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Das Mädchen und der Zauberer

Das Mädchen und der Zauberer

Titel: Das Mädchen und der Zauberer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Hochzeit ist es nun nicht mehr gekommen. Claudette wurde ermordet, auf bestialischste Art, und Élise verschwand spurlos. Ist sie die Mörderin? Noch tappt die Polizei im dunkeln. Kommissar Coulbet sagte in einem Interview: ›Ein blutiger Racheakt liegt nahe. Wir müssen Élise Sarnoum finden, sie ist der Schlüssel zu diesem Drama‹. René Birot dagegen verweigerte unserem Reporter jegliche Fragen. Was weiß er?
    Mit zitternden Händen klappte Petra die rote Mappe zu. Ihr Herz hämmerte, als wolle es zerplatzen. Es war nicht Angst, die sie ergriffen hatte, sondern der luftabwürgende Schmerz über die Erkenntnis: Das hat René verschwiegen. Warum? Aus Angst?
    Und plötzlich begriff sie, daß die gleiche Situation wiedergekehrt war, jetzt, bei ihr. Die fremde Frau, die als zukünftige Madame Birot in das Haus gezogen war. Sie war jetzt Claudette. Wo war die Élise? Und wer war es?!
    Und jetzt erst kam auch die Angst über sie. Mit aufgeschlitztem Leib … ausgeblutet … war es Mord und Götteropfer zugleich …? schrieb eine Zeitung. Der ausgeblutete Körper weist darauf hin … mit dem Blut des Feindes bittet man die Götter um die Erfüllung seiner Wünsche … War es Voodoo? Die Frage, die immer aktuell bleibt: Gibt es auf Martinique noch Voodoo-Zauber?
    Mit bebenden Händen zog Petra ein langes Kaminkleid an, klemmte die rote Mappe unter den Arm und ging hinaus auf die Terrasse. Die schwarze Köchin machte einen Knicks, der Diener stand stramm wie beim Militär. Man hatte die neue Madame akzeptiert. Babou hatte recht – sie hatte gute Augen. Daß sie Rosette beleidigt hatte, hing damit zusammen, daß sie das Leben als Herrin noch nicht kannte. Man verzieh es ihr. Eine Ausländerin aus dem fernen kalten Allemagne, sie wird es noch lernen, wie man sich auf Martinique bewegt.
    Im Park zirpten die Grillen. Von einem weit weg liegenden Teich quakten die Ochsenfrösche. Vier wilde Papageien flatterten von Baum zu Baum und kreischten ab und zu. Schillernd bunte Vögel mit langen, etwas gebogenen Schnäbeln, flogen mit wippendem Flug blitzschnell vorbei. Ihr Flügelschlag klang wie eine Kinderrassel.
    Noch immer innerlich zitternd, setzte sich Petra an den großen runden Tisch. Sie hörte René in der Bibliothek telefonieren, legte die rote Mappe auf die Spitzendecke und starrte in die schnell hereinbrechende Dunkelheit. Das Karibische Meer mußte in einer blutrot untergehenden Sonne funkeln, man konnte es von hier aus nicht sehen, aber das ganze Umland leuchtete rot im sterbenden Tag.
    Sterben. Petra schauderte zusammen und atmete ein paarmal tief durch, um den inneren Druck zu lösen. Sie zuckte heftig zusammen, als René plötzlich hinter ihr sagte: »Hab' ich einen Hunger! Ich esse das halbe Ferkel«, und sie in den Nacken küßte.
    Er kam um sie herum, setzte sich ihr gegenüber und winkte dem Diener. Aus einer geschliffenen Kristallkaraffe schüttete er einen tiefroten, fast violetten Wein ein. René hob sein Glas, aber gleichzeitig bemerkte er die Mappe vor Petra auf dem Tisch.
    »Was hast du denn da?« fragte er. »Bilder aus Deutschland?«
    »Die Mappe gehört nicht dir?« Ihre Stimme war tonlos. René Birot sah sie erstaunt an und setzte sein Glas ab. Sie hatte ihres nicht berührt.
    »Nein! Wieso?«
    »Sie lag vor meinem Frisierspiegel. Ich dachte …« Sie schob ihm die Mappe hinüber. »Genaugenommen gehört sie dir doch.«
    René klappte den Deckel auf, warf einen Blick auf den Inhalt und klappte ihn sofort wieder zu. Sein Gesicht war plötzlich verkrampft und starr. »Du hast das durchgelesen?«
    »Natürlich.« Sie sah ihn mit großen Augen an. »Du hast mir vieles von dir erzählt … das aber nicht.«
    »Ich habe das aus meinem Leben gestrichen, Petra.«
    »Kann man zwei Tote so einfach streichen und vergessen?«
    »Élise wurde nicht ermordet.«
    »Ist sie in den neun Jahren wieder aufgetaucht?«
    »Nein. Aber das will nicht heißen, daß sie nicht mehr lebt. Sie kann auf irgendeine andere Insel gezogen sein.«
    »Nachdem sie Claudette so schrecklich ermordet hat, denkst du weiter.«
    »Nein. So etwas zu tun, dazu war Élise nicht fähig. Sie hatte Helfer, sie war sicherlich dabei, um diese blutige Rache auszukosten, aber sie hat es nicht mit eigener Hand getan. Wir werden es nie erfahren.« Er nahm die Mappe, schlug mit ihr auf den Tisch und sprang auf. »Wo hat sie gelegen?«
    »In meinem Zimmer. Vor dem Spiegel.« Sie hielt René am Arm fest, als er ins Haus laufen wollte. »Bleib. Rosette weiß

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