Das Magdalena-Vermächtnis: Roman
Herrschern weit wichtiger als der Heilige Vater.
Die Pazzi waren eine der ältesten und reichsten Florentiner Familien. Wie die Medici, hatten sie ihr Vermögen durch Bankgeschäfte erworben, nur wussten sie es nicht so erfolgreich zu ihrem Vorteil in politische Macht und gesellschaftlichen Einfluss umzumünzen. Sie waren eher berüchtigte Geldverschwender, die Unsummen ausgaben, um Denkmäler zu Ehren der Familie zu errichten. Ganz anders verfuhren die Medici, die in das Florentiner Bürgerwesen investierten, um den Bürgerstolz zu heben, Handel und Handwerk zu beleben und die Schönen Künste zu fördern.
Jacopo de Pazzi, derzeitiger Patriarch der Familie, konnte die Medici nicht ausstehen, obwohl er Cosimo und auch Piero gut gekannt hatte und niemals in Fehde mit ihnen gelegen hatte. Das wäre auch nicht ratsam gewesen, wie Jacopo nur zu gut wusste: Es war besser, ein Verbündeter der Medici zu sein als ihr Feind. Jacopo war nicht übertrieben ehrgeizig und nicht darauf aus, dasVermögen der Pazzi über das Bestehende hinaus zu mehren, solange es der Familie ein bekömmliches Auskommen gewährte. Außerdem war er ein notorischer Spieler und widmete diesem Vergnügen einen beträchtlichen Teil seiner Kraft und Zeit.
Als daher sein Neffe Franceschino de Pazzi nach Florenz kam, um von den Geschäften der Pazzi-Bank in Rom zu berichten, war der alte Jacopo überhaupt nicht an dessen Tiraden über den Sturz der Medici interessiert. Sturz der Medici! Ein lächerlicher Gedanke, den er Franceschinos Jugend und Unerfahrenheit zugute hielt.
»Aber Onkel, versteht Ihr denn nicht?« Franceschino, ein drahtiger junger Mann voller Unrast, durchmaß mit großen Schritten das Zimmer. »Wir könnten die Medici ein für alle Mal entthronen und Florenz von Lorenzo dem Tyrannen befreien.«
Jacopo zuckte die Achseln. »Lorenzo ist kein Tyrann, das weißt du. Und das Volk von Florenz sieht ihn auch nicht so. Es ist ein unnützes Vorhaben, Franceschino, und gefährlich noch dazu. Wir haben Sixtus’ Geschäfte für unser Bankhaus gesichert, und damit gebe ich mich zufrieden.«
Franceschino erbleichte. » Ich habe uns die Geschäfte des Papstes gesichert! Ich , denn ich wohne in Rom und weiß, welches Klima dort herrscht. Ich weiß, was Sixtus wünscht. Soll ich es dir sagen? Das Ende der Medici! Und nun ist die beste Gelegenheit gekommen, die sich uns je bieten wird.«
»Wofür?«
»Lorenzo zu töten.«
Jacopo spuckte den Wein aus, den er soeben aus seinem Pokal getrunken hatte.
»Du willst Lorenzo de’ Medici ermorden? Das ist Irrsinn! Er hat einen Bruder. Wenn du Lorenzo tötest, erbt Giuliano seine Macht und seinen Reichtum, und zwar mit Billigung der Florentiner. Und die werden dich ganz bestimmt nicht unterstützen!«
»Wir töten beide. Wir sorgen dafür, dass die Medici-Plage ein für alle Mal ausgemerzt wird.«
»Ich will solches Gerede in meinem Haus nicht mehr hören. Fahre nach Rom zurück, Franceschino. Solche Intrigen passen nicht in unsere Republik.«
»Unsere Familie wird in diesem Staat niemals Macht besitzen, solange die Medici an der Macht sind. Außerdem müssen wir als Katholiken den Papst verteidigen. Lorenzo hat den Heiligen Vater tief gekränkt. Er ist ein Ketzer, der die Kurie fortwährend beleidigt und den rechtmäßigen Bischof von Pisa davon abhält, die Seelen der Toskaner zu retten.«
Jacopo erhob sich, um seinen Neffen zur Tür zu bringen. Für heute hatte er genug gehört. Außerdem wartete das Würfelspiel in seiner Lieblingstaverne in Sesto Oltrarno.
»Spare dir deine selbstgefälligen Reden für jemanden, der dich nicht von Geburt an kennt, Franceschino. Ich werde keine Mordpläne unterstützen und mich nicht gegen die Medici stellen. Nicht, dass ich Sympathie für sie hegte, aber ein solches Unternehmen wäre von vornherein zum Scheitern verurteilt. Sprich mir also nicht mehr davon, dann will ich so tun, als hätte ich es nie vernommen.«
»Aber Onkel …«
»Geh!« Jacopo schob seinen Neffen aus der Tür und schlug sie hinter ihm zu. Er hoffte nur, es war das letzte Mal, dass er von der lächerlichen Idee eines Staatsstreichs gegen die Medici hörte.
RRRRRRRRRRRRR
Rom, Privatgemächer von Papst Sixtus IV.
1477
Giovan Battista da Montesecco fühlte sich nicht wohl in seiner Haut. Allein schon, dass man ihn, einen hünenhaften Mann, auf einen viel zu kleinen Stuhl genötigt hatte. Jede Minute musste Montesecco seine Sitzhaltung ändern, damit er nicht von dem Möbel
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