Das Magdalena-Vermächtnis: Roman
Rathaus ist. Nur wir beide. Denn ich muss Gewissheit haben, dass du dich an unseren Sohn und sein Schicksal bindest. Ansonsten braucht es kein Mensch zu erfahren – noch nicht. Die große Hochzeit, über die die Welt sprechen wird, können wir später im Jahr ausrichten. Der Oktober in der Toskana ist wunderschön.«
»Vittoria, bitte. Ich brauche …«
Sie hörte gar nicht zu. »Ich werde nicht zulassen, dass du dich freikaufst oder versuchst, mir meinen Sohn wegzunehmen. Wir sind nur gemeinsam zu haben, Berenger, und so musst du uns nehmen … wofür du dankbar sein solltest. Weißt du überhaupt, wie viele Männer einen Mord begehen würden, um mich heiraten zu können?«
Er versuchte es mit einer anderen Taktik. »Vittoria, kann ich dich heute Abend noch sehen, vor der Hochzeit? Kann ich zu dir kommen? Irgendwann nach zehn?«
Vittoria war erfreut über die Möglichkeit eines nächtlichen Rendezvous in ihrer Wohnung. Endlich lenkte er ein, wie sie es bereits geahnt hatte. Das taten die Männer am Ende immer.
Die Zeit kehrt wieder. Das war doch das Lieblingsmotto dieser Häretiker, nicht wahr? Ihr abscheulicher Wahlspruch, der sogar noch älter war als Lorenzo de’ Medici, diese Ausgeburt der Hölle, und seine ehebrecherische Hure. Es hatte Zeiten gegeben, in denen Felicitys Onkel nicht einmal den Namen Medici aussprechen konnte, so widerlich war das Vermächtnis dieser Familie für ihn und seine Ahnen. Um jenes häretische Erbe zu bekämpfen, war die heilige Bruderschaft vor vielen Jahren in Florenz gegründet worden, von des Onkels Namensvetter, Girolamo Savonarola.
Der kleinwüchsige Dominikanermönch war im Jahre 1490 nach Florenz gekommen, ausgerechnet auf Einladung Lorenzo de’ Medicis. Die Chronisten waren sich uneinig, warum Lorenzo den Feuer-und-Schwefel-Prediger nach Florenz geholt und sogar zum Prior des Klosters San Marco gemacht hatte, Cosimos geliebtem Refugium. Savonarolas Hasspredigten gegen Sünde und Frivolität waren für die Florentiner erschreckend, denn der Mönch sagte voraus, Gottes Zorn werde auf sie herabregnen. Als Savonarola schließlich begann, die Medici als Tyrannen zu bezeichnen und ihre Kunst als Quelle alles Bösen, bereute es Lorenzo, den Mönch nach Florenz geholt zu haben. Die Muttergottes sei gemalt wie eine eitle Dirne, zürnte Savonarola, und er schmähte Botticelli für eines seiner Meisterwerke, die »Madonna del Magnificat«. Und er krönte seinen Feldzug mit den berüchtigten Fegefeuern der Eitelkeiten, einer Verhöhnung der prunkvollen Feste, für die Florenz und die Medici einst berühmt gewesen waren. In Savonarolas Florenz bestand ein »Fest« darin, dass seine Anhänger an alle Türen der Stadt klopften und verlangten, man möge ihnen sämtliche »eitlen« Dinge herausgeben– Luxusgegenstände –, die unverzüglich auf gewaltigen Scheiterhaufen auf der Piazza della Signoria verbrannt wurden. Die wahren Schätze jedoch, die Savonarolas Anhänger, genannt piagnoni – die »Heuler« – jagten, waren Kunstwerke und Bücher. Nichts speiste Savonarolas Feuer so gut wie Gemälde und Gedichte. Diese Werkzeuge der Gotteslästerung mussten um jeden Preis ausgerottet werden. Und Girolamo Savonarola war es in kurzer Zeit gelungen, Hunderte unersetzlicher Kunstwerke zu vernichten, die heutzutage Millionen einbrächten.
Weg mit Schaden, dachte Felicity. Wie es aussah, hatte ohnehin zu viel häretischer Tand überlebt.
Nun, da Großonkel Girolamo seinen Glauben verloren hatte, war es Felicitys Aufgabe, den Krieg gegen jene zu führen, die die vor fünfhundert Jahren begonnene Blasphemie der Medici fortsetzen wollten. Sie, Felicity, würde Gottes Werkzeug sein, um Savonarolas Werk weiterzuführen. Es würde eine neue Renaissance geben – aber nicht Lorenzos Ketzerei, die von dieser Paschal-Hure wiederbelebt wurde. Nein, es würde eine Auferstehung Savonarolas sein. Die Stadt Florenz sollte von ihrer Sündhaftigkeit gereinigt werden. Felicity würde die Fegefeuer der Eitelkeiten wieder anzünden – noch in dieser Woche, wenn die Bruderschaft eine Gedenkfeier zum Jahrestag von Savonarolas Tod abhielt.
Nachdem Felicity die Erlaubnis erhalten hatte, ein Feuer im Kirchhof hinter der Santa Felicita zu entfachen, forderte sie ihre Mitbrüder auf, eitlen Tand zu sammeln, insbesondere Bücher ketzerischen oder gotteslästerlichen Inhalts, die den Flammen überantwortet werden sollten. Sie selbst hatte sich Exemplare der Bücher besorgt, die Maureen Paschal veröffentlicht
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