Das Magdalena-Vermächtnis: Roman
diesem Weg weiterlernen, damit ich ihn eines Tages auf neue Weise einer neuen Welt verständlich machen kann.«
»Ich bin froh, deine Lehrerin zu sein, dann kann auch ich von dir lernen.«
»Aber du wirst Geduld mit mir haben müssen. Nicht weil ich Vorbehalte hätte, sondern weil ich keinerlei Erfahrung habe … keine Erfahrung, was die Beziehung zu Frauen angeht.«
»Dann werde ich dich diese Erfahrung lehren müssen«, sagtePetra und rückte näher an ihn heran. »Immerhin bin ich die Meisterin des Hieros gamos.«
In dem Moment, als Petra näher an ihn heranrückte, um mit der Unterweisung zu beginnen, wurde die Dachterrasse vom grellen Licht einer Explosion erhellt, die sich ganz in der Nähe ereignete.
Die Explosion im ehemaligen Palazzo Tornabuoni erschütterte Florenz. Es war ein tragischer Vorfall, und es würde einige Zeit in Anspruch nehmen, die näheren Umstände zu klären, wie es dazu gekommen war. Wie es hieß, hatten Bauarbeiter versehentlich eine Gasleitung durchschnitten, sodass ein Leck entstanden war. Es war ein Segen, dass die meisten Apartments im ehemaligen Palazzo noch unbewohnt waren.
Das Supermodel Vittoria Buondelmonti und ein Freund, der gerade bei ihr zu Besuch war (zuerst hieß es in den Nachrichten, es handele sich um Berenger Sinclair), wurden bei der Explosion verletzt. In späteren Berichten hieß es, dass es sich bei dem Freund um Alexander Sinclair gehandelt habe, den Direktor von Sinclair Oil. Sein Zustand wurde als kritisch bezeichnet. Er und Vittoria lagen im Krankenhaus.
Zwar wäre Berenger von den Trümmern fast begraben worden, doch er hatte sich rechtzeitig unter den Eingang eines benachbarten Palazzo retten können. Er wurde wegen geringfügiger Verletzungen und einer leichten Gehirnerschütterung behandelt und dann in die Arme seiner geliebten Maureen entlassen.
Seltsamerweise lag das Florentiner Krankenhaus, in dem alle Opfer der Explosion versorgt wurden, im Stadtteil Careggi. Einst war es die Medici-Villa gewesen, in der Cosimo und Lorenzo ihr erfülltes Leben gelebt hatten. Nun diente sie als Krankenhaus.
Und noch eine seltsame Fügung sollte in dieser Nacht offenbar werden: Das Kind, Dante Buondelmonti Sinclair, hatte sichzum Zeitpunkt der Explosion gar nicht im Gebäude befunden. Der Baulärm hatte den Jungen quengelig gemacht, und ein Kindermädchen hatte ihn ein paar Stunden vor der Katastrophe zu seinen Großeltern im nahen Fiesole gebracht.
Kapitel dreißig
Careggi April
1492
D e r schmächtige Dominikanermönch Girolamo Savonarola wurde zusehends zu einem Problem. Seit Neuestem verfluchte er Lorenzo von der Kanzel herab, nannte die Medici Tyrannen und sagte ihren Untergang durch die Hand Gottes voraus.
Vor zwei Jahren war der Bußprediger nach Florenz gekommen, auf Einladung von Lorenzo, der ihn höchst komfortabel im Kloster San Marco untergebracht hatte, das einst unter der Ägide Cosimos, des Pater Patriae, restauriert und neu eingerichtet worden war. Lorenzo hatte gewusst, dass es riskant war, sich mit Savonarola einzulassen. Der Mönch war bekannt für seine flammenden Predigten, mit denen er gegen die Sünden der Welt zu Felde zog. Er war hässlich wie ein Troll, doch wenn er den Mund auftat, verströmte er ein unleugbares Charisma. Selbst die, die ihn und seine Botschaft verachteten, hörten seinen Reden gebannt zu.
Lorenzo war aus zwei Gründen von seinen Freunden aus dem Kreis der Humanisten dazu überredet worden, Savonarola nach Florenz zu holen. Zum einen richtete der Mönch seinen größten Zorn auf den korrupten Papst und dessen Kamarilla, womit Lorenzo und Savonarola einen gemeinsamen Feind hatten. Zwar war der derzeitige Papst, der Nachfolger des verstorbenen Schurken Sixtus, ein Verbündeter, doch Rom bedurfte noch immer grundlegender Reformen. Wenn Savonarola entsprechend beeinflusst werden konnte, würde er sich möglicherweise alsnützliches Werkzeug erweisen, um diese Reformen in Gang zu setzen.
Der zweite Grund, den Prediger nach Florenz zu holen, lag bezeichnenderweise darin, dass Lorenzo eben kein Tyrann war. Er wollte nicht, dass außerhalb der Stadt gemunkelt wurde, er lasse Savonarola vor den Toren stehen, weil er dessen Botschaft fürchtete. Indem Lorenzo den umstrittenen Dominikaner in seinen Kreis aufnahm, konnte er sowohl die Botschaft als auch deren Überbringer im Auge behalten, vielleicht sogar kontrollieren.
Vermutlich hätte Lorenzo das Savonarola-Problem erfolgreich in den Griff bekommen, hätte seine
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