Das Magdalena-Vermächtnis: Roman
sie himmlische Träume haben, die ihr beim Übergang in unsere Welt helfen.«
Tammy, die kniend die Wiege betrachtete, brach in Tränen aus. »Das ist das Schönste, was ich je gesehen habe!«
»Wie können wir Ihnen danken?«, fragte Roland.
»Indem Sie voller Liebe eine Tochter großziehen, die ihre dramatische Bestimmung erfüllt und die Welt durch ihre ureigene Mission verändert. Das ist das Einzige, was wir alle brauchen.«
Destino rief nun Peter und Petra zu sich und übergab ihnen einen großen Karton. Er wies sie an, ihn gemeinsam zu öffnen. Sie taten es und erblickten eine kleine Sammlung antiker Spiegel.
»Wenn Sie Ihre ewige Liebe füreinander wiederentdecken, werden Sie die Wahrheit erkennen: dass Liebende stets die Spiegelung des jeweils anderen sind. Diese Spiegel wurden bei der geheimen Hochzeit von Lorenzo und Colombina benutzt. Umso mehr erfüllt es mich mit Freude, dass eure Verbindung niemals geheim gehalten werden muss.«
Die nächste Gabe war für Maureen bestimmt, deren Augen bereits voller Tränen standen ob der vielen Wunder, die hier zu erleben waren. Jeder Gegenstand in diesem Keller lebte aus der Kraft seiner Geschichte.
Berenger neckte sie: »Vielleicht solltest du dich erst setzen.«
Destino nickte. »Ja«, sagte er. »Ich glaube auch, Sie sollten sich lieber hinsetzen, bevor ich Ihnen gebe, was ich für Sie habe.« Er zeigte auf einen reich geschnitzten Stuhl mit Samtkissen, zweifellosein Möbelstück mit ganz eigener Geschichte. Destino legte Maureen ein hölzernes Kästchen in die Hände und bedeutete ihr, es zu öffnen. Maureen gehorchte und hob behutsam Schicht um Schicht eines roten Seidenstoffs heraus, der den Gegenstand im Kästchen bedeckte. Als Maureen ihn schließlich sah, schnappte sie nach Luft.
Es war ein Alabasterkrug.
Sie schaute zu Destino, wartete auf eine Erklärung und war gleichzeitig voller Angst vor der Antwort auf die Frage, was sie in Händen hielt.
»Sie wissen doch längst schon, was es ist«, sagte Destino sanft.
Die anderen wagten kaum zu atmen. Vorsichtig hob Maureen den Krug aus dem Kästchen. Das Alabaster schien von innen her zu leuchten und färbte den Krug rosa. Vorsichtig hob Maureen den Deckel ab. Obwohl der Krug leer war, stieg ein Hauch von irgendetwas Uraltem, Würzigem und seltsam Betörendem daraus auf.
»Das ist der Krug, aus dem unsere Königin der Barmherzigkeit ihren Liebsten salbte – das erste Mal für ihre Hochzeit, das zweite und letzte Mal für sein Begräbnis. Dieser Krug wurde über viele Jahrhunderte in der weiblichen Linie vererbt, bis er einen sicheren Ort in Sansepolcro fand, unter den anderen Reliquien des Ordens. Diese Reliquien wurden während Lorenzos Herrschaft nach Florenz gebracht, da wir befürchteten, Sixtus werde Sansepolcro einnehmen und alles konfiszieren. Nun gehört das Gefäß Ihnen. Ich bin sicher, sie wollte, dass Sie es bekommen.«
Und endlich begriffen sie alle: Destino war tatsächlich der, der er immer zu sein behauptet hatte. Ein Mann, der mit dem Fluch geschlagen war, ewig in einer Welt zu leben, die ihn niemals verstehen würde. Seine Existenz, sein ewiges Leben war das größte aller Wunder, eine Mahnung Gottes, dass alles möglich ist und dass es mehr Dinge zwischen Himmel und Erde gibt, als die Schulweisheit sich träumen lässt.
Maureen sah, dass Destinos Erschöpfung zunahm, doch ein Geschenk hatte er noch zu vergeben. Er trat vor Berenger hin und nahm dessen Gesicht zwischen die Hände. »Nun ist die Zeit für dich gekommen, mein Prinz. Zeit, dass du wirst, was du immer sein solltest. Zeit, der Herrscher zu werden, der zu sein du geboren wurdest. Du musst nehmen, was ich dir als symbolisches Zepter reichen werde. Du sollst der Fürst eines neuen Zeitalters werden, in einer neuen Welt der Liebe und Erleuchtung. Bedenke, dass Gott dir außergewöhnliches Glück geschenkt hat. So kannst du nun dein Leben der Aufgabe widmen, den Weg der Liebe zu erneuern. Willst du das geloben?«
»Ich gelobe es«, flüsterte Berenger.
»Dann übergebe ich dir nun die wahre Schicksalslanze.«
Destino nahm einen schweren Eisenschlüssel von einem Haken an der Wand und öffnete das Schloss einer gewaltigen Holzkiste, die halb so lang war wie der Keller. Er bedeutete Berenger, ihm beim Öffnen zu helfen. Als der Deckel aufklappte, drang blaues Licht aus der Kiste. Zuerst blass, wurde es rasch strahlend und schließlich zu einem tiefen, leuchtenden Indigoblau, das durch die Luft zu wirbeln schien, um dann
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