Das Maerchen der 1001. Nacht
einem Mitglied des Königshauses geheiratet hätte. Diese Frau war schon vor der Hochzeit seine Geliebte gewesen, und die beiden sind auch danach zusammengeblieben.“
Beth presste die Hand auf die Lippen und versuchte zu begreifen, was ihre Mutter da berichtete.
„Ich war schockiert und am Boden zerstört, weigerte mich jedoch zunächst, die Geschichte zu glauben. Erst als dein Vater mir später bestätigte, es sei wahr, fühlte ich mich aufs Tiefste gedemütigt und beschloss, mich von ihm zu trennen.“
„Wie hat er reagiert?“, fragte Beth, obwohl sie es sich denken konnte.
„Dein Vater stand gerade am Anfang einer großen Karriere im diplomatischen Dienst. Er hat seine Beziehungen spielen lassen und euch mitgenommen.“
„In die USA?“
Ihre Mutter nickte. „Er hatte dort einen Posten bekommen. Nachdem ich ihn zur Rede gestellt hatte, ist er praktisch bei Nacht und Nebel mit euch verschwunden.“
„Es klingt unglaublich, dennoch glaube ich dir jedes Wort. Warum hast du nicht um uns gekämpft?“
„Das habe ich getan. Ich bin euch gefolgt und habe ver sucht, euch zu sehen. Er hat es jedoch mit allen Mitteln verhindert. Als Diplomat genoss er Immunität, außerdem hatte er einflussreiche Verbindungen, Personal und Leibwächter, sodass es ihm ein Leichtes war, sich abzuschirmen. Es gelang mir nicht, euch zu sehen oder mit euch zu reden. Dennoch wollte ich nicht aufgeben und habe es immer wieder versucht, bis ich erfuhr, dass er euch ins Internat gesteckt hat. Niemand wollte mir verraten, wo ihr wart, und ich hatte nicht die geringste Chance, euch zu finden. Da habe ich angefangen, euch zu schreiben, in der Hoffnung, früher oder später würde euch zumindest einer meiner Briefe erreichen. Tatsächlich erhielt ich eines Tages ein Schreiben von dir und deiner Schwester, in dem ihr mir mitgeteilt habt, ihr wolltet nichts mehr von mir wissen und mich nie wiedersehen.“
„Ich habe dir nie geschrieben“, erwiderte Beth bestürzt. „Addie auch nicht, das schwöre ich.“ In Sameeras Augen schimmerten plötzlich Tränen, und Beth hätte sie gern getröstet. „Mein Vater muss den Brief verfasst haben. Ich weiß, wie kalt und gefühllos er ist, dass er aber auch ein Lügner und Betrüger ist, habe ich nicht geahnt.“ Nur ungern gestand sie sich ein, dass sie offenbar nicht viel anders war als ihr Vater.
„Ich glaube dir.“ Sameera drückte ihrer Tochter die Hand. „Aber du musst auch mir glauben, dass ich dich und Addie von ganzem Herzen geliebt habe. Ich habe nie aufgehört, euch zu lieben.“
„Eigentlich hätte ich es mir denken können“, gab Beth zu. „Doch die Indoktrination meines Vaters ist natürlich nicht ohne Wirkung geblieben.“
„Ja, das ist mir völlig klar. Aber lass uns das Thema wechseln. Es gibt sicher einen Grund dafür, dass du in die Rolle deiner Schwester geschlüpft bist.“
„Stimmt.“ Beth hielt es für eine traurige Ironie des Lebens, dass sie jetzt ein ähnliches Schicksal durchmachte wie ihre Mutter. Sie hatten sich beide in einen Mann mit Macht und Einfluss verliebt. Zum ersten Mal in ihrem Leben empfand Beth so etwas wie inneren Frieden. Sie atmete tief ein. „Als der Kronprinz sich entschloss, endlich die Frau zu heiraten, die sein Vater für ihn ausgesucht hatte, hätte Addie ihm gern einen Korb geben. Andererseits will sie sich unserem Vater nicht widersetzen und nicht riskieren, dass er sie verstößt.“
„Es wäre schön, wenn ich sagen könnte, das würde er nie tun. Doch leider kann ich das nicht. Ich habe selbst erfahren müssen, dass er zu allem fähig ist.“
„Ich auch.“ Beth berichtete ihrer Mutter von ihren eigenen Erfahrungen mit ihrem Vater. Als sie ihm erklärt hatte, sie wolle Lehrerin werden, hatte er sie zunächst nur sein Missfallen spüren lassen. Doch nachdem sie bekräftigt hatte, sie würde ihre Karriere nicht aufgeben und nur zu Hause herumsitzen und auf einen Mann warten, war es dann ganz aus gewesen.
Sameera legte ihrer Tochter den Arm um die Schulter. „Ich bin stolz auf dich. Du warst mutig genug, ihm zu widersprechen. Aus eigener Erfahrung weiß ich, wie schwierig es ist, sich gegen ihn durchzusetzen.“
„Dein Verständnis bedeutet mir sehr viel“, erwiderte Beth lächelnd. „Addie hat einen Mann kennengelernt, den sie wirklich gernhat. Deshalb hat sie mich gebeten, sie zu vertreten, bis sie sich endgültig entschieden hat.“
„Ah ja, das ist also der Grund, warum ihr die Rollen getauscht habt. Hast du den
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