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Das Mädchen von San Marco (German Edition)

Das Mädchen von San Marco (German Edition)

Titel: Das Mädchen von San Marco (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katie Hickman
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geschrieben hat. Ihrem Liebsten.« Sie sprach so stockend, als erwähnte sie ihre Freundin zum ersten Mal und hätte Angst, durch ihre Worte etwas Heiliges zu entweihen.
    »Der Mann, für den es bestimmt ist, lebt weit entfernt von hier. Und ich …«
    Annetta griff unwillkürlich nach einem der Eisenstäbe, die sie voneinander trennten. Impulsiv streckte auch Carew die Hand aus. Annetta fühlte, wie sich seine Finger über ihren schlossen, spürte die warme Berührung seiner Haut. Merkte, wie sie den Atem anhielt.
    Stumm standen sie sich gegenüber und schauten sich in die Augen. Sein Blick war intensiv wie eine Berührung, ihr schien, als würde er ihre Wangen, ihr Haar, ihre geöffneten Lippen mit den Fingern nachzeichnen.
    »Hört auf damit.«
    »Wie?«
    »Hört einfach auf.«
    Annetta schloss die Augen, aber als sie sie wieder öffnete, starrte er sie immer noch an. Seine Blick wanderte von ihren Lippen zur Halsbeuge, und er sah dort sowohl Verlangen als auch Zärtlichkeit.
    »Ich werde Euch nicht verletzen, das schwöre ich … um keinen Preis der Welt.«
    Er war ihr jetzt so nahe, dass sie seinen Atem hörte, ihn an ihrer Wange spürte.
    In diesem Augenblick kam Bewegung ins Empfangszimmer. Annetta fuhr auf wie von der Tarantel gestochen. Suor Caterina hatte sich von ihrem Platz erhoben, stand mit dem Rücken zu ihnen an der Tür und sprach mit einer Person, die verdeckt war.
    »Ich muss gehen …«
    Ängstlich spähte Annetta zu den zwei Gestalten hinüber. Die Anwesenheit der zweiten Nonne und die flüsternden Stimmen erfüllten sie plötzlich mit einer bösen Vorahnung.
    »Ich muss gehen!«, wiederholte sie verzweifelt.
    »Nein, geht nicht, noch nicht.«
    Es war seine letzte Chance. Carew wusste, dass er keinen Augenblick mehr zögern durfte.
    »Es gibt etwas, das ich Euch fragen muss.«
    »Wir haben keine Zeit mehr.« Sie hatte sich bereits halb von ihm abgewandt. »Bitte, niemand darf Euch hier sehen.«
    »Es geht um einen Diamanten«, sagte er schnell. »Einen Diamanten, den man den Blauen Stein des Sultans nennt.«
    Die Worte waren ihm gegen seinen Willen entschlüpft. Er hatte vielmehr fragen wollen, ob sie die Dame aus dem Harem in Konstantinopel war. Doch die Erwähnung des Diamanten hatte eine unmittelbare Wirkung auf Annetta. Sie fuhr herum und starrte ihn an.
    »Was wisst Ihr über den Blauen Stein des Sultans?« Sie packte die Eisenstäbe so fest mit beiden Händen, dass ihre Fingerknöchel weiß wurden.
    Aber es war zu spät. Er hatte zu lange gewartet. In der Ferne erklang das klagende Geläut der Kapellenglocke.
    »Suora!« Caterina rauschte mit raschelnden Seidenunterröcken auf sie zu. Als sich Annetta nicht umdrehte, rief sie in strengerem Ton: »Suor Annetta! Die Glocke für die Andacht läutet, hört Ihr sie nicht?«
    Aber Annetta hielt sich immer noch am Gitter fest. Sie wusste etwas über den Blauen Stein des Sultans, daran bestand für Carew kein Zweifel. Aber was – und woher wusste sie es?
    Hilflos sah Carew zu, wie Suor Caterina Annetta fortführte.

Kapitel 27
    Als Annetta Suor Caterina aus dem Empfangsraum folgte, war sie so benommen, dass es eine Weile dauerte, bis ihr auffiel, dass es ungewöhnlich früh für das Mittagsgebet war und die Kapellenglocke einen vollkommen anderen Klang hatte als den, mit dem normalerweise die Nonnen zusammengerufen wurden. Es war ein langes, trübseliges Geläut, das auch nicht aufhörte, als sich alle Nonnen schon längst in der Kapelle eingefunden hatten.
    Das Innere der Kapelle war dunkel und von wohlriechenden Düften erfüllt. Sonst fand Annetta immer ein wenig Trost in den langen Stunden, die sie hier verbrachte, doch heute trat sie wie in Trance, wie blind und taub mit den anderen schwarz gekleideten Gestalten durch die Pforte und ging zu ihrem üblichen Platz bei den jüngsten Chornonnen, wo sie sich zwischen Francesca und Ursia setzte.
    Der Blaue Stein des Sultans! Das war unglaublich, nein, unmöglich.
    Francesca musste Annettas Anspannung gespürt haben, denn sie legte ihr die Hand auf den Arm und drückte ihn mitfühlend.
    »Du hast also die Neuigkeit gehört?«
    »Neuigkeit?« Annetta starrte sie verständnislos an. »Was für eine Neuigkeit?«
    »Von unserer Mutter Oberin. Ich dachte, du hättest es schon erfahren.« Sie schaute Annetta besorgt an. »Dir scheint nicht wohl zu sein, suora . Dein Gesicht ist ganz weiß.«
    Mit Mühe versuchte sich Annetta auf das zu konzentrieren, was Francesca gerade zu ihr sagte. »Was ist mit

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