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Das Magdalena-Vermächtnis: Roman

Das Magdalena-Vermächtnis: Roman

Titel: Das Magdalena-Vermächtnis: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen McGowan
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letzten Jahres war er immer steifer geworden, sodass jede Bewegung unendlich schwerfiel. Dieses Ungemach ärgerte den Patriarchen, noch schlimmer aber war für ihn, dass noch so viel zu tun war und nur so wenig Zeit blieb.
    Als Cosimo sein Ende nahen fühlte, versammelte er seine Familie im Landhaus von Careggi. Einem nach dem anderen sagte der Alte Lebewohl und erteilte seine letzten Anweisungen. Cosimos engster und vertrautester Freund Poggio Bracciolini war Mitbegründer der Platonischen Akademie und ein wichtiges Ordensmitglied. Er und Cosimo hatten in den vergangenen zwei Jahrzehnten unzählige Stunden damit verbracht, die Florentiner Gesellschaft gelehrter, toleranter und künstlerisch anspruchsvoll zu machen. Sie waren vom Wesen her Humanisten und Vorreiter einer neuen Welt, die sich unter ihrer Führerschaft in der Toskana ausbreiten sollte. Poggio kam und las Cosimo aus der Geschichte der Stadt Florenz vor, die er selbst in lateinischer Sprache verfasst hatte.
    »Auch du und dein Vater kommen in dem Buch vor«, erklärte Poggio. »Ich werde die erste Auflage dir widmen, denn du bist lebende Florentiner Geschichte. Es war mir eine Freude, mich während all dieser Jahre deinen Freund nennen zu dürfen.«
    Cosimo legte seine Hand auf Poggios und erwiderte: »Die Freude ist ganz auf meiner Seite, denn du bist mir der treueste Freund und klügste Gefährte in Humanismus und Häresie gewesen. Ich bitte dich, ermutige weiterhin die Freundschaft, die zwischen deinem Jacopo und meinem Lorenzo wächst. Ich möchte, dass auch Lorenzo ein Leben lang den Segen und Einfluss der Freundschaft mit einem Bracciolini genießen darf.«
    Poggio Bracciolini versprach, auf die beiden aufzupassen und für ihre gemeinsame Erziehung zu sorgen, damit sie eines Tageseine bedeutende Rolle in Florenz spielen und die humanistischen Ideale verbreiten konnten, die vom Orden und den Neuplatonikern gelehrt wurden. Cosimo zu verlieren war nicht nur schmerzlich für die Bracciolini, sondern für jeden Florentiner, dem der soziale und künstlerische Fortschritt am Herzen lag. Lorenzo würde rasch den schweren Mantel der Medici anziehen müssen, wollte er das Erbe des Großvaters bewahren. Poggio hoffte, dass sein kluger Sohn Jacopo Lorenzo zur Seite stehen würde, wenn der junge Medici seine Führungsrolle in Florenz übernahm.
    Poggio nickte Marsilio Ficino zu, der bereits an der Tür wartete, um Cosimo seine Aufwartung zu machen, und verabschiedete sich mit einem Kuss auf beide Wangen des sterbenden Freundes, wobei er gegen die Tränen ankämpfen musste.
    Ficino besuchte Cosimo täglich, um aus dem kürzlich übersetzten »Corpus Hermeticum« vorzulesen, dem Buch ägyptischer Weisheit, das Cosimo so liebte. Sein Körper mochte hinfällig sein, sein Geist war es nicht: Bis zum letzten Atemzug sollte ihm sein scharfer Verstand erhalten bleiben. Nachdem Ficino vorgelesen hatte, sprachen sie über Lorenzos Zukunft und über die Pläne für ihre ehrgeizige Mission, die Weisheit der Antike mit den Lehren des Ordens zu verschmelzen und in das aufdämmernde Goldene Zeitalter zu überführen.
    Die meisten Stunden seiner letzten Tage verbrachte Cosimo jedoch mit Lorenzo. An manchen Tagen sprachen sie über das Bankgeschäft, über Politik und die Pläne des Medici-Clans für die Zukunft. An anderen Tagen wollte Cosimo nur hören, was Lorenzo als Letztes geschrieben hatte. So jung er auch war, verfasste er dennoch betörende und kraftvolle Gedichte. Schon jetzt zeigte er die Anlage, sich des ersten Teils seines Titels würdig zu erweisen. Lorenzo war ganz der Sohn seiner Mutter, die ihr Talent an ihn vererbt hatte und überdies genau wusste, wie sie es in ihrem Kind fördern konnte.
    »Kein Mann ist jemals stolzer auf seinen Nachfahren gewesen als ich auf dich, mein Lorenzo«, flüsterte Cosimo am letzten Tagseines Lebens. »Du bereitest mir jetzt schon sehr viel Freude. Ich sehe voraus, dass du die Prophezeiung erfüllen wirst. Dennoch fürchte ich, dass du sehr schnell zum Mann werden musst, Lorenzo. Dein Vater wird schon bald einen ganzen Medici brauchen. Er wird sich um die Bankgeschäfte kümmern, du aber … musst alles andere übernehmen, weil ihm die nötige Zeit fehlt. Arbeite mit Verrocchio, halte die Schule am Laufen und leite die Himmlischen an. Wir haben schon einen wahren Stall an Künstlern. Aber Kunst wird die Welt erlösen, mein Junge. Unter dem Mäzenatentum der Medici.«
    Verrocchios Atelier steckte zurzeit voller hervorragender,

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