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Das Magdalena-Vermächtnis: Roman

Das Magdalena-Vermächtnis: Roman

Titel: Das Magdalena-Vermächtnis: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen McGowan
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vielversprechender Künstler, die alle von Cosimo und Piero entdeckt und angeworben worden waren. Natürlich war Sandro Botticelli der leuchtende Stern der Medici-Künstlerriege, aber es gab auch ein paar hoffnungsvolle Nachwuchstalente. Der junge Domenico Ghirlandaio zeigte großes Talent in der Freskenmalerei, und schon jetzt hatte sich eine kleine Rivalität zwischen ihm und Sandro entwickelt. Zusammen mit Lippis Sohn Filippino bildeten sie ein Trio ungebärdiger junger Maler. Vor Kurzem war ein begabter junger Künstler aus Umbrien erschienen, Pietro Vannucci, der nach seiner Geburtsstadt »Perugino« gerufen wurde. Und schließlich war da noch ein Knabe aus der südlichen Stadt Vinci, der zusehends Aufmerksamkeit erheischte: Sein Name war Leonardo. Lorenzo würde alle Hände voll zu tun haben.
    Jetzt nahm er die Hand seines Großvaters und dankte ihm für alles, was dieser ihn gelehrt hatte. Mit seinen dunklen Augen, die sich rasch mit Tränen füllten, lächelte er Cosimo an. »Großvater«, begann er stockend, »von allem, was du mir gegeben hast – Name, Unterricht, die beste Bildung von den besten Lehrern –, weißt du, was mir von allem das Teuerste ist? Die Zeit, die wir allein miteinander verbracht haben. Unsere Spaziergänge in Careggi, unsere Gespräche über Bücher, die Gedichte, die wir gelesen haben. Du bist der Großvater, den ich über alles liebe. Und den ich mehr vermissen werde als alles auf der Welt.«
    Lorenzo brach in Tränen aus. Cosimo zog seinen geliebten Enkel an sich, strich ihm über das glänzende dunkle Haar und weinte mit ihm … bis er schließlich das Bewusstsein verlor und in die andere Welt hinüberglitt.

    Die Beerdigung Cosimo de’ Medicis war ein Staatsakt. Aus ganz Europa trafen Würdenträger ein, um dem bedeutenden Mann die letzte Ehre zu erweisen. Jeder Bürger von Florenz war an diesem Tag auf den Beinen und folgte dem Leichenzug, der vom Palazzo Medici in der Via Larga bis San Lorenzo zog. Die Menschen riefen »Palle, palle, palle« in Anspielung auf die Kugeln, die das Wappen der Medici zierten. Diener in Livree mit demselben Wappen verkündeten das Herannahen von Cosimos Sarg, den Lorenzo und sein Vater zusammen mit ein paar Vettern trugen.
    Andrea del Verrocchio, der herbeigerufen worden war, um eine Grabplatte für Cosimo de’ Medici zu entwerfen, präsentierte Entwürfe für ein wunderschönes Marmormosaik in den Farben des Ordens – Rot, Weiß und Grün –, das den schlichten und doch bemerkenswerten Epitaph
     
    PATER PATRIAE. VATER DES VATERLANDES
     
    trug. Zum ersten Mal seit Cicero war dieser Titel einem Bewohner der italienischen Halbinsel verliehen worden.
    Verrocchio begann sofort nach der Beisetzung Cosimos in der Krypta von San Lorenzo mit dem Bau der Grabplatte. Er arbeitete allein, da sein alter Freund und ehemaliger Lehrer Donatello über den Verlust seines Gönners so verzweifelt war, dass er schwor, nie mehr zu arbeiten.
    »Ich wünsche nur, zu Füßen des großen Cosimos begraben zu werden«, jammerte Donatello am Tag der Beerdigung und fielauf die Knie. Er schluchzte in der Basilika, als der Sarg mit dem Leichnam seines Freundes und Gönners auf dem Weg zu seiner letzten Ruhestätte an ihm vorbeigetragen wurde. »Ich werde ihm noch im Himmel dienen, bis in alle Ewigkeit.«
    Und wirklich nahm Donatello nie mehr einen Meißel in die Hand und schien alle Freude am Leben zu verlieren, so sehr trauerte er um seinen verstorbenen Gönner. Zwei Jahre nach Cosimos Tod siechte er dahin und wurde seinem letzten Wunsch gemäß neben dem großen Cosimo de’ Medici in der Basilika San Lorenzo begraben.
     
    RRRRRRRRRRRRR
     
    Careggi
    1464
     
    Lorenzo hatte den Knaben das erste Mal auf der Straße gesehen, die von der Villa Medici zu Ficinos Haus in Montevecchio führte, doch er hatte ihn kaum beachtet, sondern nur im Vorbeigehen gewinkt. Wie stets war Lorenzo auch zu Dienern höflich. Und der Knabe musste ein Diener sein, denn kein Bauer würde sich so weit auf das Privatgelände der Medici wagen. Doch dann fiel ihm auf, dass der Knabe, der vielleicht ein oder zwei Jahre jünger war als er selbst, noch gar nicht im Dienst der Familie stehen konnte, denn seine Kleidung war schäbig und abgerissen, und er trug nicht die Livree, die für die Diener im Hause Medici vorgeschrieben war. Für einen neuen Stalljungen hatte Lorenzo heute allerdings keine Zeit, denn er hatte zu viel mit Ficino zu besprechen, nicht zuletzt die erhabenen Gedichte eines noch

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