Das Mädchen.
erklärte er ihr, ohne daß sein vernünftiger Tonfall das Entsetzen und den Abscheu darunter ganz hätte tarnen können. Ich meine ... die Augen, Trisha. Die Augen! Dann stieß ihr Körper ihn wieder beiseite - diesmal noch grober. Wenn ich deine Meinung hören will, rüttle ich an den Stäben deines Käfigs, sagte Pepsi manchmal.
Trisha faßte den ausgenommenen kleinen Fisch am Schwanz, trug ihn zum Bach zurück und tauchte ihn ein, um Schmutz und Kiefernnadeln abzuwaschen. Dann legte sie ihren Kopf in den Nacken, öffnete ihren Mund und biß die vordere Hälfte der Forelle ab. Gräten knirschten unter ihren Zähnen; ihr Verstand versuchte ihr zu zeigen, wie die Augen der Forelle aus ihrem Kopf sprangen und wie kleine schwarze Geleeklumpen auf ihrer Zunge lagen. Nach einem verschwommenen Blick auf dieses Bild verbannte ihr Körper ihren Verstand erneut - diesmal mit Schlägen, statt ihn nur wegzustoßen. Verstand konnte zurückkommen, wenn Verstand gebraucht wurde; Phantasie konnte zurückkommen, wenn Phantasie gebraucht wurde. Im Augenblick führte Körper das Kommando, und Körper sagte: Abendessen, es gibt Abendessen; auch wenn's erst Morgen ist, das Abendessen ist serviert, und heute gibt's frischen Fisch.
Die vordere Hälfte der Forelle glitt ihre Speiseröhre hinunter wie ein großer Schluck Öl mit Klumpen darin. Der Geschmack war widerlich und zugleich wundervoll. Es schmeckte nach Leben. Trisha ließ die tropfende untere Hälfte vor ihrem emporgewandten Gesicht baumeln, nahm sich nur die Zeit, noch ein Stück Gräte herauszuziehen, und flüsterte dabei: »Wählen Sie 1-800-54-FRISCHFISCH.« Sie aß den Rest der Forelle mit Schwanz und allem anderen. Als sie den Fisch verschlungen hatte, stand sie da, blickte über den Bach hinweg, wischte sich ihren Mund ab und fragte sich, ob sie alles wieder erbrechen würde. Sie hatte rohen Fisch gegessen, und obwohl sie seinen Geschmack noch auf der Zunge hatte, konnte sie es noch immer kaum glauben. Ihr Magen hob sich mit einem merkwürdigen kleinen Ruck, und Trisha dachte: Jetzt ist es soweit. Dann muß-te sie rülpsen, und ihr Magen beruhigte sich wieder. Sie nahm ihre Hand vom Mund und sah in der Handfläche einige Fischschuppen glänzen. Sie wischte sie mit einer Grimasse an ihren Jeans ab und ging dann zu ihrem Rucksack zurück. Sie stopfte die Überreste des Ponchos und die abgetrennte Kapuze (die doch recht gut funktioniert hatte, wenigstens bei Fischen, die jung und dumm waren) auf ihren Proviant und hängte sich den Rucksack wieder um. Sie fühlte sich stark, schämte sich über sich selbst und war stolz auf sich, fiebrig und ein bißchen plemplem. Ich rede nicht darüber, das ist alles. Ich muß nicht darüber reden, und ich werd's nicht tun. Selbst wenn ich hier wieder rauskomme.
»Und ich hab's verdient, hier rauszukommen«, sagte Trisha leise. »Wer's schafft, einen rohen Fisch zu essen, hat es verdient, rauszukommen.«
Die Japaner tun's dauernd, sagte die taffe Tussi, als Trisha aufbrach, um weiter dem Bach zu folgen.
»Dann erzähle ich's ihnen«, sagte Trisha. »Sollte ich jemals auf Besuch nach Japan kommen, erzähle ich's ihnen.«
Daraufschien die taffe Tussi ausnahmsweise keine Antwort zu wissen. Trisha war entzückt.
Sie stieg vorsichtig über den Steilhang ab und erreichte das Tal, in dem ihr Wildbach durch einen Mischwald aus Fichten und Laubbäumen rauschte. Der Wald war ziemlich dicht, aber hier gab es weniger Unterholz und kaum Dor-nengestrüpp, so daß Trisha an diesem Vormittag meistens gut vorankam. Sie hatte nicht mehr das Gefühl, beobachtet zu werden, und der Fisch hatte ihr wieder neue Kräfte gegeben. Sie stellte sich vor, Tom Gordon gehe neben ihr her und sie führten ein langes, interessantes Gespräch, hauptsächlich über Trisha. Tom schien alles über sie wissen zu wollen - ihre Lieblingsfächer in der Schule, warum sie es gemein fand, daß Mr. Hall freitags Hausaufgaben aufgab, auf wie vielfältige Weise Debra Gilhooly es schaffte, solch ein Ekel zu sein, und wie Pepsi und sie vorgehabt hatten, letztes Jahr zu Halloween als Spiee Girls loszuziehen, und Mom gesagt hatte, Pepsis Mom könne machen, was sie wolle, aber kein neunjähriges Mädchen, das ihre Tochter sei, werde an Halloween in Minirock, hochhackigen Pumps und einem Top mit Spaghettiträgern losziehen. Tom äußerte völliges Verständnis für die äußerst peinliche Lage, in die Trisha dadurch geraten war.
Sie erzählte eben, daß Pete und sie vorhatten, ihrem
Weitere Kostenlose Bücher