Das magische Land 1 - Der Orden der Rose
Pergament sorgfältig, und einer testete das Siegel mit dem Aufflackern von Magie. Erst als er vollkommen zufrieden war, erlaubte er Gereint weiterzugehen. »Dritter Hof«, erklärte er, »im weißen Turm.« Gereint überlegte, ob er sich verbeugen sollte, doch die Wächter hatten ihre Aufmerksamkeit bereits auf den nächsten Neuankömmling gerichtet — ein Edelmann, hoch zu Ross und mit glitzernder Eskorte. Es war ein erfreulicher Anblick, dass ein Prinz dieselbe gründliche Prüfung über sich ergehen lassen musste wie ein bescheidener Postulant des Rosenordens.
Gereint war dabei, sich ablenken zu lassen, also nahm er die Schultern zurück und machte sich auf in das Labyrinth aus Höfen, Sälen und Gängen. Zwei Mal verlief er sich und musste hochnäsige Diener nach dem Weg fragen, aber bald hatte er den dritten Hof gefunden und den weißen Turm, der sich darüber erhob. Er war nicht zu verwechseln: Rosen rankten sich an den Wänden hoch und zierten den Torbogen als Relief. Seine Wächter waren Knappen in glänzender Rüstung, die ihn zu erwarten schienen. Einer sagte: »Oh, schön. Die Treppe hoch, vierte Tür links.«
Dort befand sich ein Schlafsaal, der zu dieser Stunde verlassen war. Eines der Betten an der hinteren Wand schien niemandem zu gehören. Gereint legte sein Reisebündel nieder und blieb eine Weile stehen, um einfach nur zu atmen. Ihm war, als ob die Welt außer Kontrolle gewirbelt worden und dann, ohne jede Warnung, plötzlich stehen geblieben wäre. Er hatte keine Ahnung, was er als Nächstes tun sollte.
»Gereint!«
Die vertraute Stimme ließ ihn wieder zu sich kommen. Riquier grinste ihn an. »Da bist du ja. Hat lange genug gedauert. Hat Vater Vincent dir zu viele Schläge aufs Fell gegeben?«
»Nicht mehr als ein Dutzend«, sagte Gereint trocken. »Ich war überrascht. Ich dachte, er würde mir das Fell über die Ohren ziehen und dann den Kopf abreißen.«
»Diesen Plan habe ich ihm ausgeredet«, sagte Riquier.
»Warum?«, fragte Gereint, so wie er den Großmeister gefragt hatte. Riquier zuckte mit den Schultern. »Ich hab so ein Gefühl.«
»Was —«
»Manchmal ist es besser«, unterbrach ihn Riquier, »solche Dinge nicht allzu gründlich unter die Lupe zu nehmen. Jetzt komm mit mir. Der Landvogt kann ein paar Minuten erübrigen, aber es sind nicht viele, und er ist nicht so geduldig, wie er sein sollte. Am besten, du erweist ihm die Ehre, solange du es noch kannst.«
Gereint verließ fast der Mut, aber Riquier hatte ihn am Arm gepackt und schleifte ihn aus dem Schlafsaal. Er hätte sich schon prügeln müssen, um sich gegen das Drängen des Knappen zu wehren.
Gereint erschrak ein wenig, als er den Landvogt wiedererkannte. Er war der Ritter, der die Karawane der Insel angeführt hatte, die Eskorte für die Thronfolgerin des Herzogs. Er wirkte gehetzt, und in dem Moment, als der Knappe und der Postulant sich in sein Arbeitszimmer wagten, kam ihnen ein Mann in der Livree des Herzogs entgegen und stürzte von dannen. Ritter Bernardin grüßte Gereint mit einem finsteren Blick und Riquier mit einer strengen Ermahnung. »Bist du sicher, dass er es schafft?« »Ja, das bin ich, Messire«, erwiderte Riquier.
Bernardin grunzte missbilligend. »Ich brauche jemanden, der flink, besonnen und diskret ist. Außerdem sollte er die Stadt genauso gut kennen, als wäre er hier geboren.«
»Messire —«, begann Gereint.
Riquiers Stimme übertönte ihn. »Gebt uns den Rest des Tages Zeit. Morgen Früh wird er alles wissen, was er wissen soll.«
»Du vertraust ihm?«, wollte Bernardin wissen. Riquier nickte.
»Dann los mit euch«, sagte der Landvogt.
»Wie lautet genau meine Aufgabe?
Gereint hatte fast eine Stunde gewartet, bis er diese Frage stellte, die ihm auf der Seele brannte. Riquier errichtete eine Festung aus Büchern, türmte sie auf einem Tisch in einer Bibliothek, die fast ebenso beeindruckend war wie die im Mutterhaus.
Der Knappe hatte gerade einen gewaltigen Band aufgeschlagen. »Bernardin braucht einen Läufer, dem er vertrauen kann: jemand, der Nachrichten überbringt und Erledigungen tätigt, und Augen und Ohren offen hält, an Orten, wo der Landvogt zu viel Aufsehen erregen würde.«
»Und Ihr habt ihn überredet, mich zu wählen?«, krächzte Gereint. »Er braucht einen Meisterspion und keinen Bauernjungen mit Ambitionen.« »Ein Bauernjunge mit Ambitionen ist genau das, was er braucht«, sagte Riquier. »Du bist kein Adliger, und du siehst nicht so aus wie einer. Du warst
Weitere Kostenlose Bücher