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Das Mädchen und der Schwarze Tod

Das Mädchen und der Schwarze Tod

Titel: Das Mädchen und der Schwarze Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Falkenhagen
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mit Armen und gespreizten Beinen an ihm festklammerte. Dabei schüttelte sie wild ihre rote Mähne, bleckte die Zähne und lachte kreischend. Der Mann fasste ihr mit der freien Hand unter das Hinterteil, um sie besser festhalten zu können, und raffte schon ihre Röcke hoch. Dann taumelte das Paar weiter, während sich einige der Umstehenden unflätig über das Gerempel beschwerten. Marike rieb sich die Schulter und blickte dem betrunkenen Freier und der Hure nach, die sie noch nicht erkannt zu haben schien.
    »Marike! Da ist Lynow mit der Fiedlerin!«, flüsterte Lyseke in fasziniertem Entsetzen.
    Marike nickte nur. Den Mann zu finden war leichter gewesen, als sie gedacht hatte. Nun musste sie nur noch unauffällig herausfinden, warum er hier war.
    Die Hübscherin zog den Mann in eine Ecke zu einem Fass, strich ihren Lohn ein, knotete dem Mann die Wäsche auf, hockte sich mit gerafften Röcken rittlings auf das Holz und öffnete sich ihm. Als der Freier dann ruckartig mit ihr zu kopulieren begann, schaute die Hure über seine Schulter recht gelangweilt in der Gegend herum und begegnete Marikes neugierigem Blick. Die merkwürdigen Augen der Hübscherin leuchteten auf, als sie Marike erkannte, dann kroch Spott in den Blick, und sie wandte sich nicht ab, sondern hielt im Gegenteil herausfordernd Blickkontakt mit Marike, während sie ihren Freier abfertigte.
    »Seine Tochter Gertrude wird vor Schande im Boden versinken …«, hauchte Lyseke gebannt.
    »Nicht tiefer als du, wenn du ihr erklären musst, woher du von der Sache weißt, oder?«
    »Tja … hmm«, ließ Lyseke gedehnt verlauten. »Da hast du wohl recht.«
    Marike wünschte, sie könnte den Abstand zwischen sich und dem Paar vergrößern, damit der Schmied sie nicht erkannte. Doch gleichzeitig fürchtete sie, ihn im Gedränge zu verlieren. Nachdenklich lugte sie zu der Hure und ihrem Freier hinüber.
    »Schau, dort ist ein Schauspiel!« Lyseke deutete in eine Richtung und wollte Marike schon mit sich ziehen. Die Menge war inzwischen an den beiden Freundinnen vorbei zu dem Spektakel gestrebt, auf das Lyseke jetzt zeigte. Marike sah sich noch einmal nach der Fiedlerin um. »Geh nur weiter nach vorne, Lyseke, ich komme gleich!« Die Freundin folgte neugierig ihrem Blick. »Dummchen, hier finden wir einander doch nie wieder! Ich komme mit. Glaubst du wirklich, die Frau weiß irgendetwas von Lynows Absichten?«
    »Ich weiß es nicht«, erwiderte Marike. »Aber ich will es herausfinden.«
    Also machten die beiden Hand in Hand kehrt und gingen vorsichtig auf die Fiedlerin zu, dabei stets peinlich darauf achtend, sich hinter einer Gruppe Schauerleuten zu halten, die gerade ihr Wasser an einer Hauswand abschlugen. Der massige Schmied war mit der Hure fertig und band fahrig seine Beinkleider zu. Just schaute er mit hochrotem Schädel auf und begegnete so Marikes Blick. Seine Augen wirkten glasig. Schnell neigte sie den Kopf und zog das Tuch tiefer ins Gesicht. Hatte der Mann sie erkannt? Ihr Herz pochte heftig in der Brust. Sie klammerte sich an Lysekes Hand und bot ihre ganze Willenskraft auf, um seinen Blick auszuhalten, der sie von oben bis unten abtastete und schließlich nachdenklich auf ihrem verborgenen Haupt verharrte. So hatte sie sich ihren nächtlichen Ausgang nicht vorgestellt. Wenn der Schmied sie nun erkannte, waren all ihre Bemühungen dahin – er würde ahnen, dass sie ihm misstraute, und würde diese Begegnung nutzen, ihren Ruf in der Gesellschaft zu zerstören – oder schlimmer noch, sie mit einer solchen Drohung zu erpressen. Zwei … drei … vier … Marike zählte die lauten Schläge ihres Herzens, während der Mann sie anglotzte. Sieben … acht …
    »Bist du nicht im falschen Stadtviertel?« Marikes Herz machte einen Satz. Die Stimme gehörte der vogeläugigen Fiedlerin. »Respekt! Hätt’ nicht gedacht, dass du kommst, Honigmäulchen.«
    Im Stillen verfluchte die Kaufmannstochter die Hure, denn dadurch, dass sie direkt zu ihnen herübergewandert war, hatte sie vielleicht erst recht die Aufmerksamkeit des Schmieds geweckt. Marike griff zu ihrem Rosenkranz und blickte zurück zu dem Fass, an dem der Schmied gerade noch gestanden hatte. Er war nirgends mehr zu sehen. Sie atmete auf. »Das ist auch nicht ganz ungefährlich«, erwiderte sie. Lyseke nickte ebenfalls erleichtert.
    »Wirst du mir jetzt Rede und Anwort stehen?«, fragte Marike die Hure. Die zupfte nachdenklich den riesigen Auschnitt ihres Kleides hoch, der ihr tief über die Schulter

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