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Das Mädchen und der Zauberer

Das Mädchen und der Zauberer

Titel: Das Mädchen und der Zauberer
Autoren: Heinz G. Konsalik
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einen Freibrief, mich auszuschalten, dachte er. Er schlägt mir eins über den Schädel, kommt aus dem Stollen und jammert, ein Stein habe den armen Revue erschlagen. Wer will das Gegenteil beweisen? Ein raffiniertes Früchtchen, dieser Geologe. Um so mehr erhebt sich die Frage: Was macht er hier? Warum will er allein sein? Was verbirgt sich da im Stollen? Mit wem steht er per Sprechfunk in Kontakt? Nicht allein mit dem Geologischen Institut, das weiß man jetzt. Es muß etwas Ungeheures sein, wenn ein Mann wie Casarette bereit ist, dafür zu töten.
    Einen Augenblick dachte Aubin daran, seinen Mittelsmann in Fort de France anzurufen und um eine blitzschnelle Razzia zu bitten. Noch hatte Jeanette sein Sprechfunkgerät nicht entdeckt. Es war eine Spezialkonstruktion, wie sie vom Geheimdienst benutzt wurde: Ein dicker, runder, metallener Drehbleistift, wo die Schreibspitze der Sender und der Drehknopf der Empfänger und das Mikrofon war.
    Nein, sagte er sich dann nach kurzem Nachdenken. Das wäre feig. Ich bin als Einzelkämpfer, als unbekannter Maler mit einem ersten Preis, nach Martinique gekommen, mit einem bestimmten Auftrag und mit umfassenden Vollmachten. Bis heute habe ich davon kaum Gebrauch gemacht, und so wird es bleiben. Mein lieber André Casarette, mir wird in deinem Stollen kein Stein auf den Kopf fallen!
    Er erhob sich, kam auf Casarette zu und sah ihm eine Weile zu, wie dieser verbissen den Knüppelholzstuhl lackierte. »Das sollte eigentlich ich tun«, sagte er dann. »Wenn man schon Maler ist …«
    »Sehr witzig.« Casarette blickte hinüber zu Jeanette, die sich beleidigt in einen Liegestuhl geworfen hatte. »Im Bikini sieht sie hinreißend aus! Wie sieht sie erst als Akt aus?! Daß Sie mir das so lange vorenthalten wollen …«
    »Bis Sie das sehen, wächst Ihnen ein Bart bis zur Erde!«
    »Der Herr denkt, aber die Dame lenkt«, sagte Casarette fröhlich. »Sie stehen im Regen. Drehn Sie sich mal um.«
    Jeanette hatte das Oberteil des Bikinis abgelegt. Aubins großen Skizzenblock auf den Knien, hielt sie einen Spiegel in der linken Hand, betrachtete sich darin und begann zu zeichnen. Es machte ihr offensichtlich großen Spaß, ihr Gesicht und ihre Brüste zu skizzieren. Casarette schnalzte mit der Zunge.
    »Um es Ihnen klar zu sagen, Aubin: Das Mädchen ist zu gut für Sie! Sie hat mehr verdient als einen Trottel!«
    »Kriechen wir nun in Ihren verdammten Stollen oder nicht?!« knirschte Aubin. Ihm war völlig klar, daß Jeanette ihn provozieren wollte.
    »Jetzt nicht! Auf gar keinen Fall!« Casarette rieb sich die Hände. »Diesen Anblick muß ich ungestört genießen! Nach dem Mittagessen gehen wir in den Berg. Einverstanden?«
    Aubin gab keine Antwort, ging hinüber zu Jeanette und stellte sich vor ihr auf. Sie blickte kurz hoch, zog verächtlich die Lippen hoch und sagte strafend:
    »Du stehst mir in der Sonne, Picasso II!«
    »Was soll der Unsinn?« fragte er gepreßt.
    »Unsinn? Sieh dir das an! Das ist eine Skizze! Da erkennt man mich wenigstens, das sind meine Brüste. Aber was du da auf die Leinwand schmierst … gräßlich!«
    Aubin verzichtete auf eine Diskussion über Kunstrichtungen, riß ihr den Skizzenblick vom Schoß, betrachtete die Zeichnung, fand sie hervorragend und ärgerte sich deshalb um so mehr.
    »Gib das sofort her!« zischte sie. »Sofort!!«
    »Du solltest lieber deine geplanten sechs Kinder kriegen als malen!« sagte Aubin bissig. Dann riß er das Blatt aus dem Block und zerfetzte es. Jeanette fuhr mit einem Schrei hoch, der Casarette alarmierte. Er kam mit eiligen Schritten zum Zelt.
    »Was ist los?« rief er schon von weitem. »Wird der Kerl lästig?«
    »André bleiben Sie bloß da!« sagte Aubin hart. »Mischen Sie sich nicht ein.«
    »Er hat meine Zeichnung zerrissen!« schrie Jeanette. »Einfach zerrissen! Aus purem Neid, weil ich es besser kann als er.«
    »Sie Dreckskerl!« knirschte Casarette. Er war nun wirklich wütend auf Aubin. Er brauchte es nicht mehr zu spielen. »Ich habe doch geahnt, daß wir aneinandergeraten! Pardon, Jeanette.«
    Er holte aus, obgleich Jeanette sofort schrie: »Nein! Nicht!« Aber er kam nicht dazu, den Schlag bei Aubin zu landen. Auf rätselhafte, vor allem aber schnelle Weise war Aubin nicht mehr dort, wo er eine Sekunde vorher gestanden hatte. Er stand seitlich von Casarette, fing den Schlag mit seinem Ellenbogen auf und stieß gleichzeitig seine linke Faust Casarette in die Magengrube.
    André stöhnte auf, glotzte Aubin
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