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Das Mädchen und der Zauberer

Das Mädchen und der Zauberer

Titel: Das Mädchen und der Zauberer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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sich mal Zeit, Commissaire, bleiben Sie am Abend hier, und ich grille Ihnen ein Zicklein mit einer Knoblauch-Pfeffersauce, daß Sie eine Woche Ihr Dienstzimmer für sich allein haben.«
    »Einladung angenommen!« Coulbet klopfte Casarette auf die nackte Schulter. »Wie kann ich Ihnen Nachricht geben, daß ich komme?«
    »Überhaupt nicht. Sie sind eben da. Hier, im Schlaraffenland.«
    Mit fröhlichem Gesicht winkte Casarette dem Jeep nach, als Coulbet über den fürchterlichen Weg im Urwald wieder verschwand. Dann wurde er sehr ernst, ging in seine Hütte, zog Hose und Hemd an und setzte sich vor das Fenster, das Sprechfunkgerät in beiden Händen.
    Nach einigen Lockrufen meldete sich die Stimme des anderen Teilnehmers. »Was ist los?« fragte er ungehalten. »Warum erst jetzt?«
    »Ich bin erst später aus dem Stollen gekommen.« Casarette sah auf seine Armbanduhr. »Meine Uhr hat einen Knacks bekommen. Und dann hatte ich Besuch …«
    »Das habe ich gemerkt.«
    Casarette war es, als stellten sich seine Nackenhaare hoch. »Wieso haben Sie das bemerkt? Um Himmels willen, haben Sie vorher angerufen?«
    »Ja. Als die festgelegte Zeit um zehn Minuten überschritten war.«
    »Und?« schrie Casarette. Er spürte, wie sein Herz zuckte.
    »Nichts. Ich habe sofort abgebrochen, als die fremde Stimme sich meldete.«
    »Sie … sie hat sich gemeldet?« stöhnte Casarette. »Sie Vollidiot!«
    »Ich verbitte mir das, Casarette!«
    »Wissen Sie, wer sich da gemeldet hat? Commissaire Coulbet!«
    »O Scheiße!«
    »Das heißt jetzt: Volle Deckung! Auf Tage hinaus! Jetzt verstehe ich auch, warum er mich öfter besuchen will!«
    »Das hat er gesagt?«
    »Noch mehr hat er gesagt! Sie sind ein Idiot!«
    »Sie sind es gewesen, der die Zeit nicht eingehalten hat! – Was nun?«
    »Warten.« Casarette atmete tief durch. Eine Zentnerlast lag plötzlich auf seinen Lungen. »Disponieren Sie völlig um! Oder lassen Sie alles sausen …«
    »Sie sind wohl verrückt, André?!« Die Stimme wurde hastiger. »Was hat der Kommissar gesagt?«
    »Nichts! Beim nächsten Besuch werde ich ihm erklären müssen, warum ich ein Funksprechgerät habe.«
    »Und wie wollen Sie das erklären?«
    »Als Notruf für das vulkanologische Institut.«
    »Und meine Stimme?«
    »Das ist es ja!« schrie Casarette außer sich. »Ich kann nur sagen, daß jemand Fremdes auf meine Frequenz geraten ist. Aber ob Coulbet das glaubt …«
    »Coulbet! Ist das der Kommissar?«
    »Ja.«
    »Was für ein Mann? Ist er empfänglich?«
    »Sie meinen: korrupt? Mit Geld zu schmieren?« Casarette lachte hart. »Wenn es einen Nobelpreis für den korrektesten Beamten gäbe: Coulbet bekäme ihn!«
    »Und wie steht's mit Weibern?«
    »Weiß ich nicht. Er sieht blendend aus, das muß man allerdings sagen. Ein Frauentyp. Angegraute braune Haare, charmant, sportliche Figur. Wenn er wollte, brauchte er nur mit dem Finger zu schnippen, und die Frauen lägen bei ihm auf der Matratze.«
    »Könnte man ihm damit beikommen?«
    »Coulbet übers Bett korrumpieren? Unmöglich! Und wenn er der größte Feger von Martinique wäre, zuerst kommt bei ihm die Polizei! Warten wir also ab, was nun wird!«
    »Und wenn er in den Stollen will?«
    »Da hinein nehme ich ihn beim nächsten Besuch sogar freiwillig mit!«
    »Sie könnten ihn dort niederschlagen und verschwinden lassen.«
    »Das stimmt. Niemand würde ihn mehr finden, samt seinem Jeep! Aber es geht nicht.«
    »Warum nicht?«
    »Ich bin Geologe und kein Mörder.«
    »Jetzt nenne ich Sie einen Vollidioten!«
    »Einverstanden. Das ändert nichts daran, daß ich viel mitmache, nur keinen Mord.«
    »Dann muß es ein anderer tun.«
    »Hier? Sie werden auf Martinique auch für hunderttausend Dollar keinen finden, der Coulbet nur ein Haar krümmt! Das müßten Sie schon selbst übernehmen.«
    »Vielleicht.« Die Stimme klang nachdenklich. »Es ist es wert, Casarette. Halten wir es so, daß ab jetzt Sie immer zuerst anrufen. Ende.«
    »Ende.«
    Casarette stellte den Apparat aus. Seine Stimmung war noch schlechter geworden. Der Druck auf Lunge und Herz hatte sich verstärkt: Das Leben von Coulbet war von jetzt ab nur noch wenig wert. Er war zu einem Ziel geworden.
    Mein Gott, André Casarette, was ist aus dir geworden!
    Aubin hatte sich feingemacht. Blauer Anzug, weißes Hemd, blauweiß gepunktete Krawatte, im Knopfloch eine leuchtend rote Blüte des indischen Blumenrohrs, das neben Orchideen in den Wäldern Martiniques die Mahagonibäume überwuchert.
    Mit Aubin

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