Das Mädchen und die Herzogin
Kontrahenten an.
«Das hier ist immer noch mein Schloss», zischte er. «Und Herr dieses Landes bleib ich, bis Freund Hein mich holen kommt.»
Dann wandte er sich ab und eilte mit seiner Meute schnellen Schrittes davon. Heinrich glitt vom Pferd.
«Zum Glück hab ich gesehen, wie ihn die Torwächter eingelassen haben. Seid Ihr verletzt, Euer Liebden?»
Sabina schüttelte stumm den Kopf.
«Hätte ich gewusst, dass er heute zurückkehrt, hätte ich meine eigene Wache vors Tor gestellt. Ihr solltet die nächsten Tage Euer Gemach nicht ohne meine Männer verlassen – nicht, solange Ulrich hier Aufenthalt nimmt. Und das kann ich leider nicht verhindern.»
«Die Kinder, Heinrich. Ihr müsst die Kinder finden.» Sie brachte nur ein Flüstern heraus. «Sie sind im Tiergehege, mit der Kindsmagd. Mein Gott, wenn er sie nun mit sich nimmt!»
«Sorgt Euch nicht. Ich bringe sie in meine eigene Stube, dort sind sie am besten geschützt.»
«Ich danke Euch von Herzen!»
Sabina steckte das Entsetzen noch in allen Gliedern, als sie sich zur Abendmahlzeit richtete. Sie hätte damit rechnen müssen, dass Ulrich noch auf dem Heimweg von Wien hier auftauchen würde. Zumal er über seine Kuriere mit Sicherheitüber jede Einzelheit unterrichtet war, die auf dem Landtag disputiert worden war.
Reiß dich zusammen, sagte sie sich. Er kann dir nichts tun. Dann ging sie hinunter in den Speisesaal. Tatsächlich saß Ulrich an seinem angestammten Platz, gleich neben Herzog Heinrich. Sie blieb mitten im Raum stehen. Ulrich hob den Kopf, sah sie mit undurchdringlicher Miene an, dann setzte er sein Gespräch mit seinen Tischnachbarn fort. Sie konnte es nicht fassen: Er und Heinrich taten, als sei nichts geschehen! Andererseits war dies für einen Burgfrieden gewiss nicht das Schlechteste. Hauptsache, Ulrich ließ sie fortan in Ruhe.
Schweigend nahm sie ihren Platz an der Frauentafel ein.
«Stellt Euch vor, den Thronfolger wollte er nicht einmal sehen», flüsterte ihre Schwägerin Maria ihr zu. «Aber schon morgen früh will er weiter, dann seid Ihr ihn los.»
Trotz dieser guten Nachricht brachte Sabina keinen Bissen herunter. Als sie Stunden später im Bett lag, ihr treues Hündchen im Arm, fand sie keinen Schlaf. Sie starrte in die Dunkelheit. Ihre einzige Hoffnung war nunmehr ihr Oheim in Wien: Sie musste ihm ein letztes Mal in aller Offenheit von ihrer Pein schreiben, trotz aller Scham, die ihr dies bereiten würde, damit er auf dem vorgesehenen Landtag einem Regimentswechsel zustimmte.
Tief in der Nacht glaubte sie von nebenan, wo ihre Kammerfrau schlief, einen unterdrückten Schrei zu hören. Hatte sie geträumt? Als sie sich erschreckt aufrichtete, öffnete sich die Tür, und im Schein einer Tranlampe erschien Ulrich, mit einem seiner Hunde an der Seite, einem mächtigen, speckigen Tier mit weißem Fell, einem Schwein nicht unähnlich. Mit einem Satz sprang Fortunatus vom Kissen und entwischte durch den offenen Türspalt.
«Was hast du doch für einen feigen Köter zum Wachhund.Der nützt dir so viel wie deine erbärmlichen Wachleute.» Ulrich grinste breit. «Meiner ist von anderem Kaliber. Wenn du schreist, reißt er dich in Stücke.»
Er schloss die Tür hinter sich und hieß den Hund vor dem Bett abliegen. Gehorsam folgte das Tier dem Befehl, ließ seinen Herrn aber nicht aus den Augen.
Sabina presste sich die Decke noch enger an den Leib und versuchte das Zittern in ihrer Stimme zu unterdrücken. «Was wollt Ihr denn noch von mir? Habt Ihr mich noch nicht genug gedemütigt?»
«Wer demütigt hier wen? Residierst hier schon wie die künftige Regentin! Aber jetzt ist Schluss mit dem Possenspiel. Morgen früh packst du deinen Kram. Meine Männer werden dich und die Kinder nach Stuttgart bringen.»
«Niemals!»
«Du willst also meinen Befehl verweigern?»
Er sah auf den Hund herab, der sofort zu knurren begann. Dann begann er sich auszuziehen.
«Nein! Ich bitte Euch: Lasst mich!»
«Du bist meine Frau, hast du das vergessen? Einen kleinen Spaß will ich noch haben, bevor ich morgen auf Reisen gehe.»
Jetzt stand er vor ihrem Bett, splitternackt, nur Stiefel und Sporen hatte er angelassen.
«Los, raus aus dem Bett. Auf alle viere. Ich will dir geben, was einer räudigen Hündin gebührt. Wird’s bald?»
Als sie sich nicht rührte, trat er so heftig gegen das Bett, dass der gedrechselte Aufsatz einer Baldachinstange zu Boden polterte. In panischer Angst kroch Sabina unter der Decke hervor.
«Na also. Es wird dir
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