Das Magdalena-Vermächtnis: Roman
Città di Castello«, stellte Lorenzo das Offensichtliche fest. »Und er hat auch keinen Streit mit Vitelli. Dies ist seine Rache an mir und um meinetwillen an Florenz.«
Das Städtchen Città di Castello war zwar von strategischem Interesse, da es unweit der toskanischen Grenze lag, doch für Lorenzo war etwas anderes wichtiger: Città di Castello lag ganz in der Nähe von Santo Sepolcro. Sixtus gab einen Warnschuss an die Medici ab, indem er den Orden bedrohte. Er wagte es nicht, direkt in Santo Sepolcro einzumarschieren, da der Ort sich im Besitz der Republik Florenz befand, und dies hätte eine offene Kriegserklärung bedeutet. Dass er jedoch den nächstgelegenen Außenposten vor der toskanischen Grenze einnahm und die Rechte seines Stadtherrn missachtete, eines Medici-Verbündeten, war ein wohlgezielter Angriff.
»Was sollen wir tun?«
Lorenzo musste gar nicht erst darüber nachdenken. Wenn Sixtus zu einem so frühen Zeitpunkt seiner Herrschaft den Krieg erklären wollte, musste man sich ihm stellen. Florenz würde niemals Drangsalierungen in seinem Territorium oder gegenüber einem seiner Verbündeten dulden. Lorenzo würde die Signoria überzeugen, dass Vitelli und das Städtchen Città di Castello verteidigt werden müssten. Sechstausend waffenfähige Florentiner waren ein guter Anfang.
Trotz aller Mühen Lorenzos und der Republik Florenz musste Città di Castello sich den päpstlichen Truppen ergeben. Der besiegte Niccolò Vitelli wurde in Florenz wie ein Held empfangen, was für den Papst eine neuerliche Kriegshandlung darstellte.Es schien, dass Lorenzo und die Florentiner nichts tun konnten, um den brodelnden Hass von Papst Sixtus zu dämpfen. Lorenzo de’ Medici war für den Heiligen Vater geradezu zu einer Besessenheit geworden. Der hochmütige Bankier aus Florenz stellte seinen Reichtum und seine Macht auf eine Art zur Schau, die Sixtus als persönlichen Affront gegen seine heilige Person und seine angesehene Familie betrachtete.
Der Riss zwischen Florenz und Rom vertiefte sich zu einem Abgrund, als unversehens einer der Riario-Neffen starb. Piero Riario, Erzbischof von Florenz, war in der Republik der letzte Halt der Delle-Rovere-Sippe gewesen. Sein Tod war daher ein Schock und ein unerwarteter Schlag für die Pläne des Papstes. Bevor Rom sich in die Florentiner Angelegenheiten einmischen konnte, beantragte Lorenzo, dass Clarices Bruder, Rinaldo Orsini, zum neuen Erzbischof von Florenz ernannt werde. Alles vollzog sich so rasch, dass Orsini eingesetzt war und den Titel führte, bevor Rom sich rühren konnte.
Der Papst tobte, weil er übergangen worden war. Als Gegenschlag ernannte er seinen eigenen Mann, Francesco Salviati, zum neuen Erzbischof von Pisa. Doch die reiche Hafenstadt Pisa war eine Festung im Besitz von Florenz, und die Gesetze der Republik bestimmten, dass der Papst sich nicht in Angelegenheiten der städtischen Demokratie einmischen dürfe, ohne die ausdrückliche Erlaubnis der Signoria zu erhalten. Diese Erlaubnis wurde verweigert, und dem Papst wurde unmissverständlich mitgeteilt, dass Francesco Salviati keinen Zugang nach Pisa erhalten werde. Die Signoria verfügte sogar, dass der Mann des Papstes florentinisches Territorium nicht einmal betreten dürfe.
Somit hatte Lorenzo noch einen giftigen Feind hinzugewonnen. Francesco Salviati, dem die Möglichkeit verwehrt worden war, Erzbischof von Pisa zu werden und damit Papst Sixtus seine Loyalität zu beweisen, schmorte in Rom im eigenen Saft. Nun war der Medici-Emporkömmling zu weit gegangen. Sicherlich konnte man etwas tun, ihn für seine Frechheit zu strafen?
Lorenzo hingegen hatte das Gefühl, nicht weit genug gegangen zu sein. Nach der päpstlichen Bedrohung seines geliebten Santo Sepolcro war ihm klar geworden, dass Sixtus über die Tätigkeit des Ordens offenbar bestens unterrichtet war. Der Verräter, der Rom mit Informationen versorgte, musste gefunden werden! Doch zuerst musste Lorenzo seine Republik vor weiteren päpstlichen Übergriffen schützen. Er berief eine Konferenz mit den Herrschern Mailands und Venedigs ein und schlug vor, die drei Nordmächte Italiens sollten einen Beistandspakt schließen. Dieser wurde unterzeichnet, und seine Botschaft war unmissverständlich: Die nördlichen Stadtstaaten Italiens würden einander gegen jeden weiteren Übergriff päpstlicher Tyrannei beistehen. Und die Botschaft zwischen den Zeilen entging Papst Sixtus IV. ebenfalls nicht: Lorenzo de’ Medici war europäischen
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