf den Arm., ,Ich habe das manchmal auch getan, aber auf Dauer ist es ungesund." Sie nahm Jenna die Teller ab und stellte sie auf die Anrichte. „Ich zeige dir etwas Besseres ..."
„Grässlich." Chase schob die Sojasprossen auf seinem Teller herum. „Nicht einmal eine Ziege würde das hier fressen. Dieses Zeug schmeckt dir doch nicht etwa, oder?"
Jenna wich seinem Blick aus. „Doch, das tut es."
Er kaute auf seinen Sojasprossen herum. „Schmeckt wie Sägespäne."
Jennas Nerven waren zum Zerreißen gespannt. Ihre Gefühle waren so wechselhaft wie der Wüstenwind, mal kalt, mal heiß. Erst wollte sie vor Rührung
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