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Das magische Land 1 - Der Orden der Rose

Das magische Land 1 - Der Orden der Rose

Titel: Das magische Land 1 - Der Orden der Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen Bryan
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der Junge.
    Gereint holte tief Atem. Averil legte ihre Hände über die seinen. Auch sie war nicht sicher, was zu tun war, aber die Priesterinnen hatten sie gelehrt, dass eine Seele eine andere durch magisches Wirken leiten konnte.
    Mit jedem Mal wurde es einfacher, Wissen mit Kraft zu unterlegen, beides zu einem einzigen Geist und Willen zu bündeln und damit Magie auszuüben. Die Seele dieses Kindes war rein, leicht wie dünnes Glas, klar und strahlend. Sie brauchte keine Führung, aber sie zeigte kindliche Freude über ihre Gegenwart. Es war ein sanfter Tod ohne Angst und ohne Schmerzen. Als die Seele den Körper verlassen hatte, wich Gereint zurück und setzte sich.
    Averil zog die Hände zurück und hielt sie fest zusammengefaltet im Schoß. Weitere Männer starben, und ihr Tod war längst nicht so sanft wie dieser. Sie musste tun, was sie konnte, wenn sie es konnte. Aber zuerst musste sie den Willen aufbringen, sich zu erheben.
    Das Lager war bereitet, ihre wenigen Zelte aufgestellt, um den Verwundeten Schutz zu gewähren. Mauritius hatte sich entschieden, ein Feuer zu riskieren, damit die Männer sich ein wenig aufwärmen konnten. Da sie bislang nichts herumlaufen, krabbeln oder fliegen gesehen hatten, nicht einmal ein Insekt, nahm er an, dass sie nichts zu befürchten hatten.
    Averil war sich da nicht so sicher, aber sie spürte auch keine Gefahr. Sie hielt ihre Zunge im Zaum und rappelte sich hoch.
    Gereint folgte ihr nicht. Jemand rief ihn und erinnerte ihn an seine Pflichten als Pferdemeister.
    Sie hätte sich gern in die schlichten Aufgaben der Pferdepflege geflüchtet, aber die Fürsorge für die Sterbenden war die Gabe und die Pflicht einer Priesterinnenschülerin. Eine Hand voll übermüdeter Ritter und Novizen hatte ihr Bestes getan; sie schickte sie zum Essen und Schlafen.
    Sie brauchte sie nicht lange zu bitten. Ehe sie sich's versah, waren sie verschwunden.
    Während sie weiter die Verwundeten versorgte, ging die Sonne unter. Sterne erstrahlten, aber sie ergaben keine Sternenbilder, die Averil kannte. Es gab keinen Mond, obwohl sie die dünne Sichel des Neumondes hätte sehen müssen.
    Sie würde nicht sagen, dass sie sich fürchtete. Die Toten lagen friedlich da, und die Lebenden schliefen so sanft, wie es nach einer Schlacht möglich war. Die Gefahr, in der sie geschwebt hatten, war außer Reichweite. Wenn nun eine andere Gefahr auf sie lauerte, dann war sie zu weit entfernt, als dass sie sie spüren konnte.
    Dennoch hätte sie die Sterne wiedererkennen sollen. Es beunruhigte sie, dass es nicht so war.
    Die Ritter schliefen alle, selbst die Wachen dösten auf ihren Posten. Ein Feind hätte sie allesamt abschlachten können, ohne dass sie es bemerken würden. Gereint war wach. Sie fand ihn am Rande des Lagers bei den Pferden. Er saß im Gras und hatte die Knie unters Kinn gezogen. Seine Augen schimmerten in der Dunkelheit.
    Sie setzte sich neben ihn. Das Gras war weich und kühl. Die fremdartigen Sterne schienen seltsam warm.
    Auf diese Weise sah und fühlte Gereint das Land, das sie umgab. Er war gottgeboren, hatte er ihr erzählt. Sie hatte immer gedacht, dass diese Bezeichnung nur dazu diente, das Stigma einer unehelichen Herkunft zu verschleiern; es gab keine Götter, nicht seit der Junge Gott in den Himmel aufgestiegen war. Jetzt fragte sie sich plötzlich, ob die Bezeichnung am Ende doch der Wahrheit entsprach.
    In Fontevrai hatte er nie richtig dazugehört. Hier schien er zum Land zu gehören wie das Gras und die Bäume. Selbst seine Magie war klarer und stärker.
    Seine Hand ruhte fast zärtlich auf dem Gras. Sie schob ihre darunter und verflocht ihre Finger mit den seinen. Es war eine gefährliche Sache, aber in dieser Nacht musste sie seine Berührung spüren, um sich selbst zu versichern, dass sie keinen furchtbaren und tödlichen Fehler begangen hatte. Er richtete seinen Blick weiter auf die Sterne, aber er zog ihre Hand zu seinem Herzen und hielt sie dort fest. Der kräftige Rhythmus und die Wärme seiner Berührung erfüllten sie mit einer tiefen Ruhe. Sie lehnte den Kopf an seine Schulter und schloss die Augen.

Kapitel 27
    Gereint saß vollkommen still da. Sie wusste nicht, was sie mit ihm machte. Sie sollte es auch nicht wissen.
    Für sie war er wie ein Ort, an den sie gehen konnte, wenn sie Trost brauchte. Wenn sie stark sein musste, war er da.
    Er war gern bereit, ihr das zu geben. Aber er war ein Sterblicher, und sein Körper wuchs auf eine Weise, die er nicht aufhalten oder

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