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Das Magdalena-Vermächtnis: Roman

Das Magdalena-Vermächtnis: Roman

Titel: Das Magdalena-Vermächtnis: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen McGowan
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prunkvoll und traurig. Ihr Sarg wurde von ihrem Haus zur Kirche von Ognissanti getragen. Ihre Sargträger waren die Männer der Vespucci und der Medici, die sie geliebt hatten. Tausende Florentiner waren zugegen, um Simonetta zu beweinen. Vielleicht war die gewaltige Aufmerksamkeit, die Simonettas Begräbnis hervorrief, ein Hinweis darauf, dass die Florentiner am Ende ihres allzu kurzen Lebens begriffen, welchen Schatz sie verloren hatten.
    Auch ihr Ehemann Marco Vespucci trauerte, doch er heiratete rasch eine andere. Seine neue Frau war nicht sehr schön, dafür aber robust und ganz und gar irdisch, eine Frau, mit der er sich nach Herzenslust paaren und fortpflanzen konnte. Einmal soll er in der Taverne von Ognissanti gesagt haben: »Göttinnen sollten angebetet, aber nicht geheiratet werden. Simonetta war nie für mich gemacht. Sie gehörte der Welt. Und letzten Endes gehörte sie zu Gott, und er hat sie zu sich gerufen, weil der Himmel ohne sie nicht vollständig war.«

    La Bella Simonetta.
    Sie war das Lieblichste, was ich je gesehen habe. Sie war die Muse der Troubadoure: vollkommen, unberührbar, göttlich.
    Die Leute sagen, ich sei in sie verliebt gewesen. Ja, natürlich war ich in sie verliebt! Alle im Orden waren in sie verliebt. Denn Simonetta war die Verkörperung der Liebe, und jeder, der auch nur in ihre Nähe kam, spürte diese Liebe. Doch es war nicht dieLiebe des Eros, die körperliche Sehnsucht, etwas so Wunderschönes zu besitzen. Nein, Simonetta bewegte Höheres in uns. Sie schenkte uns Einsicht, wie die weibliche Seite Gottes in einem lebendigen Menschen aussehen könnte. Ich glaube von ganzem Herzen und ganzer Seele, dass Simonetta die wahre Inkarnation der Venus war. Deshalb habe ich sie als Venus gemalt.
    In Lorenzos Garten steht eine Statue aus dem antiken Rom, die sogenannte Medici-Venus. Sie ist nackte Vollkommenheit: Ihre rechte Hand bedeckt halb ihre Brüste, während die linke ihre Scham verbirgt. Diese Statue nahm ich als Modell für Simonettas Körper, alles andere jedoch stammt von ihr: das reich fließende, goldene Haar, die weiche, helle Haut, die kupfergesprenkelten Augen. Sie erhebt sich aus dem Meer in der Schale einer Jakobsmuschel, dem Symbol der Ashera, unserer Himmelsmutter, welche die reine Schönheit ist und später den Griechen als Aphrodite und den Römern als Venus bekannt wurde.
    Zur Linken hauchen Zephyr und Chloris ihr Leben ein, helfen ihr bei der Fleischwerdung auf dem Weg vom Himmel zur Erde. Hier und da habe ich Tupfer aus Echtgold eingesetzt, um den Betrachter daran zu erinnern, was er hier sieht: Die wahre Schönheit, die auch die Liebe ist, ist unschätzbar wertvoll und muss gehegt und gepflegt werden.
    Zu ihrer Rechten naht eine Frau mit einem roten, blumenbestickten Umhang, den sie ihr umlegen will. Diese Frau ist Colombina, hier als die Schwester, die Venus gegen die Unbilden der Welt beschützt. Colombina weiß, wie schön Venus ist in ihrer Nacktheit; sie weiß aber auch, dass die Welt ihre Schönheit nicht verstehen und ihr dafür zürnen wird. Deshalb will sie Venus mit dem Umhang verhüllen, will sie vor einer Welt verbergen, die diese Schöne nicht verdient. Überdies habe ich Colombina mit Lorenzos Symbol geschmückt, den Lorbeerblättern.
    Mit der »Geburt der Venus« ehre ich nicht nur Simonetta, sondern auch die wunderbare Schwesternschaft in unserem Orden, die reine Verkörperung der Liebe.
    Ich habe darum gebeten, zu Füßen Simonettas begraben zu werden, so wie Donatello einst darum bat, die Ewigkeit an der Seite Cosimos verbringen zu dürfen. Ich werde diese Bitte schriftlich Marco Vespucci vorlegen, um zu zeigen, dass ich es ernst meine.
    Dann kann Simonetta mich bis in alle Ewigkeit zu Meisterwerken inspirieren.
    Sie war unvergleichlich.
     
    Euer ergebener
    Alessandro di Filipepi, genannt »Botticelli«
     
    Aus den geheimen Memoiren des Sandro Botticelli

Kapitel fünfundzwanzig
    Florenz
    Gegenwart
     
    D i e Vorbereitungen sind getroffen, Berenger. Wir sehen uns morgen Nachmittag um zwei im Palazzo Vecchio«, teilte ihm Vittoria per Handy mit. »Wir werden von einem Beamten in der Sala Rossa getraut, im Roten Zimmer, einst Cosimo de’ Medicis Schlafgemach. Passt doch gut, no? «
    »Wozu denn alles überstürzen, Vittoria? Warum muss es schon morgen sein? Ich brauche Zeit. Herrgott, mein Bruder sitzt im Gefängnis, und in meiner Familie regiert das Chaos!«
    »Ich habe dir doch gesagt, Berenger, dass es bloß die standesamtliche Trauung im

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