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Das Magdalena-Vermächtnis: Roman

Das Magdalena-Vermächtnis: Roman

Titel: Das Magdalena-Vermächtnis: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen McGowan
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keine Waffe. Er packte Bracciolini bei den Haaren und zwang ihn binnen weniger Sekunden zu Boden. Nun stürzten die Wachen herein und machten Bracciolini vollends nieder, und auch der Erzbischof musste ein paar kräftige Hiebe einstecken, bevor er in Gewahrsam genommen wurde.
    »Läutet die vacca! «, rief Petrucci.
    Die vacca war die riesige Glocke im Turm des Palazzo Vecchio. Ihren Namen verdankte sie ihrem eigentümlichen, tiefen Klang,der an das Muhen einer Kuh gemahnte. Wenn die vacca erklang, wussten die Florentiner, dass ihre Stadt in höchster Bedrängnis war. Rasch eilten die Einwohner zur Piazza della Signoria, um herauszufinden, warum die Glocke geläutet wurde.
    Während die vacca ihre Stimme erhob, stürmten Reiter in der Livree der Pazzi auf den Platz und riefen: »Freiheit! Tod den Medici-Tyrannen! Hoch lebe das Volk von Florenz!«
    Falls die Pazzi-Verschwörer hofften, die Florentiner würden in ihren Sprechchor einfallen, sollten sie schmerzlich eines Besseren belehrt werden. Die Nachricht von Giuliano de’ Medicis ruchloser Ermordung durch Franceschino de Pazzi hatte bereits die Runde gemacht und in der ganzen Stadt Empörung hervorgerufen. Während weitere Helfershelfer der Pazzi auf den Platz ritten und nach Freiheit riefen, strömte auch das Volk dorthin und antwortete mit seinen eigenen Rufen: »Palle! Palle, Palle! Ein Hoch auf die Medici!« Die Reiter wurden von der wütenden Menge mit Steinen beworfen. Einzelheiten von Giulianos Ermordung wurden berichtet und ständig weiter ausgeschmückt.
    »Sie haben ihn in hundert Stücke zerhackt! Über den ganzen Altar verstreut! Dieser Pazzi-Abschaum hat ihm die Augen ausgerissen und die Nase abgeschnitten!«
    Das scheußliche Abschlachten des Giuliano de’ Medici sollte nicht ungestraft bleiben. Die Wachen der Signoria hatten die Söldner aus Perugia bereits getötet und hackten ihnen nun die Köpfe ab, um sie auf Pfähle zu stecken als Warnung an alle, die den Frieden der Republik bedrohten. Der Erste der Verschwörer, der die schonungslose Vergeltung am eigenen Leibe erfahren sollte, war Bracciolini. So hatte er sich seine Teilnahme an dem Staatsstreich, der Lorenzos Leben und die Herrschaft der Medici beenden sollte, nicht vorgestellt. Überstürzt begann er zu reden und versprach, die Namen sämtlicher Mitverschwörer preiszugeben, wenn man ihn verschonte. Petrucci lauschte dem Wortschwall eine Minute lang; dann wurde ihm die Nachrichtvon Giulianos Ermordung während des Hochamts überbracht. Er spuckte Bracciolini ins Gesicht und befahl den Wachen:
    »An dem Kerl soll ein Exempel statuiert werden. Und seht zu, dass es wirkt!«
    Binnen Sekunden hatten die Männer ein Seil zur Hand und banden ein Ende um einen Querbalken gegenüber dem Fenster. Das andere Ende schlangen sie um Bracciolinis Hals. Dann warfen sie ihn aus dem Fenster. Sie schauten nicht einmal hin, als er gegen die Mauer des Palazzo Vecchio prallte und sich dabei das Genick brach und die Zähne ausschlug. Als abschreckendes Beispiel ließen sie ihn hängen.
    Danach packten sie den Erzbischof von Pisa. Der schrie und schlug um sich und berief sich auf die Protektion des Papstes, bis eine der Wachen die Geduld verlor und ihm mit einem Schlag den Kiefer brach, damit er still war. Salviati wurde ebenso wie Bracciolini aus dem Fenster geworfen. Doch der Erzbischof starb nicht so schnell. Die schauerlichen Einzelheiten seines langsamen, qualvollen Todes wurden später von Angelo Poliziano beschrieben. Als der Erzbischof strampelnd am Seil pendelte und gegen den bereits erkaltenden Körper Bracciolinis prallte, versenkte er als letzte Handlung in seinem Leben die Zähne ins Fleisch des Toten. Warum er das tat, war und blieb ein Geheimnis – und ein makabres noch dazu, über das sich die Florentiner viele Jahre lang die Köpfe zerbrachen. Die meisten vermuteten, der Erzbischof habe irgendwie geglaubt, sich durch diese letzte, grausige Tat retten zu können. Falls dies sein Vorhaben gewesen war, scheiterte er kläglich.
    Die Menge schrie nun nach dem Blut der Pazzi und rollte wie eine Woge auf den Palazzo der Familie zu. Franceschino de Pazzi hatte sich dort verkrochen, doch es nützte ihm nichts. Die Wunde an seinem Bein blutete heftig, und es war leicht, der Blutspur zu folgen und ihn in seinem Versteck unter einem Bett zu finden. Der Mob zerrte ihn im Hemd auf die Straße und übergab ihn der Signoria, die mit ihm ebenso verfahren sollte wiemit seinen Kumpanen. Wie Salviati und

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